Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.ARTIC. III. SECTIO XXII. SECTIO XXII. Wie sonderlich das predigamt in einer sehr ver- derbten gemeinde zu führen seye. DEssen schreiben hat mich hertzlich afficiret/ eines theils mich mit tigkeit U u u u
ARTIC. III. SECTIO XXII. SECTIO XXII. Wie ſonderlich das predigamt in einer ſehr ver- derbten gemeinde zu fuͤhren ſeye. DEſſen ſchreiben hat mich hertzlich afficiret/ eines theils mich mit tigkeit U u u u
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ARTIC. III. SECTIO XXII.
SECTIO XXII.
Wie ſonderlich das predigamt in einer ſehr ver-
derbten gemeinde zu fuͤhren ſeye.
DEſſen ſchreiben hat mich hertzlich afficiret/ eines theils mich mit
freuden erſuͤllende/ daß ich an deſſelben lieber perſon wiederum
einen mit-bruder kennen ſolle/ der ſich das werck des Herrn und er-
bauung ſeiner gemeinde laͤſſet ernſtlich angelegen ſeyn/ da man ſon-
ſten leider der miedlinge an den meiſten orten eine nicht geringe anzahl ſihet/
andern theils auch ein hertzliches mitleiden und wehmuth uͤber die fuͤhrende
klagen erweckende/ welches ohne das ſo viel tieffer einſchneidet/ in dem die be-
trachtung des jenigen/ was andern auff ihrem gewiſſen liget/ das eigene an-
ligen und angſt ſo ich auch mit andern fuͤhle/ mit vermehret. Je redlicher
nun ich geliebten bruders abſicht in ſeinem amt/ auch je ſchmertzlicher ich deſſen
gewiſſens beaͤngſtigung befinde/ je mehr verbindet mich die ſchuldige liebe mit
meinem wenigen rath und troſt bruͤderlich beyzuſtehen; der HErr aber regi-
re ſelbſt mein hertz und feder zu erkaͤntnuͤß und vorſtellung ſeines willens an
ihm. Wann denn nun gemeldet wird/ daß ſeine wort und gedancken im-
mer ſeyn/ und ſich alſo auff dieſes anligen concentriren: Was ſolle ich
thun/ daß ich und meine zuhoͤrer ſelig werden? ſo faſſe ich alles in dieſe
zwey ſtuͤcke/ nehmlich die ſchaffung eigener/ ſo dann der zuhoͤrer ſeligkeit.
Was alſo anlangt die ſchaffung eigener ſeligkeit/ iſt hier die frage nicht von
dem mittel der ſeligkeit ſelbſt/ welches wie bey andern alſo auch uns predi-
gern kein anders als der wahre glaube iſt/ hingegen unſere treue und fleiß
des amts ſo wenig als andere gute werck in unſere ſeligmachung einflieſſen/
ſondern die meinung iſt/ was der ſeligmachende glaube/ wo er rechter art iſt/
bey uns predigern betreffend unſer amt/ wircken/ und daran erkannt werden
muͤſſe/ und wiederum was diejenige ſuͤnden ſeyn/ die in unſerm amt begangen/
uns von der ſeligkeit ausſchlieſſen wuͤrden. Mich demnach kurtz zufaſſen/
fordert GOtt von uns in unſerm amt hauptſaͤchlich liebe; und aus der liebe
die treue. Das erſte iſt hertzliche liebe GOttes und unſers Heylandes/
dieſelbe allem andern in der gantzen welt vorzuziehen. Daher wir ſehen/
daß der liebſte JEſus/ als er ſeinem Apoſtel Petro das amt/ deſſen er ſich
durch verleugnung verluſtig gemacht hatte/ auffs neue gleichſam wieder an-
befehlen wolte/ nichts mehr von ihm fragt/ Joh. 21/ 15. 16. 17. als ob er ihn
lieb habe/ darmit andeutende/ daß ſolche liebe ſchon die genugſamſte tuͤch-
tigkeit
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