Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.Das dritte Capitel. SECTIO XXIV. Vom gebrauch des Heil. Abendmahls und dessen nothwendigkeit/ mit widerlegung der entschul- digungen. I. Ob es in unserer freyen willkühr stehe/ das heilige Abendmahl zu brauchen; oder wie groß desselben nothwendigkeit sey? Antwort. WJr sagen auff den ersten theil der frage mit einem worte nein; auff ver-
Das dritte Capitel. SECTIO XXIV. Vom gebrauch des Heil. Abendmahls und deſſen nothwendigkeit/ mit widerlegung der entſchul- digungen. I. Ob es in unſerer freyen willkuͤhr ſtehe/ das heilige Abendmahl zu brauchen; oder wie groß deſſelben nothwendigkeit ſey? Antwort. WJr ſagen auff den erſten theil der frage mit einem worte nein; auff ver-
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Das dritte Capitel.
SECTIO XXIV.
Vom gebrauch des Heil. Abendmahls und deſſen
nothwendigkeit/ mit widerlegung der entſchul-
digungen.
I.
Ob es in unſerer freyen willkuͤhr ſtehe/ das heilige Abendmahl
zu brauchen; oder wie groß deſſelben nothwendigkeit ſey?
Antwort.
WJr ſagen auff den erſten theil der frage mit einem worte nein; auff
den andern aber/ es ſeye eine ſolche nothwendigkeit/ daß man mit un-
terlaſſung des gebrauchs ſich der ſeeligkeit verluſtig machen koͤnne.
Solches nun auszufuͤhren/ wird davon nicht gefragt/ ob niemand jemal ſelig
worden ſey/ der ſich des Heil. Abendmahls nicht gebraucht haͤtte: denn da
iſt ausgemacht/ daß ſo viel 1000. lieber altvaͤter vor der einſetzung dieſes
Heil. Sacraments in dem alten Teſtament ſelig worden ſind; alſo auch die
lieben kinder/ welche GOTT vor der zeit/ da ſie durch eigene pruͤffung zu die-
ſem Sacramente tuͤchtig werden/ dahin nimmet. Wiederum diejenigen/ wel-
che an den orten gefangen/ oder ſonſten enthalten werden/ da ſie dieſer ſeligen
ſpeiſe/ nach welcher ſie ſehnlich ſeufftzen/ und ſich ſehnen/ wider ihren willen
nicht habhafft werden koͤnnen/ werden freilich ohne dieſen gebrauch ſelig.
Dann das ſey ferne/ daß dasjenige ſie ausſchlieſſen ſolte/ was nicht in ihrer
macht ſtehet/ und ſie es nicht aͤndern koͤnnen; ſondern GOTT nimmet mit
denſelben vorlieb/ die ſich derjenigen mittel gebrauchen/ welche dem alter und
zuſtand zukommen/ ob ſie wol von dieſem nicht aus eigenem willen/ ſondern
aus unvermeidlicher noth ausgeſchloſſen ſind. Aber auſſer dem ſo ſagen
wir/ daß ſich des heiligen Abendmahls muthwillig zu enthalten/ eine ver-
dammliche ſuͤnde ſeye/ und keiner ſelig werden koͤnne/ der in ſolcher beharrlich
fortfaͤhret/ und ſich ſelbs vorſetzlich des theuren guts beraubet. Solches
zu erweiſen/ ſehen wir (1.) auff Chriſti befehlich. Hier ſtehet unumbge-
ſtoſſen/ daß alles dasjenige nicht in unſerer freien willkuͤhr ſtehe/ was Chri-
ſtus ſeiner kirchen insgemein befohlen. Nun haben wir den ausdruͤcklichen
befehl: Eſſet/ trincket/ und thut ſolches zu meinem gedaͤchtnuͤß/
Matth. XXVI, 26. 27. Luc. XXII, 19. 1. Corinth. XI, 24. 25.
Die worte zeigen ſelbs den befehlich/ und zwahr/ daß wirs nicht fuͤr einen be-
fehlich/ der nur die Apoſtel betroffen habe/ haltẽ moͤgen/ ſo ſetzet Paulus v. 26.
dazu/ daß ſo offt wir ſolches thun/ ſollen wir dabey den todt des HErrn
ver-
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