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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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ARTIC. IV. SECTIO XX.
andern/ da diejenige/ welchen göttliche ordnung nicht gefällt/ sich daran stos-
sen. Denn daß er nicht zu der ersten art gehöre/ sehen wir daraus/ weil Pau-
lus sich dergleichen besuchungen hat angelegen seyn lassen/ und sie als ein stück
seines amtes geachtet. Wenn er von sich bezeuget/ Ap. Gesch. 20/ 20. daß er
seine Epheser gelehret habe öffentlich und sonderlich/ in den häusern/ und
v. 31. Er habe nicht nachgelassen/ drey jahr tag und nacht einen jeglichen
mit thränen zu vermahnen.
Muß also solches von den Aposteln nicht ange-
sehen seyn worden als ein böser schein. Endlich 4. ist auch zu schwach/ solche
gute ordnung umzustossen/ was aus der 2. Tim. 3/ 6. angeführet wird von denen/
die hin und her in die häuser schleichen/ indem die klage des Apostels ist über
die/ welche heimlich zu sünden verführen/ nicht über die/ welche in den häusern
zur tugend vermahnen: über die/ welche ohne beruff und amt sich den leuten
auffdringen/ und sie in der sicherheit stärcken/ nicht über die/ welchen ihr beruff
die absonderliche seelensorge auffbürdet/ und die also die ihnen anvertraute auff
alle weise zu bessern und zu erbauen haben. Erhellet also/ daß die heilsame
ordnung der wol eingerichteten hauß-visitationen durch diese einwürffe nicht auff-
gehoben werde/ wiewol freylich dahin zu sehen/ daß man sie also übe/ daß kein
böser schein geitzes und geldgesuchs/ essen und trinckens und wollebens/ oder gar
leichtfertigkeit/ dabey möge gesehen/ sondern die umstände allerdings also ange-
ordnet werden/ daß niemand dergleichen mit ziemlichen schein vorgeben oder sa-
gen möchte; darmit nach 2. Cor. 8/ 21. es redlich zugehe nicht allein vor dem
HErrn/ sondern auch vor den menschen:
und man dem lästerer nicht aus
eigner schuld durch unvorsichtigkeit in die stricke falle. Worzu der HErr allen
denen/ welche auch darinnen ihre treue zu erweisen/ und das heil der anvertrau-
ten zu befördern suchen/ den nöthigen geist der weißheit geben/ und hingegen alle
ärgernisse abwenden wolle. 1692.

SECTIO. XXI.
Von der Prediger hauß-visitationen. Gefahr
unsrer kirchen allgemein.
Methodus die schätze die selig-
keit zu predigen. Wiedergeburt. Großgebauer.

JCh komme so bald auff das andere und letzte liebe schreiben/ welches mich
nach seinem gantzen inhalt/ ob wol darinnen auch einiges enthalten/ so
unser menschlicher wille anders verlangte/ hertzlich erfreuet hat. Er-
freulich war mir die nachricht eines so gottseligen collegae, von dem zu unter-
schieden malen viel gutes gehöret/ und bereits eine weil seiner vor GOtt gedacht

hatte/
k 3

ARTIC. IV. SECTIO XX.
andern/ da diejenige/ welchen goͤttliche ordnung nicht gefaͤllt/ ſich daran ſtoſ-
ſen. Denn daß er nicht zu der erſten art gehoͤre/ ſehen wir daraus/ weil Pau-
lus ſich dergleichen beſuchungen hat angelegen ſeyn laſſen/ und ſie als ein ſtuͤck
ſeines amtes geachtet. Wenn er von ſich bezeuget/ Ap. Geſch. 20/ 20. daß er
ſeine Epheſer gelehret habe oͤffentlich und ſonderlich/ in den haͤuſern/ und
v. 31. Er habe nicht nachgelaſſen/ drey jahr tag und nacht einen jeglichen
mit thraͤnen zu vermahnen.
Muß alſo ſolches von den Apoſteln nicht ange-
ſehen ſeyn worden als ein boͤſer ſchein. Endlich 4. iſt auch zu ſchwach/ ſolche
gute ordnung umzuſtoſſen/ was aus der 2. Tim. 3/ 6. angefuͤhret wird von denen/
die hin und her in die haͤuſer ſchleichen/ indem die klage des Apoſtels iſt uͤber
die/ welche heimlich zu ſuͤnden verfuͤhren/ nicht uͤber die/ welche in den haͤuſern
zur tugend vermahnen: uͤber die/ welche ohne beruff und amt ſich den leuten
auffdringen/ und ſie in der ſicherheit ſtaͤrcken/ nicht uͤber die/ welchen ihr beruff
die abſonderliche ſeelenſorge auffbuͤrdet/ und die alſo die ihnen anvertraute auff
alle weiſe zu beſſern und zu erbauen haben. Erhellet alſo/ daß die heilſame
ordnung der wol eingerichteten hauß-viſitationen durch dieſe einwuͤrffe nicht auff-
gehoben werde/ wiewol freylich dahin zu ſehen/ daß man ſie alſo uͤbe/ daß kein
boͤſer ſchein geitzes und geldgeſuchs/ eſſen und trinckens und wollebens/ oder gar
leichtfertigkeit/ dabey moͤge geſehen/ ſondern die umſtaͤnde allerdings alſo ange-
ordnet werden/ daß niemand dergleichen mit ziemlichen ſchein vorgeben oder ſa-
gen moͤchte; darmit nach 2. Cor. 8/ 21. es redlich zugehe nicht allein vor dem
HErrn/ ſondern auch vor den menſchen:
und man dem laͤſterer nicht aus
eigner ſchuld durch unvorſichtigkeit in die ſtricke falle. Worzu der HErr allen
denen/ welche auch darinnen ihre treue zu erweiſen/ und das heil der anvertrau-
ten zu befoͤrdern ſuchen/ den noͤthigen geiſt der weißheit geben/ und hingegen alle
aͤrgerniſſe abwenden wolle. 1692.

SECTIO. XXI.
Von der Prediger hauß-viſitationen. Gefahr
unſrer kirchen allgemein.
Methodus die ſchaͤtze die ſelig-
keit zu predigen. Wiedergeburt. Großgebauer.

JCh komme ſo bald auff das andere und letzte liebe ſchreiben/ welches mich
nach ſeinem gantzen inhalt/ ob wol darinnen auch einiges enthalten/ ſo
unſer menſchlicher wille anders verlangte/ hertzlich erfreuet hat. Er-
freulich war mir die nachricht eines ſo gottſeligen collegæ, von dem zu unter-
ſchieden malen viel gutes gehoͤret/ und bereits eine weil ſeiner vor GOtt gedacht

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[77/0877] ARTIC. IV. SECTIO XX. andern/ da diejenige/ welchen goͤttliche ordnung nicht gefaͤllt/ ſich daran ſtoſ- ſen. Denn daß er nicht zu der erſten art gehoͤre/ ſehen wir daraus/ weil Pau- lus ſich dergleichen beſuchungen hat angelegen ſeyn laſſen/ und ſie als ein ſtuͤck ſeines amtes geachtet. Wenn er von ſich bezeuget/ Ap. Geſch. 20/ 20. daß er ſeine Epheſer gelehret habe oͤffentlich und ſonderlich/ in den haͤuſern/ und v. 31. Er habe nicht nachgelaſſen/ drey jahr tag und nacht einen jeglichen mit thraͤnen zu vermahnen. Muß alſo ſolches von den Apoſteln nicht ange- ſehen ſeyn worden als ein boͤſer ſchein. Endlich 4. iſt auch zu ſchwach/ ſolche gute ordnung umzuſtoſſen/ was aus der 2. Tim. 3/ 6. angefuͤhret wird von denen/ die hin und her in die haͤuſer ſchleichen/ indem die klage des Apoſtels iſt uͤber die/ welche heimlich zu ſuͤnden verfuͤhren/ nicht uͤber die/ welche in den haͤuſern zur tugend vermahnen: uͤber die/ welche ohne beruff und amt ſich den leuten auffdringen/ und ſie in der ſicherheit ſtaͤrcken/ nicht uͤber die/ welchen ihr beruff die abſonderliche ſeelenſorge auffbuͤrdet/ und die alſo die ihnen anvertraute auff alle weiſe zu beſſern und zu erbauen haben. Erhellet alſo/ daß die heilſame ordnung der wol eingerichteten hauß-viſitationen durch dieſe einwuͤrffe nicht auff- gehoben werde/ wiewol freylich dahin zu ſehen/ daß man ſie alſo uͤbe/ daß kein boͤſer ſchein geitzes und geldgeſuchs/ eſſen und trinckens und wollebens/ oder gar leichtfertigkeit/ dabey moͤge geſehen/ ſondern die umſtaͤnde allerdings alſo ange- ordnet werden/ daß niemand dergleichen mit ziemlichen ſchein vorgeben oder ſa- gen moͤchte; darmit nach 2. Cor. 8/ 21. es redlich zugehe nicht allein vor dem HErrn/ ſondern auch vor den menſchen: und man dem laͤſterer nicht aus eigner ſchuld durch unvorſichtigkeit in die ſtricke falle. Worzu der HErr allen denen/ welche auch darinnen ihre treue zu erweiſen/ und das heil der anvertrau- ten zu befoͤrdern ſuchen/ den noͤthigen geiſt der weißheit geben/ und hingegen alle aͤrgerniſſe abwenden wolle. 1692. SECTIO. XXI. Von der Prediger hauß-viſitationen. Gefahr unſrer kirchen allgemein. Methodus die ſchaͤtze die ſelig- keit zu predigen. Wiedergeburt. Großgebauer. JCh komme ſo bald auff das andere und letzte liebe ſchreiben/ welches mich nach ſeinem gantzen inhalt/ ob wol darinnen auch einiges enthalten/ ſo unſer menſchlicher wille anders verlangte/ hertzlich erfreuet hat. Er- freulich war mir die nachricht eines ſo gottſeligen collegæ, von dem zu unter- ſchieden malen viel gutes gehoͤret/ und bereits eine weil ſeiner vor GOtt gedacht hatte/ k 3

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/877>, abgerufen am 21.11.2024.