Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.Das erste Capitel. berlassen gewircket werden/ wie sie uns denn in der heiligen schrifft gewiesensind. Auf solche pflege ich auch meine zuhörer in predigten/ und privat-zu- spruch nach verleihung göttlicher gnade allein zu weisen/ zweifle auch nicht E. Hochfürstl. Durchl. werden selbs die nachtrücklichkeit und wichtigkeit der- selben erkennen. Wo nun solche gründe stehen/ so mögen auch die übrige aus der vernunfft genommene argumenta etwas ausrichten/ die sonsten allein fast zu schwach sind/ und auf das höchste nicht mehr als eine erzwungene re- solution zu wege bringen können. Jch will aber/ wie anfangs gemeldet/ dero intention in solchem aufsatz alleine dahin deuten gerichtet gewesen zu seyn. Welche schließlichen/ in des grossen GOttes/ der sie nach seinem hei- ligen willen lang in hohem wohlstand erhalten/ zu dermahligen letzten ab- schied mit glaubiger erkäntnüß seiner lautern wahrheit/ und dero früchten/ zeitlich und kräfftig vorbereiten/ und letztlich mit dem jenigen/ was uns allein den todt lieblich machet/ würcklich beseligen wolle/ höchster gnade hertzlich empfehle. SECTIO LIII. Von der rechtfertigung grossem unterscheid unsrer und der Römischen lehre. ES ist mir lieb gewesen/ daß mein hochgeehrt. Herr seine gedancken in schied
Das erſte Capitel. berlaſſen gewircket werden/ wie ſie uns denn in der heiligen ſchrifft gewieſenſind. Auf ſolche pflege ich auch meine zuhoͤrer in predigten/ und privat-zu- ſpruch nach verleihung goͤttlicher gnade allein zu weiſen/ zweifle auch nicht E. Hochfuͤrſtl. Durchl. werden ſelbs die nachtruͤcklichkeit und wichtigkeit der- ſelben erkennen. Wo nun ſolche gruͤnde ſtehen/ ſo moͤgen auch die uͤbrige aus der vernunfft genommene argumenta etwas ausrichten/ die ſonſten allein faſt zu ſchwach ſind/ und auf das hoͤchſte nicht mehr als eine erzwungene re- ſolution zu wege bringen koͤnnen. Jch will aber/ wie anfangs gemeldet/ dero intention in ſolchem aufſatz alleine dahin deuten gerichtet geweſen zu ſeyn. Welche ſchließlichen/ in des groſſen GOttes/ der ſie nach ſeinem hei- ligen willen lang in hohem wohlſtand erhalten/ zu dermahligen letzten ab- ſchied mit glaubiger erkaͤntnuͤß ſeiner lautern wahrheit/ und dero fruͤchten/ zeitlich und kraͤfftig vorbereiten/ und letztlich mit dem jenigen/ was uns allein den todt lieblich machet/ wuͤrcklich beſeligen wolle/ hoͤchſter gnade hertzlich empfehle. SECTIO LIII. Von der rechtfertigung groſſem unterſcheid unſrer und der Roͤmiſchen lehre. ES iſt mir lieb geweſen/ daß mein hochgeehrt. Herr ſeine gedancken in ſchied
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Das erſte Capitel.
berlaſſen gewircket werden/ wie ſie uns denn in der heiligen ſchrifft gewieſen
ſind. Auf ſolche pflege ich auch meine zuhoͤrer in predigten/ und privat-zu-
ſpruch nach verleihung goͤttlicher gnade allein zu weiſen/ zweifle auch nicht
E. Hochfuͤrſtl. Durchl. werden ſelbs die nachtruͤcklichkeit und wichtigkeit der-
ſelben erkennen. Wo nun ſolche gruͤnde ſtehen/ ſo moͤgen auch die uͤbrige aus
der vernunfft genommene argumenta etwas ausrichten/ die ſonſten allein
faſt zu ſchwach ſind/ und auf das hoͤchſte nicht mehr als eine erzwungene re-
ſolution zu wege bringen koͤnnen. Jch will aber/ wie anfangs gemeldet/
dero intention in ſolchem aufſatz alleine dahin deuten gerichtet geweſen zu
ſeyn. Welche ſchließlichen/ in des groſſen GOttes/ der ſie nach ſeinem hei-
ligen willen lang in hohem wohlſtand erhalten/ zu dermahligen letzten ab-
ſchied mit glaubiger erkaͤntnuͤß ſeiner lautern wahrheit/ und dero fruͤchten/
zeitlich und kraͤfftig vorbereiten/ und letztlich mit dem jenigen/ was uns allein
den todt lieblich machet/ wuͤrcklich beſeligen wolle/ hoͤchſter gnade hertzlich
empfehle.
SECTIO LIII.
Von der rechtfertigung groſſem unterſcheid unſrer
und der Roͤmiſchen lehre.
ES iſt mir lieb geweſen/ daß mein hochgeehrt. Herr ſeine gedancken in
der materie von der rechtfertigung mir freundlich vorſtellen wollen/
dabey des guten vertrauens gelebe/ daß hinwieder nicht entgegen ſeyn
werde/ auch die meinige davon einzunehmen. So iſts nun an dem/ daß wie
ich von grund der ſeelen eine voͤllige einigkeit der gantzen Chriſtenheit wuͤnſch-
te/ und wo dieſelbe damit zu erkauffen waͤre/ weder ich/ noch einiger ander/ ſein
blut darzu zu theur halten ſolte/ daher auch gern alle dahin zielende vorſchlaͤ-
ge/ welche die wahrheit ſelbs nicht verletzen/ mit ergreiffe/ ich gleichwol da-
vor halte/ daß kaum mit einiger andern kirchen weniger als mit der Roͤmi-
ſchen eine vereinigung getroffen werden koͤnte/ vornemlich aber/ daß wir in
dem articul der rechtfertigung hauptſaͤchlich unterſchieden ſeyen/ ja ſeyn muͤſ-
ſen/ ſo lange das Trientiſche Concilium ſtehet/ welches hingegen ſie nach dem
fundamental-ſatz ihrer kirchen nicht verlaſſen koͤnnen. Der angefuͤhrte Hac-
cius iſt mir unbekant: was aber die aͤltere anlangt/ auch ſo gar die noch zu un-
ſrer zeit gelebte Hr. bruͤder von Welenburg/ habe als ich vor 10. jahren ge-
gen D. Breving dieſen articul ausfuͤhren muſte/ und in dem groſſen werck
gruͤndlich ausgefuͤhret habe/ ſolche mit groſſem fleiß durchgeſehen. Jch fin-
de aber allerdings einen ſolchen unterſcheid unter beyderſeits lehr/ daß es
auch da heiſſen muß/ Roma irreconciliabilis. Und zwahr gehet der unter-
ſchied
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