Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.Das dritte Capitel. SECTIO IV. Von begrüssung der ärgerlichen personen. Ob personen/ die in hoffärtigen kleidern einher treten/ oder mehr als sich geziemet/ ihres leibes entblössen/ die gebräuchliche reverenz oder begrüssung zu thun seye? DJe frage ist nicht davon/ ob nicht solche leute mit ihrer kleider-pracht Da hielte nun 1. welcher dergleichen personen/ die sonsten in einer condi- 2. Diesem mag nun nicht entgegen gesetzet werden/ was der Apostel 3. Es
Das dritte Capitel. SECTIO IV. Von begruͤſſung der aͤrgerlichen perſonen. Ob perſonen/ die in hoffaͤrtigen kleidern einher treten/ oder mehr als ſich geziemet/ ihres leibes entbloͤſſen/ die gebraͤuchliche reverenz oder begruͤſſung zu thun ſeye? DJe frage iſt nicht davon/ ob nicht ſolche leute mit ihrer kleider-pracht Da hielte nun 1. welcher dergleichen perſonen/ die ſonſten in einer condi- 2. Dieſem mag nun nicht entgegen geſetzet werden/ was der Apoſtel 3. Es
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Das dritte Capitel.
SECTIO IV.
Von begruͤſſung der aͤrgerlichen perſonen.
Ob perſonen/ die in hoffaͤrtigen kleidern einher treten/ oder mehr
als ſich geziemet/ ihres leibes entbloͤſſen/ die gebraͤuchliche
reverenz oder begruͤſſung zu thun ſeye?
DJe frage iſt nicht davon/ ob nicht ſolche leute mit ihrer kleider-pracht
oder leichtfertigkeit ſchwehrlich ſuͤndigen/ ſondern ſolches laſſe ich als
etwas ausgemachtes an ſeinem ort ſtehen/ und nehme die frage nur
von denen an/ welche dieſelbe gruͤſſen/ und ſo fern ehren.
Da hielte nun 1. welcher dergleichen perſonen/ die ſonſten in einer condi-
tion und ſtand ſtehen/ daß ihnen insgemein eine dergleichen ehr-bezeugung er-
wieſen zu werden pfleget/ ob ſie ſchon dergleichen ſuͤndliches an ſich zeigen/
mit der gewoͤhnlichen euſſerlichen reverenz ehret um ihres ſtandes willen/
verſuͤndiget ſich damit nicht. Denn 1. der euſſerliche und weltliche ſtand wird
durch die ſuͤnde der perſon nicht auffgehoben/ und wie einer auch gottloſeſten
Obrigkeit ihr reſpect, den man mit unterthaͤnigkeit leiſten muß/ ohnerachtet
ihrer offenbaren boßheit bleibet/ ſo bleibet auch einem andern gottloſen men-
ſchen derjenige reſpect, welchen ihm menſchliche geſetze oder gewonheit gege-
ben haben. 2. Jſt ſolche euſſerliche reverenz und ſo genanntes gruͤſſen/ nach
unſerer Teutſchen manier nichts anders als eine weltliche ehr-bezeugung/
dazu auch billich in dem hertzen die liebe/ die wir gegen alle zu tragen verbun-
den ſind/ ſich finden/ und mit dadurch angezeiget werden ſoll. Wie aber durch
des andern hoffart die ehr/ die ihm ſonſt ſeines ſtandes wegen gebuͤhret/ nicht
auffgehaben wird/ alſo denn auch von mir wol bezeuget werden kan/ ſo iſt auch
kein zweiffel/ daß ich einem ſolchen als meinem nechſten noch liebe ſchuldig bin/
ob wol dieſelbe in dem hertzen nicht ein wolgefallen uͤber dero eitelkeit/ ſondern
vielmehr ein ſeuffzen nach ſich ziehen ſolle.
2. Dieſem mag nun nicht entgegen geſetzet werden/ was der Apoſtel
2. Joh. 10. 11. ſaget/ wie man diejenige/ welche die wahre lehr nicht mitbrin-
gen/ nicht gruͤſſen ſolle. Jndem daſelbſt nicht von einer ſolchen bey uns ge-
gen alle vornehmere uͤblichen ceremonie der ehrerbietung/ ſondern von einem
ſolchen gruͤſſen geredet wird/ dadurch man eine ſonderliche freundſchafft gegen
den andern/ und alſo einen wolgefallen an ihm/ zeiget: Wie man denn ſonſten
ſich ſeiner ſuͤnden/ wo allerdings kein wolgefallen dabey waͤre/ auch nicht
theilhafftig machen koͤnte. Zu geſchweigen/ daß daſelbs nicht von ſolcherley
in der eitelkeit ſtoltzirenden/ ſondern die wahre lehre Chriſti nicht mitbringen-
den geredet wird.
3. Es
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