Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

ARTIC. III. SECTIO XI
hominem in temerariam jurationem cecidisse, & maluisse non facere quod
juraverat, quam jurationem suam fuso sangvine implere;
und Isidori, in
malis promissis rescinde fidem, in turpi voto muta decretum.

SECTIO XII.
Ob ein prediger sich von einigen besondern amts-
verrichtungen publice oder privatim ausschliessen lassen
könne? Wie weit seine gewalt gehe wegen der
schlüssel.
Die 1. Frag.

Ob nicht vermöge der ordnung unsers beruffs Matth. 28/ 19.
und ausführlicher anweisung des heil. predigamts. Coloss. 1/ 25-29.
auch der austrücklichen bezeugung Pauli Act. 20/ 20. 1. Thess. 2/ 11.
12. nach dem heil. willen/ rath und vor bild des HErrn Marc. 3/ 33.
34. Matth. 13/ 36. seq. Luc. 10/ 39. öffentlich und sonderlich zu lehren
einem jeden diener in der kirchen göttliche gewalt gegeben? Und ob
solcher verantwortlich nicht nur eusserlich von der obrigkeit/ son-
dern auch gegen die nothdurfft der vertrauten gemeinde durch eini-
ge menschliche gewalt sich beschrencken oder trennen möge lassen?
Matth. 21/ 27. Act. 4/ 18. 19. 5/ 29. 20/ 20. 26. 27. Oder ob auch unter
austrücklichem verbot absonderlich nach nothdurfft (jedoch nicht oh-
ne gelegenheit zu prüfen) die so viel unwissenden zu lehren/ ein gött-
licher beruff zu dem heil. predigamt geschehen und angenommen
werden könne?

Antwort.
1. WJe das lehr-amt einem Christlichen prediger anvertrauet wird/
und solches mit dem effect muß verstanden werden/ nemlich es al-
so zu führen/ daß der zweck der gnugsamen erbauung und unter-
richt der gemeinde zur gnüge erhalten werden könne/ (indem er die gemeinde
solle selig machen) also wird ihm in dem beruff dasselbige auffgetragen insge-
mein/ und also wie jeglichen orts die nothdurfft der gemeinde und der perso-
nen/ mit welchen man es zu thun hat/ es mit sich bringet/ und neben dem öf-
fentlichen vortrag des worts auch absonderl. handlungen erfordert. Wel-
ches sich gründet auff den zweck des amts/ welcher zu allen den jenigen mit-
teln/ ohne welche derselbe nicht könte wahrhafftig erhalten werden/ ein recht
gibet. Wie auch mich dessen versehe/ daß niemand in abrede seyn könne/ daß
nicht
P p p p 3

ARTIC. III. SECTIO XI
hominem in temerariam jurationem cecidiſſe, & maluiſſe non facere quod
juraverat, quam jurationem ſuam fuſo ſangvine implere;
und Iſidori, in
malis promiſſis reſcinde fidem, in turpi voto muta decretum.

SECTIO XII.
Ob ein prediger ſich von einigen beſondern amts-
verrichtungen publice oder privatim ausſchlieſſen laſſen
koͤnne? Wie weit ſeine gewalt gehe wegen der
ſchluͤſſel.
Die 1. Frag.

Ob nicht vermoͤge der ordnung unſers beruffs Matth. 28/ 19.
und ausfuͤhrlicher anweiſung des heil. predigamts. Coloſſ. 1/ 25-29.
auch der austruͤcklichen bezeugung Pauli Act. 20/ 20. 1. Theſſ. 2/ 11.
12. nach dem heil. willen/ rath und vor bild des HErrn Marc. 3/ 33.
34. Matth. 13/ 36. ſeq. Luc. 10/ 39. oͤffentlich und ſonderlich zu lehren
einem jeden diener in der kirchen goͤttliche gewalt gegeben? Und ob
ſolcher verantwortlich nicht nur euſſerlich von der obrigkeit/ ſon-
dern auch gegen die nothdurfft der vertrauten gemeinde durch eini-
ge menſchliche gewalt ſich beſchrencken oder trennen moͤge laſſen?
Matth. 21/ 27. Act. 4/ 18. 19. 5/ 29. 20/ 20. 26. 27. Oder ob auch unter
austruͤcklichem verbot abſonderlich nach nothdurfft (jedoch nicht oh-
ne gelegenheit zu pruͤfen) die ſo viel unwiſſenden zu lehren/ ein goͤtt-
licher beruff zu dem heil. predigamt geſchehen und angenommen
werden koͤnne?

Antwort.
1. WJe das lehr-amt einem Chriſtlichen prediger anvertrauet wird/
und ſolches mit dem effect muß verſtanden werden/ nemlich es al-
ſo zu fuͤhren/ daß der zweck der gnugſamen erbauung und unter-
richt der gemeinde zur gnuͤge erhalten werden koͤnne/ (indem er die gemeinde
ſolle ſelig machen) alſo wird ihm in dem beruff daſſelbige auffgetragen insge-
mein/ und alſo wie jeglichen orts die nothdurfft der gemeinde und der perſo-
nen/ mit welchen man es zu thun hat/ es mit ſich bringet/ und neben dem oͤf-
fentlichen vortrag des worts auch abſonderl. handlungen erfordert. Wel-
ches ſich gruͤndet auff den zweck des amts/ welcher zu allen den jenigen mit-
teln/ ohne welche derſelbe nicht koͤnte wahrhafftig erhalten werden/ ein recht
gibet. Wie auch mich deſſen verſehe/ daß niemand in abrede ſeyn koͤnne/ daß
nicht
P p p p 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0685" n="669"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">ARTIC. <hi rendition="#g">III. SECTIO</hi> XI</hi></hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">hominem in temerariam jurationem cecidi&#x017F;&#x017F;e, &amp; malui&#x017F;&#x017F;e non facere quod<lb/>
juraverat, quam jurationem &#x017F;uam fu&#x017F;o &#x017F;angvine implere;</hi> und <hi rendition="#aq">I&#x017F;idori, in<lb/>
malis promi&#x017F;&#x017F;is re&#x017F;cinde fidem, in turpi voto muta decretum.</hi></p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SECTIO XII</hi>.</hi><lb/>
Ob ein prediger &#x017F;ich von einigen be&#x017F;ondern amts-<lb/>
verrichtungen <hi rendition="#aq">publice</hi> oder <hi rendition="#aq">privatim</hi> aus&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en la&#x017F;&#x017F;en<lb/>
ko&#x0364;nne? Wie weit &#x017F;eine gewalt gehe wegen der<lb/>
&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el.</hi> </head><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Die 1. Frag.</hi> </head><lb/>
              <p> <hi rendition="#fr">Ob nicht vermo&#x0364;ge der ordnung un&#x017F;ers beruffs Matth. 28/ 19.<lb/>
und ausfu&#x0364;hrlicher anwei&#x017F;ung des heil. predigamts. Colo&#x017F;&#x017F;. 1/ 25-29.<lb/>
auch der austru&#x0364;cklichen bezeugung Pauli Act. 20/ 20. 1. The&#x017F;&#x017F;. 2/ 11.<lb/>
12. nach dem heil. willen/ rath und vor bild des HErrn Marc. 3/ 33.<lb/>
34. Matth. 13/ 36. &#x017F;eq. Luc. 10/ 39. o&#x0364;ffentlich und &#x017F;onderlich zu lehren<lb/>
einem jeden diener in der kirchen go&#x0364;ttliche gewalt gegeben? Und ob<lb/>
&#x017F;olcher verantwortlich nicht nur eu&#x017F;&#x017F;erlich von der obrigkeit/ &#x017F;on-<lb/>
dern auch gegen die nothdurfft der vertrauten gemeinde durch eini-<lb/>
ge men&#x017F;chliche gewalt &#x017F;ich be&#x017F;chrencken oder trennen mo&#x0364;ge la&#x017F;&#x017F;en?<lb/>
Matth. 21/ 27. Act. 4/ 18. 19. 5/ 29. 20/ 20. 26. 27. Oder ob auch unter<lb/>
austru&#x0364;cklichem verbot ab&#x017F;onderlich nach nothdurfft (jedoch nicht oh-<lb/>
ne gelegenheit zu pru&#x0364;fen) die &#x017F;o viel unwi&#x017F;&#x017F;enden zu lehren/ ein go&#x0364;tt-<lb/>
licher beruff zu dem heil. predigamt ge&#x017F;chehen und angenommen<lb/>
werden ko&#x0364;nne?</hi> </p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Antwort.</hi> </head><lb/>
              <list>
                <item>1. <hi rendition="#in">W</hi>Je das lehr-amt einem Chri&#x017F;tlichen prediger anvertrauet wird/<lb/>
und &#x017F;olches mit dem <hi rendition="#aq">effect</hi> muß ver&#x017F;tanden werden/ nemlich es al-<lb/>
&#x017F;o zu fu&#x0364;hren/ daß der zweck der gnug&#x017F;amen erbauung und unter-<lb/>
richt der gemeinde zur gnu&#x0364;ge erhalten werden ko&#x0364;nne/ (indem er die gemeinde<lb/>
&#x017F;olle &#x017F;elig machen) al&#x017F;o wird ihm in dem beruff da&#x017F;&#x017F;elbige auffgetragen insge-<lb/>
mein/ und al&#x017F;o wie jeglichen orts die nothdurfft der gemeinde und der per&#x017F;o-<lb/>
nen/ mit welchen man es zu thun hat/ es mit &#x017F;ich bringet/ und neben dem o&#x0364;f-<lb/>
fentlichen vortrag des worts auch ab&#x017F;onderl. handlungen erfordert. Wel-<lb/>
ches &#x017F;ich gru&#x0364;ndet auff den zweck des amts/ welcher zu allen den jenigen mit-<lb/>
teln/ ohne welche der&#x017F;elbe nicht ko&#x0364;nte wahrhafftig erhalten werden/ ein recht<lb/>
gibet. Wie auch mich de&#x017F;&#x017F;en ver&#x017F;ehe/ daß niemand in abrede &#x017F;eyn ko&#x0364;nne/ daß<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">P p p p 3</fw><fw place="bottom" type="catch">nicht</fw><lb/></item>
              </list>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[669/0685] ARTIC. III. SECTIO XI hominem in temerariam jurationem cecidiſſe, & maluiſſe non facere quod juraverat, quam jurationem ſuam fuſo ſangvine implere; und Iſidori, in malis promiſſis reſcinde fidem, in turpi voto muta decretum. SECTIO XII. Ob ein prediger ſich von einigen beſondern amts- verrichtungen publice oder privatim ausſchlieſſen laſſen koͤnne? Wie weit ſeine gewalt gehe wegen der ſchluͤſſel. Die 1. Frag. Ob nicht vermoͤge der ordnung unſers beruffs Matth. 28/ 19. und ausfuͤhrlicher anweiſung des heil. predigamts. Coloſſ. 1/ 25-29. auch der austruͤcklichen bezeugung Pauli Act. 20/ 20. 1. Theſſ. 2/ 11. 12. nach dem heil. willen/ rath und vor bild des HErrn Marc. 3/ 33. 34. Matth. 13/ 36. ſeq. Luc. 10/ 39. oͤffentlich und ſonderlich zu lehren einem jeden diener in der kirchen goͤttliche gewalt gegeben? Und ob ſolcher verantwortlich nicht nur euſſerlich von der obrigkeit/ ſon- dern auch gegen die nothdurfft der vertrauten gemeinde durch eini- ge menſchliche gewalt ſich beſchrencken oder trennen moͤge laſſen? Matth. 21/ 27. Act. 4/ 18. 19. 5/ 29. 20/ 20. 26. 27. Oder ob auch unter austruͤcklichem verbot abſonderlich nach nothdurfft (jedoch nicht oh- ne gelegenheit zu pruͤfen) die ſo viel unwiſſenden zu lehren/ ein goͤtt- licher beruff zu dem heil. predigamt geſchehen und angenommen werden koͤnne? Antwort. 1. WJe das lehr-amt einem Chriſtlichen prediger anvertrauet wird/ und ſolches mit dem effect muß verſtanden werden/ nemlich es al- ſo zu fuͤhren/ daß der zweck der gnugſamen erbauung und unter- richt der gemeinde zur gnuͤge erhalten werden koͤnne/ (indem er die gemeinde ſolle ſelig machen) alſo wird ihm in dem beruff daſſelbige auffgetragen insge- mein/ und alſo wie jeglichen orts die nothdurfft der gemeinde und der perſo- nen/ mit welchen man es zu thun hat/ es mit ſich bringet/ und neben dem oͤf- fentlichen vortrag des worts auch abſonderl. handlungen erfordert. Wel- ches ſich gruͤndet auff den zweck des amts/ welcher zu allen den jenigen mit- teln/ ohne welche derſelbe nicht koͤnte wahrhafftig erhalten werden/ ein recht gibet. Wie auch mich deſſen verſehe/ daß niemand in abrede ſeyn koͤnne/ daß nicht P p p p 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/685
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 669. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/685>, abgerufen am 21.12.2024.