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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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Das dritte Capitel.
liebe nachkommen/ als auch ihre hertzen dardurch so vielmehr bereiten sollen/
allgemach zu einer liebe gegen uns/ so dann auch zu demjenigen/ was noch
göttliche gnade künfftig an ihnen thun wird. 5. Findet sich keine wichtige
ursach/ so entgegen angeführet werden könte/ wie es dann unbillich wäre/ daß
Christen einen eckel haben wolten an den personen/ die den Juden einen dienst
geleistet/ welche an dem geld keinen eckel haben/ ob ein Jud dasselbe lange zeit
bey sich getragen hätte; so sehe ich auch kein ärgernüß: Man wolte sich dann
ärgern an demjenigen/ was göttlichem willen gantz gemäß ist/ und wären also
vielmehr diejenige/ die hievon ein ärgernüß nehmen wolten/ besser zu unter-
richten/ als den Juden damit den dienst zu entziehen/ welchen alle menschen
unter einander schuldig sind. 6. Daß in dem gegentheil viele Theologi be-
dencken haben werden/ daß sich ein Christ der Juden/ zum exempel der jüdi-
schen Doctorum (also möchten wir beysetzen/ der hebammen) gebrauchte/ hat
es mit solchen gar eine andere bewandnüß: Theils weil es mit verachtung
der Christlichen personen geschihet/ die man haben könte/ theils weil man sich
nicht unbillich von solchen leuten ein und andere aberglauben in den curen zu
besorgen hat/ theils weil wir Christen das gebet vor göttlichen segen hoch ach-
ten sollen/ welches aber auf göttliche und GOtt-gefällige art ein jüdischer
Doctor nicht verrichten/ und also den segen zu seiner cur erbitten kan: weswe-
gen nicht wol gethan ist/ sich derselben zu bedienen/ da man Christen haben
mag/ welche wie in dem leiblichen behülfflich seyn/ also auch von GOtt seine
gnade zu ihrer bedienung erbitten können. Nichts von dergleichen findet
sich von der andern seiten/ da die Christen den Jüden zur hand gehen/ und
möchte man eher sagen/ daß die Jüden einiges bedencken haben möchten/ der
Christen hülffe sich zu gebrauchen/ als diese dergleichen liebes-dienste ihnen
zu erweisen. Weswegen dann meinem Hochg. Herrn Pfarrherrn wolmei-
nend rathe/ sich solcher sache nicht weiter zu widersetzen/ sondern die leute selbs
von der pflicht der allgemeinen liebe/ daß sich künfftig niemand daran stosse/
zu unterrichten. Jndeme widrigen falls nicht nur die Jüden bey der Obrig-
keit durchtringen/ und meinem Hochg. Herrn Pfarrherrn/ wo ers folgends
wider willen müste zulassen/ an dem respect etwas abgehen würde/ sondern
die sache selbs wider das gebot der allgemeinen liebe stritte. 1678.

SECTIO III.
Befahr unsrer zeiten. Joach. Betkii mensura
Christianismi.
Von bestraffung des nechsten.

DJe brieffe belangend/ so bezeuge hiemit hertzlich/ daß bey mir beyde eine
sonderliche liebe gegen ihn erwecket/ und mir eine hoffnung gemacht

haben/

Das dritte Capitel.
liebe nachkommen/ als auch ihre hertzen dardurch ſo vielmehr bereiten ſollen/
allgemach zu einer liebe gegen uns/ ſo dann auch zu demjenigen/ was noch
goͤttliche gnade kuͤnfftig an ihnen thun wird. 5. Findet ſich keine wichtige
urſach/ ſo entgegen angefuͤhret werden koͤnte/ wie es dann unbillich waͤre/ daß
Chriſten einen eckel haben wolten an den perſonen/ die den Juden einen dienſt
geleiſtet/ welche an dem geld keinen eckel haben/ ob ein Jud daſſelbe lange zeit
bey ſich getragen haͤtte; ſo ſehe ich auch kein aͤrgernuͤß: Man wolte ſich dann
aͤrgern an demjenigen/ was goͤttlichem willen gantz gemaͤß iſt/ und waͤren alſo
vielmehr diejenige/ die hievon ein aͤrgernuͤß nehmen wolten/ beſſer zu unter-
richten/ als den Juden damit den dienſt zu entziehen/ welchen alle menſchen
unter einander ſchuldig ſind. 6. Daß in dem gegentheil viele Theologi be-
dencken haben werden/ daß ſich ein Chriſt der Juden/ zum exempel der juͤdi-
ſchen Doctorum (alſo moͤchten wir beyſetzen/ der hebammen) gebrauchte/ hat
es mit ſolchen gar eine andere bewandnuͤß: Theils weil es mit verachtung
der Chriſtlichen perſonen geſchihet/ die man haben koͤnte/ theils weil man ſich
nicht unbillich von ſolchen leuten ein und andere aberglauben in den curen zu
beſorgen hat/ theils weil wir Chriſten das gebet vor goͤttlichen ſegen hoch ach-
ten ſollen/ welches aber auf goͤttliche und GOtt-gefaͤllige art ein juͤdiſcher
Doctor nicht verrichten/ und alſo den ſegen zu ſeiner cur erbitten kan: weswe-
gen nicht wol gethan iſt/ ſich derſelben zu bedienen/ da man Chriſten haben
mag/ welche wie in dem leiblichen behuͤlfflich ſeyn/ alſo auch von GOtt ſeine
gnade zu ihrer bedienung erbitten koͤnnen. Nichts von dergleichen findet
ſich von der andern ſeiten/ da die Chriſten den Juͤden zur hand gehen/ und
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Chriſten huͤlffe ſich zu gebrauchen/ als dieſe dergleichen liebes-dienſte ihnen
zu erweiſen. Weswegen dann meinem Hochg. Herrn Pfarrherrn wolmei-
nend rathe/ ſich ſolcher ſache nicht weiter zu widerſetzen/ ſondern die leute ſelbs
von der pflicht der allgemeinen liebe/ daß ſich kuͤnfftig niemand daran ſtoſſe/
zu unterrichten. Jndeme widrigen falls nicht nur die Juͤden bey der Obrig-
keit durchtringen/ und meinem Hochg. Herrn Pfarrherrn/ wo ers folgends
wider willen muͤſte zulaſſen/ an dem reſpect etwas abgehen wuͤrde/ ſondern
die ſache ſelbs wider das gebot der allgemeinen liebe ſtritte. 1678.

SECTIO III.
Befahr unſrer zeiten. Joach. Betkii menſura
Chriſtianiſmi.
Von beſtraffung des nechſten.

DJe brieffe belangend/ ſo bezeuge hiemit hertzlich/ daß bey mir beyde eine
ſonderliche liebe gegen ihn erwecket/ und mir eine hoffnung gemacht

haben/
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[276/0284] Das dritte Capitel. liebe nachkommen/ als auch ihre hertzen dardurch ſo vielmehr bereiten ſollen/ allgemach zu einer liebe gegen uns/ ſo dann auch zu demjenigen/ was noch goͤttliche gnade kuͤnfftig an ihnen thun wird. 5. Findet ſich keine wichtige urſach/ ſo entgegen angefuͤhret werden koͤnte/ wie es dann unbillich waͤre/ daß Chriſten einen eckel haben wolten an den perſonen/ die den Juden einen dienſt geleiſtet/ welche an dem geld keinen eckel haben/ ob ein Jud daſſelbe lange zeit bey ſich getragen haͤtte; ſo ſehe ich auch kein aͤrgernuͤß: Man wolte ſich dann aͤrgern an demjenigen/ was goͤttlichem willen gantz gemaͤß iſt/ und waͤren alſo vielmehr diejenige/ die hievon ein aͤrgernuͤß nehmen wolten/ beſſer zu unter- richten/ als den Juden damit den dienſt zu entziehen/ welchen alle menſchen unter einander ſchuldig ſind. 6. Daß in dem gegentheil viele Theologi be- dencken haben werden/ daß ſich ein Chriſt der Juden/ zum exempel der juͤdi- ſchen Doctorum (alſo moͤchten wir beyſetzen/ der hebammen) gebrauchte/ hat es mit ſolchen gar eine andere bewandnuͤß: Theils weil es mit verachtung der Chriſtlichen perſonen geſchihet/ die man haben koͤnte/ theils weil man ſich nicht unbillich von ſolchen leuten ein und andere aberglauben in den curen zu beſorgen hat/ theils weil wir Chriſten das gebet vor goͤttlichen ſegen hoch ach- ten ſollen/ welches aber auf goͤttliche und GOtt-gefaͤllige art ein juͤdiſcher Doctor nicht verrichten/ und alſo den ſegen zu ſeiner cur erbitten kan: weswe- gen nicht wol gethan iſt/ ſich derſelben zu bedienen/ da man Chriſten haben mag/ welche wie in dem leiblichen behuͤlfflich ſeyn/ alſo auch von GOtt ſeine gnade zu ihrer bedienung erbitten koͤnnen. Nichts von dergleichen findet ſich von der andern ſeiten/ da die Chriſten den Juͤden zur hand gehen/ und moͤchte man eher ſagen/ daß die Juͤden einiges bedencken haben moͤchten/ der Chriſten huͤlffe ſich zu gebrauchen/ als dieſe dergleichen liebes-dienſte ihnen zu erweiſen. Weswegen dann meinem Hochg. Herrn Pfarrherrn wolmei- nend rathe/ ſich ſolcher ſache nicht weiter zu widerſetzen/ ſondern die leute ſelbs von der pflicht der allgemeinen liebe/ daß ſich kuͤnfftig niemand daran ſtoſſe/ zu unterrichten. Jndeme widrigen falls nicht nur die Juͤden bey der Obrig- keit durchtringen/ und meinem Hochg. Herrn Pfarrherrn/ wo ers folgends wider willen muͤſte zulaſſen/ an dem reſpect etwas abgehen wuͤrde/ ſondern die ſache ſelbs wider das gebot der allgemeinen liebe ſtritte. 1678. SECTIO III. Befahr unſrer zeiten. Joach. Betkii menſura Chriſtianiſmi. Von beſtraffung des nechſten. DJe brieffe belangend/ ſo bezeuge hiemit hertzlich/ daß bey mir beyde eine ſonderliche liebe gegen ihn erwecket/ und mir eine hoffnung gemacht haben/

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/284>, abgerufen am 21.11.2024.