Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.ARTIC. II. SECTIO XXIX. solle der sach vermittelst göttlicher gnade viel gerathen werden/ aufs wenig-ste werden wir so viel ruhigere gewissen haben/ ob wir auch damit nichts aus- richteten/ daß wir doch nichts unterlassen hätten/ mit geziemter Christli- cher vorsichtigkeit alle mügliche ärgernüß zu verhüten und abzuwenden. Daß GOtt sein gericht auch an uns Evangelischen anheben werde/ will ich nicht zweifflen/ und rede auch davon öffters offentlich mit vorstellung des exem- pels in Hungarn. Aber der itzige zustand in Hungarn/ wegen deren/ welche des schwerdts sich gebrauchen gegen den Kayser/ betrübt mich sehr. Als der ich an aller gewaltsamer beschützung oder verfechtung des reichs GOttes einen abscheu habe/ und solche der art unsers reichs nicht gemäß achte. Was in Schottland vorgehe/ ist mir gar nichts wissend/ als der ich bis dahin von keiner verfolgung daselbs als gegen die Quacker gehöret habe/ so dann von grossen politischen zwytrachten/ in welche intriguen ich die sache GOTTES nicht gern gemischet sehen würde. HErr Reickhard sohns nahme war mir nicht bekant/ als daß ich gehört/ daß er mit Johann Rothen gewe- sen. Nachdem angedeuten von ihm übersetzten buch werde ich nachfrage halten/ dann die materie ist hochwichtig. Herrn Horbio habe ich heut den einschluß auff der post zugesandt/ wird ihn hertzlich erfreuen. Er erwar- tet noch seiner dimission, und wohin ihn folgends göttlicher finger hinwei- sen werde. Jndem ihm der HErr einige gnaden-gaben gegeben/ wo er of- fentlich redet/ ein solches mit nachtruck und ziemlicher bewegung/ und über- zeugung der hertzen zu thun/ welche gabe wir billich/ so viel wir unsers orts dazu thun können/ trachten sollen zu nutze zu bringen. Nachdem die Theologi in seinen declarationen nichts mehr gefunden/ was sie einer heterodoxiae verdächtig halten dörffen/ so wird nun angezogen/ daß er die gemeinde gleichwohl verwirret/ und also nicht mich erbauung daselbs stehen könne; da- her die formalia des decrets lauten/ daß ihm am besten werde gera- then seyn/ daß er sich um andere dienste bewerbe. Er aber ver- stehet sich dazu nicht/ von selbsten von seiner gemeinde sich zu trennen/ son- dern will der dimission erwarten. Welche ich auch nicht zweiffele/ weilen seine widersacher gantz erbittert/ nechst zu folgen. Der HErr lehre uns in allem/ worinnen er durch thun und leiden von uns will gepriesen werden/ seinen willen erkennen/ und demselben einig nachgeleben. Das soll mein ei- nig gebeth seyn/ in gewisser zuversicht/ der ist getreu welcher uns beruffen hat/ welcher wirds auch thun. etc. 1678. SECTIO XXX. Vieler schulmeister untüchtigkeit. Falscher ver- dacht E e e e 3
ARTIC. II. SECTIO XXIX. ſolle der ſach vermittelſt goͤttlicher gnade viel gerathen werden/ aufs wenig-ſte werden wir ſo viel ruhigere gewiſſen haben/ ob wir auch damit nichts aus- richteten/ daß wir doch nichts unterlaſſen haͤtten/ mit geziemter Chriſtli- cher vorſichtigkeit alle muͤgliche aͤrgernuͤß zu verhuͤten und abzuwenden. Daß GOtt ſein gericht auch an uns Evangeliſchen anheben werde/ will ich nicht zweifflen/ und rede auch davon oͤffters offentlich mit vorſtellung des exem- pels in Hungarn. Aber der itzige zuſtand in Hungarn/ wegen deren/ welche des ſchwerdts ſich gebrauchen gegen den Kayſer/ betruͤbt mich ſehr. Als der ich an aller gewaltſamer beſchuͤtzung oder verfechtung des reichs GOttes einen abſcheu habe/ und ſolche der art unſers reichs nicht gemaͤß achte. Was in Schottland vorgehe/ iſt mir gar nichts wiſſend/ als der ich bis dahin von keineꝛ verfolgung daſelbs als gegen die Quacker gehoͤret habe/ ſo dann von groſſen politiſchen zwytrachten/ in welche intriguen ich die ſache GOTTES nicht gern gemiſchet ſehen wuͤrde. HErr Reickhard ſohns nahme war mir nicht bekant/ als daß ich gehoͤrt/ daß er mit Johann Rothen gewe- ſen. Nachdem angedeuten von ihm uͤberſetzten buch werde ich nachfrage halten/ dann die materie iſt hochwichtig. Herrn Horbio habe ich heut den einſchluß auff der poſt zugeſandt/ wird ihn hertzlich erfreuen. Er erwar- tet noch ſeiner dimiſſion, und wohin ihn folgends goͤttlicher finger hinwei- ſen werde. Jndem ihm der HErr einige gnaden-gaben gegeben/ wo er of- fentlich redet/ ein ſolches mit nachtruck und ziemlicher bewegung/ und uͤber- zeugung der hertzen zu thun/ welche gabe wir billich/ ſo viel wir unſers orts dazu thun koͤnnen/ trachten ſollen zu nutze zu bringen. Nachdem die Theologi in ſeinen declarationen nichts mehr gefunden/ was ſie einer heterodoxiæ verdaͤchtig halten doͤrffen/ ſo wird nun angezogen/ daß er die gemeinde gleichwohl verwirret/ und alſo nicht mich erbauung daſelbs ſtehen koͤnne; da- her die formalia des decrets lauten/ daß ihm am beſten werde gera- then ſeyn/ daß er ſich um andere dienſte bewerbe. Er aber ver- ſtehet ſich dazu nicht/ von ſelbſten von ſeiner gemeinde ſich zu trennen/ ſon- dern will der dimiſſion erwarten. Welche ich auch nicht zweiffele/ weilen ſeine widerſacher gantz erbittert/ nechſt zu folgen. Der HErr lehre uns in allem/ worinnen er durch thun und leiden von uns will geprieſen werden/ ſeinen willen erkennen/ und demſelben einig nachgeleben. Das ſoll mein ei- nig gebeth ſeyn/ in gewiſſer zuverſicht/ der iſt getreu welcher uns beruffen hat/ welcher wirds auch thun. ꝛc. 1678. SECTIO XXX. Vieler ſchulmeiſter untuͤchtigkeit. Falſcher ver- dacht E e e e 3
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ARTIC. II. SECTIO XXIX.
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ſte werden wir ſo viel ruhigere gewiſſen haben/ ob wir auch damit nichts aus-
richteten/ daß wir doch nichts unterlaſſen haͤtten/ mit geziemter Chriſtli-
cher vorſichtigkeit alle muͤgliche aͤrgernuͤß zu verhuͤten und abzuwenden. Daß
GOtt ſein gericht auch an uns Evangeliſchen anheben werde/ will ich nicht
zweifflen/ und rede auch davon oͤffters offentlich mit vorſtellung des exem-
pels in Hungarn. Aber der itzige zuſtand in Hungarn/ wegen deren/ welche
des ſchwerdts ſich gebrauchen gegen den Kayſer/ betruͤbt mich ſehr. Als
der ich an aller gewaltſamer beſchuͤtzung oder verfechtung des reichs GOttes
einen abſcheu habe/ und ſolche der art unſers reichs nicht gemaͤß achte. Was
in Schottland vorgehe/ iſt mir gar nichts wiſſend/ als der ich bis dahin von
keineꝛ verfolgung daſelbs als gegen die Quacker gehoͤret habe/ ſo dann von
groſſen politiſchen zwytrachten/ in welche intriguen ich die ſache GOTTES
nicht gern gemiſchet ſehen wuͤrde. HErr Reickhard ſohns nahme war
mir nicht bekant/ als daß ich gehoͤrt/ daß er mit Johann Rothen gewe-
ſen. Nachdem angedeuten von ihm uͤberſetzten buch werde ich nachfrage
halten/ dann die materie iſt hochwichtig. Herrn Horbio habe ich heut den
einſchluß auff der poſt zugeſandt/ wird ihn hertzlich erfreuen. Er erwar-
tet noch ſeiner dimiſſion, und wohin ihn folgends goͤttlicher finger hinwei-
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fentlich redet/ ein ſolches mit nachtruck und ziemlicher bewegung/ und uͤber-
zeugung der hertzen zu thun/ welche gabe wir billich/ ſo viel wir unſers orts
dazu thun koͤnnen/ trachten ſollen zu nutze zu bringen. Nachdem die Theologi
in ſeinen declarationen nichts mehr gefunden/ was ſie einer heterodoxiæ
verdaͤchtig halten doͤrffen/ ſo wird nun angezogen/ daß er die gemeinde
gleichwohl verwirret/ und alſo nicht mich erbauung daſelbs ſtehen koͤnne; da-
her die formalia des decrets lauten/ daß ihm am beſten werde gera-
then ſeyn/ daß er ſich um andere dienſte bewerbe. Er aber ver-
ſtehet ſich dazu nicht/ von ſelbſten von ſeiner gemeinde ſich zu trennen/ ſon-
dern will der dimiſſion erwarten. Welche ich auch nicht zweiffele/ weilen
ſeine widerſacher gantz erbittert/ nechſt zu folgen. Der HErr lehre uns in
allem/ worinnen er durch thun und leiden von uns will geprieſen werden/
ſeinen willen erkennen/ und demſelben einig nachgeleben. Das ſoll mein ei-
nig gebeth ſeyn/ in gewiſſer zuverſicht/ der iſt getreu welcher uns beruffen
hat/ welcher wirds auch thun. ꝛc. 1678.
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Zitationshilfe: | Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 589. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/605>, abgerufen am 22.07.2024. |