Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

SECTIO XLV.
culpa. Der HErr regiere mich mit seinem Geist/ daß ich ihm treu bleibe/
und nichts jemahl thue und lehre/ als was seinem willen gemäß ist; in dem
übrigen schicke er alles also/ wie er am weißlichsten erkennet/ daß sein nahm
an mir durch thun oder leiden am besten verherrlichet werden mag. 1681.

SECTIO XLV.
Frage.
Ob die vom jüngsten tag ergriffne glaubige auch
sterben/ und todes-ängsten ausstehen werden?

AUff diese frag antwortet Paulus gantz deutlich 1. Corinth. 15/ 51. seq.
sihe ich sage euch ein geheimnüß. Wir werden nicht alle ent-
schlaffen/ wir werden aber alle verwandelt werden/ und das-
selbige plötzlich/ in einem augenblick/ zur zeit der letzten posaunen.
Dann es wird die posaune schallen/ und die todten werden aufferste-
hen unverweßlich/ und wir werden verwandelt werden. Dann
das verweßliche muß anziehen das unverweßliche/ und das
sterbliche muß anziehen die unsterblichkeit/
mit folgenden worten. Da
haben wir 1. es seye dieses ein grosses geheimnüß/ so absonderlicher offen-
bahrung bedorfft/ und ohne dieselbe unbekant geblieben wäre. Weswegen
dann auch behutsam mit der materie umzugehen ist/ daß wir nicht weiter da-
rinn gehen/ als die göttliche offenbahrung an die hand gibet. Auch/ daß wir
die art allzu genau zu forschen uns nicht unternehmen/ als welches bey allen
geheimnüssen verboten ist.

2. Seye gleichwol dieses ausgemacht und gewiß/ daß des eigentlichen
wahrhafftigen todes nicht alle sterben werden/ welches der Apostel deutlich
sagt/ wir werden nicht alle entschlaffen. Wo wir billig bey dem buchsta-
ben zu bleiben haben. Auf den einwurf soll im folgenden geantwortet werden.

3. An statt des todes soll seyn das verwandelt werden/ was solches
verwandeln seye/ lernen wir aus dem 42. 43. 44. vers. wo die eigenschafften
der vorigen leiber/ wie sie hier in dem fleisch gewesen/ und wie sie nachmah-
len in der aufferstehung seyn sollen/ erzehlet werden. Sonderlich aber/ daß
es jetzo seyn natürliche leiber/ dorten aber solten es geistliche leiber seyn.
Wo zwahr dieses gewiß bleibet/ es seye ein leib dem wesen nach/ der da stir-
bet und der wieder aufferstehet/ aber beyderley beschaffenheit ist gleichwohl
unterschieden/ und zwahr sehr unterschieden. Wenn wir bedencken/ daß
ein jetziger leib nothwendig seines essens und trinckens und stetiger nahrung/
auch ruhe und schlaffs bedarff/ alle zeit gesehen und betastet werden kan/ u. was

der-
F f 3

SECTIO XLV.
culpa. Der HErr regiere mich mit ſeinem Geiſt/ daß ich ihm treu bleibe/
und nichts jemahl thue und lehre/ als was ſeinem willen gemaͤß iſt; in dem
uͤbrigen ſchicke er alles alſo/ wie er am weißlichſten erkennet/ daß ſein nahm
an mir durch thun oder leiden am beſten verherrlichet werden mag. 1681.

SECTIO XLV.
Frage.
Ob die vom juͤngſten tag ergriffne glaubige auch
ſterben/ und todes-aͤngſten ausſtehen werden?

AUff dieſe frag antwortet Paulus gantz deutlich 1. Corinth. 15/ 51. ſeq.
ſihe ich ſage euch ein geheimnuͤß. Wir werden nicht alle ent-
ſchlaffen/ wir werden aber alle verwandelt werden/ und daſ-
ſelbige ploͤtzlich/ in einem augenblick/ zur zeit der letzten poſaunen.
Dann es wird die poſaune ſchallen/ und die todten werden aufferſte-
hen unverweßlich/ und wir werden verwandelt werden. Dann
das verweßliche muß anziehen das unverweßliche/ und das
ſterbliche muß anziehen die unſterblichkeit/
mit folgenden worten. Da
haben wir 1. es ſeye dieſes ein groſſes geheimnuͤß/ ſo abſonderlicher offen-
bahrung bedorfft/ und ohne dieſelbe unbekant geblieben waͤre. Weswegen
dann auch behutſam mit der materie umzugehen iſt/ daß wir nicht weiter da-
rinn gehen/ als die goͤttliche offenbahrung an die hand gibet. Auch/ daß wir
die art allzu genau zu forſchen uns nicht unternehmen/ als welches bey allen
geheimnuͤſſen verboten iſt.

2. Seye gleichwol dieſes ausgemacht und gewiß/ daß des eigentlichen
wahrhafftigen todes nicht alle ſterben werden/ welches der Apoſtel deutlich
ſagt/ wir werden nicht alle entſchlaffen. Wo wir billig bey dem buchſta-
ben zu bleiben haben. Auf den einwurf ſoll im folgenden geantwortet werden.

3. An ſtatt des todes ſoll ſeyn das verwandelt werden/ was ſolches
verwandeln ſeye/ lernen wir aus dem 42. 43. 44. verſ. wo die eigenſchafften
der vorigen leiber/ wie ſie hier in dem fleiſch geweſen/ und wie ſie nachmah-
len in der aufferſtehung ſeyn ſollen/ erzehlet werden. Sonderlich aber/ daß
es jetzo ſeyn natuͤrliche leiber/ dorten aber ſolten es geiſtliche leiber ſeyn.
Wo zwahr dieſes gewiß bleibet/ es ſeye ein leib dem weſen nach/ der da ſtir-
bet und der wieder aufferſtehet/ aber beyderley beſchaffenheit iſt gleichwohl
unterſchieden/ und zwahr ſehr unterſchieden. Wenn wir bedencken/ daß
ein jetziger leib nothwendig ſeines eſſens und trinckens und ſtetiger nahrung/
auch ruhe und ſchlaffs bedarff/ alle zeit geſehen uñ betaſtet werden kan/ u. was

der-
F f 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0245" n="229"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SECTIO XLV.</hi></hi></hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">culpa.</hi> Der HErr regiere mich mit &#x017F;einem Gei&#x017F;t/ daß ich ihm treu bleibe/<lb/>
und nichts jemahl thue und lehre/ als was &#x017F;einem willen gema&#x0364;ß i&#x017F;t; in dem<lb/>
u&#x0364;brigen &#x017F;chicke er alles al&#x017F;o/ wie er am weißlich&#x017F;ten erkennet/ daß &#x017F;ein nahm<lb/>
an mir durch thun oder leiden am be&#x017F;ten verherrlichet werden mag. 1681.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SECTIO XLV.</hi></hi><lb/>
Frage.<lb/>
Ob die vom ju&#x0364;ng&#x017F;ten tag ergriffne glaubige auch<lb/>
&#x017F;terben/ und todes-a&#x0364;ng&#x017F;ten aus&#x017F;tehen werden?</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">A</hi>Uff die&#x017F;e frag antwortet <hi rendition="#aq">Paulus</hi> gantz deutlich 1. <hi rendition="#fr">Corinth. 15/ 51. &#x017F;eq.<lb/>
&#x017F;ihe ich &#x017F;age euch ein geheimnu&#x0364;ß. Wir werden nicht alle ent-<lb/>
&#x017F;chlaffen/ wir werden aber alle verwandelt werden/ und da&#x017F;-<lb/>
&#x017F;elbige plo&#x0364;tzlich/ in einem augenblick/ zur zeit der letzten po&#x017F;aunen.<lb/>
Dann es wird die po&#x017F;aune &#x017F;challen/ und die todten werden auffer&#x017F;te-<lb/>
hen unverweßlich/ und wir werden verwandelt werden. Dann<lb/>
das verweßliche muß anziehen das unverweßliche/ und das<lb/>
&#x017F;terbliche muß anziehen die un&#x017F;terblichkeit/</hi> mit folgenden worten. Da<lb/>
haben wir 1. es &#x017F;eye die&#x017F;es ein gro&#x017F;&#x017F;es <hi rendition="#fr">geheimnu&#x0364;ß/</hi> &#x017F;o ab&#x017F;onderlicher offen-<lb/>
bahrung bedorfft/ und ohne die&#x017F;elbe unbekant geblieben wa&#x0364;re. Weswegen<lb/>
dann auch behut&#x017F;am mit der <hi rendition="#aq">materie</hi> umzugehen i&#x017F;t/ daß wir nicht weiter da-<lb/>
rinn gehen/ als die go&#x0364;ttliche offenbahrung an die hand gibet. Auch/ daß wir<lb/>
die art allzu genau zu for&#x017F;chen uns nicht unternehmen/ als welches bey allen<lb/>
geheimnu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en verboten i&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>2. Seye gleichwol die&#x017F;es ausgemacht und gewiß/ daß des eigentlichen<lb/>
wahrhafftigen todes nicht alle &#x017F;terben werden/ welches der Apo&#x017F;tel deutlich<lb/>
&#x017F;agt/ <hi rendition="#fr">wir werden nicht alle ent&#x017F;chlaffen.</hi> Wo wir billig bey dem buch&#x017F;ta-<lb/>
ben zu bleiben haben. Auf den einwurf &#x017F;oll im folgenden geantwortet werden.</p><lb/>
          <p>3. An &#x017F;tatt des todes &#x017F;oll &#x017F;eyn das <hi rendition="#fr">verwandelt werden/</hi> was &#x017F;olches<lb/>
verwandeln &#x017F;eye/ lernen wir aus dem 42. 43. 44. ver&#x017F;. wo die eigen&#x017F;chafften<lb/>
der vorigen leiber/ wie &#x017F;ie hier in dem flei&#x017F;ch gewe&#x017F;en/ und wie &#x017F;ie nachmah-<lb/>
len in der auffer&#x017F;tehung &#x017F;eyn &#x017F;ollen/ erzehlet werden. Sonderlich aber/ daß<lb/>
es jetzo &#x017F;eyn <hi rendition="#fr">natu&#x0364;rliche leiber/</hi> dorten aber &#x017F;olten es <hi rendition="#fr">gei&#x017F;tliche leiber</hi> &#x017F;eyn.<lb/>
Wo zwahr die&#x017F;es gewiß bleibet/ es &#x017F;eye ein leib dem we&#x017F;en nach/ der da &#x017F;tir-<lb/>
bet und der wieder auffer&#x017F;tehet/ aber beyderley be&#x017F;chaffenheit i&#x017F;t gleichwohl<lb/>
unter&#x017F;chieden/ und zwahr &#x017F;ehr unter&#x017F;chieden. Wenn wir bedencken/ daß<lb/>
ein jetziger leib nothwendig &#x017F;eines e&#x017F;&#x017F;ens und trinckens und &#x017F;tetiger nahrung/<lb/>
auch ruhe und &#x017F;chlaffs bedarff/ alle zeit ge&#x017F;ehen un&#x0303; beta&#x017F;tet werden kan/ u. was<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F f 3</fw><fw place="bottom" type="catch">der-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[229/0245] SECTIO XLV. culpa. Der HErr regiere mich mit ſeinem Geiſt/ daß ich ihm treu bleibe/ und nichts jemahl thue und lehre/ als was ſeinem willen gemaͤß iſt; in dem uͤbrigen ſchicke er alles alſo/ wie er am weißlichſten erkennet/ daß ſein nahm an mir durch thun oder leiden am beſten verherrlichet werden mag. 1681. SECTIO XLV. Frage. Ob die vom juͤngſten tag ergriffne glaubige auch ſterben/ und todes-aͤngſten ausſtehen werden? AUff dieſe frag antwortet Paulus gantz deutlich 1. Corinth. 15/ 51. ſeq. ſihe ich ſage euch ein geheimnuͤß. Wir werden nicht alle ent- ſchlaffen/ wir werden aber alle verwandelt werden/ und daſ- ſelbige ploͤtzlich/ in einem augenblick/ zur zeit der letzten poſaunen. Dann es wird die poſaune ſchallen/ und die todten werden aufferſte- hen unverweßlich/ und wir werden verwandelt werden. Dann das verweßliche muß anziehen das unverweßliche/ und das ſterbliche muß anziehen die unſterblichkeit/ mit folgenden worten. Da haben wir 1. es ſeye dieſes ein groſſes geheimnuͤß/ ſo abſonderlicher offen- bahrung bedorfft/ und ohne dieſelbe unbekant geblieben waͤre. Weswegen dann auch behutſam mit der materie umzugehen iſt/ daß wir nicht weiter da- rinn gehen/ als die goͤttliche offenbahrung an die hand gibet. Auch/ daß wir die art allzu genau zu forſchen uns nicht unternehmen/ als welches bey allen geheimnuͤſſen verboten iſt. 2. Seye gleichwol dieſes ausgemacht und gewiß/ daß des eigentlichen wahrhafftigen todes nicht alle ſterben werden/ welches der Apoſtel deutlich ſagt/ wir werden nicht alle entſchlaffen. Wo wir billig bey dem buchſta- ben zu bleiben haben. Auf den einwurf ſoll im folgenden geantwortet werden. 3. An ſtatt des todes ſoll ſeyn das verwandelt werden/ was ſolches verwandeln ſeye/ lernen wir aus dem 42. 43. 44. verſ. wo die eigenſchafften der vorigen leiber/ wie ſie hier in dem fleiſch geweſen/ und wie ſie nachmah- len in der aufferſtehung ſeyn ſollen/ erzehlet werden. Sonderlich aber/ daß es jetzo ſeyn natuͤrliche leiber/ dorten aber ſolten es geiſtliche leiber ſeyn. Wo zwahr dieſes gewiß bleibet/ es ſeye ein leib dem weſen nach/ der da ſtir- bet und der wieder aufferſtehet/ aber beyderley beſchaffenheit iſt gleichwohl unterſchieden/ und zwahr ſehr unterſchieden. Wenn wir bedencken/ daß ein jetziger leib nothwendig ſeines eſſens und trinckens und ſtetiger nahrung/ auch ruhe und ſchlaffs bedarff/ alle zeit geſehen uñ betaſtet werden kan/ u. was der- F f 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/245
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/245>, abgerufen am 21.11.2024.