Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.ARTIC. V. SECTIO I. aber die art des Sacraments ist/ wie sie aus der einsetzung fliesset/ muß sie allezeiteinerley seyn. 5. Wie ich die art des tausendjährigen reichs aus GOttes wort begreiffe/ Die II. Frage. Ob man die Kinder-tauff behalten solle/ weil Christus nicht die kinder zu tauffen/ sondern erst zu lehren und darnach zutauffen be- fohlen habe Matth. 28/ 19.? Hingegen wäre die kindertauff vom An- tichrist erst bey dem verfall der kirchen auffgekommen/ in den ersten jahr- hunderten aber nicht in übung gewesen/ daher ein kind nicht vor 12 oder 16 jahren zutauffen wäre. ES kommt in dieser sache auff 2 puncten an/ nehmlich ob die kindertauff ligkeit b 3
ARTIC. V. SECTIO I. aber die art des Sacraments iſt/ wie ſie aus der einſetzung flieſſet/ muß ſie allezeiteinerley ſeyn. 5. Wie ich die art des tauſendjaͤhrigen reichs aus GOttes wort begreiffe/ Die II. Frage. Ob man die Kinder-tauff behalten ſolle/ weil Chriſtus nicht die kinder zu tauffen/ ſondern erſt zu lehren und darnach zutauffen be- fohlen habe Matth. 28/ 19.? Hingegen waͤre die kindertauff vom An- tichriſt erſt bey dem verfall der kirchen auffgekom̃en/ in den erſten jahr- hunderten aber nicht in uͤbung geweſen/ daher ein kind nicht vor 12 oder 16 jahren zutauffen waͤre. ES kommt in dieſer ſache auff 2 puncten an/ nehmlich ob die kindertauff ligkeit b 3
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ARTIC. V. SECTIO I.
aber die art des Sacraments iſt/ wie ſie aus der einſetzung flieſſet/ muß ſie allezeit
einerley ſeyn.
5. Wie ich die art des tauſendjaͤhrigen reichs aus GOttes wort begreiffe/
daß es allein beſtehe/ nicht allein in allgemeiner ausbreitung der kirche GOttes in
der meiſt gantzen welt/ auch euſſerlicher ruhe vor dem teuffel/ der ihr mit verfol-
gung und verfuͤhrung nicht gleichermaſſen zuſetzen darff/ vielmehr alsdann gebun-
den iſt/ ſondern auch in herrlicherem gnadenmaaß des goͤttlichen liechts und krafft
zur heiligung/ ſo iſt darzu nicht noͤthig/ daß die bißher gewaͤhrte œconomia des
reichs Chriſti beſtehend in der predigt des Evangelii und gebrauch der Sacꝛamenten
auffgehaben und geaͤndert werde. So verſtehe ich die worte 1. Cor. 11. biß der
HErr kommet/ von der letzten ſichtbaren zukunfft zum allgemeinen juͤngſten gericht/
die erſt nach den 1000. jahren folget/ und dieſer itzigen welt ein ende machet. Wel-
che aber in der ſchrifft dieſe ſache betreffend weiter zuſehen meynen/ und nicht allein
eine ſichtbare zukunfft Chriſti zu denſelben vorgeben/ ſondern insgeſammt einen ſol-
chen zuſtand des reichs ſich einbilden/ daß die gantze jetzige ordnung auffgehoben
werden muͤſte/ waͤren nicht allein zu ſolcher erweiſung ihres ſatzes anzuhalten/ dar-
durch die gewiſſen der menſchen voͤllig uͤberzeuget wuͤrden/ ſondern haͤtten auffs
wenigſte nicht macht/ vor wircklichen voͤlligen anbruch ſolches reichs eine aͤnderung
einer von Chriſto unwiederſprechlich eingeſetzten ordnung vorzunehmen/ ſondern
zuerwarten/ biß der HErr alsdann ſeine kirche ſeines willens uͤber dergleichen aͤn-
derung mit nicht weniger gewißheit verſicherte/ als mit welcher ſie die erſte einſe-
tzung empfangen hatte. Ehe nun dieſes geſchiehet/ ob auch der anbruch des reichs
nahe waͤre/ iſt keinem menſchen erlaubt/ dem HErren vorzugreiffen oder vorzu-
lauffen. Wir aber ſtehen in unſrer einfallt feſt auff dem gewiſſen wort unſers
GOttes.
Die II. Frage.
Ob man die Kinder-tauff behalten ſolle/ weil Chriſtus nicht
die kinder zu tauffen/ ſondern erſt zu lehren und darnach zutauffen be-
fohlen habe Matth. 28/ 19.? Hingegen waͤre die kindertauff vom An-
tichriſt erſt bey dem verfall der kirchen auffgekom̃en/ in den erſten jahr-
hunderten aber nicht in uͤbung geweſen/ daher ein kind nicht vor 12
oder 16 jahren zutauffen waͤre.
ES kommt in dieſer ſache auff 2 puncten an/ nehmlich ob die kindertauff
von Chriſto befohlen/ und ob ſie in der erſten kirchen im ſchwang gewe-
ſen. 1. Was anlangt daß die kindertauff von Chriſto befohlen: ſo trei-
ben wir billich 1. den allgemeinen befehl unſers Heylandes Matth. 28/ 19. wann
derſelbe ſeine juͤnger ausſendet ſein reich aufzurichten/ und alle Heyden in daſſelbige
zu bringen; wann er dann nicht weniger vor die junge kinder gelidten und die ſee-
ligkeit
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