Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.ARTIC. II. SECTIO VIII. Die 6. Frage. Ob die gemeinde/ bey dero Titius in seiner anzugs-predigt zu bleiben sich durch den truck aus freyem willen/ und ohne zweif- fel mit bedacht/ daß er andrer orten nicht mehr werde fruch- ten können/ obligiret/ und sihet/ wie viel grösser schaden der kirchen GOttes und erbauung des Christenthums auff seine veranderung folgen werde/ zumahl da der teuffel suchet/ hie einen riß zu machen/ und durch denselben das gute zu verstöh- ren durch die feinde des Evangelii/ als der zweifelhaffte nutz in D. seyn möchte/ die hiesige obrigkeit auch ersuchet/ und die versicherung empfangen/ ihm in seinem amt allen beystand zu leisten/ und seinen feinden zu steuren/ nicht recht und macht habe ihn bey sich zu behalten und nicht zu erlassen? DJese frage greiffet nun das haupt-werck an/ da sie das recht der gemeinde che R r r 2
ARTIC. II. SECTIO VIII. Die 6. Frage. Ob die gemeinde/ bey dero Titius in ſeiner anzugs-predigt zu bleiben ſich durch den truck aus fꝛeyem willen/ und ohne zweif- fel mit bedacht/ daß er andrer orten nicht mehr werde fruch- ten koͤnnen/ obligiret/ und ſihet/ wie viel groͤſſer ſchaden der kirchen GOttes und erbauung des Chriſtenthums auff ſeine veranderung folgen werde/ zumahl da der teuffel ſuchet/ hie einen riß zu machen/ und durch denſelben das gute zu verſtoͤh- ren durch die feinde des Evangelii/ als der zweifelhaffte nutz in D. ſeyn moͤchte/ die hieſige obrigkeit auch erſuchet/ und die verſicherung empfangen/ ihm in ſeinem amt allen beyſtand zu leiſten/ und ſeinen feinden zu ſteuren/ nicht recht und macht habe ihn bey ſich zu behalten und nicht zu erlaſſen? DJeſe frage greiffet nun das haupt-werck an/ da ſie das recht der gemeinde che R r r 2
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ARTIC. II. SECTIO VIII.
Die 6. Frage.
Ob die gemeinde/ bey dero Titius in ſeiner anzugs-predigt zu
bleiben ſich durch den truck aus fꝛeyem willen/ und ohne zweif-
fel mit bedacht/ daß er andrer orten nicht mehr werde fruch-
ten koͤnnen/ obligiret/ und ſihet/ wie viel groͤſſer ſchaden der
kirchen GOttes und erbauung des Chriſtenthums auff ſeine
veranderung folgen werde/ zumahl da der teuffel ſuchet/ hie
einen riß zu machen/ und durch denſelben das gute zu verſtoͤh-
ren durch die feinde des Evangelii/ als der zweifelhaffte nutz in
D. ſeyn moͤchte/ die hieſige obrigkeit auch erſuchet/ und die
verſicherung empfangen/ ihm in ſeinem amt allen beyſtand
zu leiſten/ und ſeinen feinden zu ſteuren/ nicht recht und macht
habe ihn bey ſich zu behalten und nicht zu erlaſſen?
DJeſe frage greiffet nun das haupt-werck an/ da ſie das recht der gemeinde
beruͤhret/ wie dann nicht ohne iſt/ daß ſo wohl als ein prediger ein recht
an ſeiner gemeinde hat/ die nicht weniger recht auch an denſelbigen habe/ das
jenige/ was ihr GOtt einmahl geſchencket hat/ mit aller macht zu behalten/
wo ſie nicht GOttes andern willen zu voͤlliger uͤberzeugung erkennet. Die-
ſes recht aber gruͤndet ſich nicht auff Titii in der predigt gethane zuſage/ denn
ſolche an dem ort/ welchen ich finde (nicht wiſſend/ ob ein ander austruͤcklicher
in derſelben ſtehe) gehet zwahr dahin/ bey der gemeinde zu verharren/
aber ſo lange/ biß ihn Gott werde heiſſen von ihnen und zu ihm gehen.
Hie wird zwahr mit ſolchen letzten worten auff den abſchied aus dieſem leben
geſehen/ die krafft aber des verſpruchs ſtehet vornemlich darauff/ wenn
GOTT ihn werde von ihnen gehen heiſſen/ deſſen willen er alſo ſich uͤbergi-
bet/ und eignen willens von ihnen nicht abbauen will/ ob er nun wohl/ da er
voran keinen andern weg geſehen/ darauff ihn der HErr anderwertlich weg-
fuͤhren werde/ ſondern den gemeinſten/ welcher beſtehet in abforderung aller-
dings aus dieſer zeitligkeit/ vor augen gehabt/ freylich in ſeinen gedancken
gehabt haben wird/ in ihrer ſtadt zu ſterben/ ſo bleibet dannoch der jenige ca-
ſus von ſelbſten ausgeſchloſſen/ wann GOtt ſeine verſetzung ſelbs anders an-
ordnen wuͤrde/ weil ſein wille insgemein von ihm zum grund ſeines verhar-
rens geleget wird/ und in der that nichts anders damit gemeinet werden ſol-
le/ als daß er vor ſich ſeine gemeine nicht verlaſſen wolle. Daher hat er nicht
uͤberlegen koͤnnen/ ob er andrer orten mehr werde frucht zu ſchaffen vermoͤgen/
oder nicht/ weil dergleichen caſus nicht erfolget war/ und er auch ſich deſſelben
nicht eben vorher verſehen. Es iſt auch ferner ſehr wohl in ſolcher gantzen ſa-
che
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