Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.Das erste Capitel. ger gefallen wird/ in GOttes und der glaubigen augen immer gefälliger wer-de/ und man daran in der wahrheit gewahr werden könne/ daß sie es nicht seye/ die da lebe/ sondern GOtt in ihr/ ihr Heyland Christus/ so sich mit de- roselben vereiniget. Mehreres und bessers weiß ich dißmahl deroselben nicht zu wünschen/ ob ich ihr auch alle schätze der welt wünschen würde/ so wird sie auch alsdann recht gewahr werden/ was natur und gnade seye/ da ihre werck insgesamt alle aus dem trieb der gnade gehen werden. Nun der HErr er- fülle es an ihro und ihrem gantzen hause. 1685. SECTIO XXXIV. Von dem formali des geistlichen lebens. DEr HErr gebe uns allen je mehr und mehr die gnade/ den gegenwärtigen nen
Das erſte Capitel. ger gefallen wird/ in GOttes und der glaubigen augen immer gefaͤlliger wer-de/ und man daran in der wahrheit gewahr werden koͤnne/ daß ſie es nicht ſeye/ die da lebe/ ſondern GOtt in ihr/ ihr Heyland Chriſtus/ ſo ſich mit de- roſelben vereiniget. Mehreres und beſſers weiß ich dißmahl deroſelben nicht zu wuͤnſchen/ ob ich ihr auch alle ſchaͤtze der welt wuͤnſchen wuͤrde/ ſo wird ſie auch alsdann recht gewahr werden/ was natur und gnade ſeye/ da ihre werck insgeſamt alle aus dem trieb der gnade gehen werden. Nun der HErr er- fuͤlle es an ihro und ihrem gantzen hauſe. 1685. SECTIO XXXIV. Von dem formali des geiſtlichen lebens. DEr HErr gebe uns allen je mehꝛ und mehr die gnade/ den gegenwaͤrtigẽ nen
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Das erſte Capitel.
ger gefallen wird/ in GOttes und der glaubigen augen immer gefaͤlliger wer-
de/ und man daran in der wahrheit gewahr werden koͤnne/ daß ſie es nicht
ſeye/ die da lebe/ ſondern GOtt in ihr/ ihr Heyland Chriſtus/ ſo ſich mit de-
roſelben vereiniget. Mehreres und beſſers weiß ich dißmahl deroſelben nicht
zu wuͤnſchen/ ob ich ihr auch alle ſchaͤtze der welt wuͤnſchen wuͤrde/ ſo wird ſie
auch alsdann recht gewahr werden/ was natur und gnade ſeye/ da ihre werck
insgeſamt alle aus dem trieb der gnade gehen werden. Nun der HErr er-
fuͤlle es an ihro und ihrem gantzen hauſe. 1685.
SECTIO XXXIV.
Von dem formali des geiſtlichen lebens.
DEr HErr gebe uns allen je mehꝛ und mehr die gnade/ den gegenwaͤrtigẽ
elenden zuſtand ſeiner kirchen mit ſolchen erbarmungs- und glaubens-
augen anzuſehen/ daß wir einstheils uns der oͤffentlichen und verbor-
genen aͤrgernuͤſſen (dann dieſe zuweilen auch in ſolchen ſachen beſtehen/ die ei-
nen feinen ſchein haben/ und deſto gefaͤhrlicher ſind) uns nicht theilhafftig
machen/ ſondern an dem HErrn und ſeinem/ nicht der menſchen/ wort allein
haͤngen/ andern theils ſeine verheiſſene huͤlffe tag und nacht mit flehen erſu-
chen/ und mit glaubiger hoffnung erwarten. So wird er uns erretten in ei-
ner kuͤrtze/ und vielleicht daſſelbe auff eine ſolche art/ daß da die huͤlffe bereits
angebrochen iſt/ wir ſie vorhanden zu ſeyn kaum glauben werden Luc. 18/
7. 8. doch ordne er die zeit nach ſeinem weiſen rath: und gebuͤhret ihm keine
gewiſſe ſtunde vorzuſchreiben: Jch komme nun ſo bald auf die vorgelegte fra-
ge: Was das eigentliche formale des geiſtl. lebens in der ſeele des wie-
dergebohrnen: obs die gnade/ oder Chriſtus/ oder der glaube/ oder die
uns geſchenckte kraͤfften ſeyen? Es iſt aber dieſe frage deswegen ſchwehr/
weil auch von dem natuͤrlichen leben dergleichen zu beantworten eben ſo
ſchwehr ſeyn wird/ nemlich was ſein formale ſeye. Wo ich aber je einen
verſuch thun ſolle/ ſo will ich durch das formale die eigentliche art deſſelben
verſtehen/ und faſſe meine meinung in folgende ſaͤtze. 1. Chriſtus ſelbſt iſt
nicht das formale, oder in ihm beſtehet nicht eigentlich das geiſtl. lebẽ/ ſondern
er gehoͤꝛet vielmehꝛ zudeꝛ cauſa efficiente, u. iſt das geiſtl. leben etwas das von
ihmgleichſam ausfließt. Und wenn Gal. 2/ 20. ſtehet ich lebe/ doch nun nicht
ich/ ſondern Chriſtus lebet in mir/ und Coloſſ. 3/ 3. Chriſtus euer le-
ben/ da man ſagen ſolte/ er werde zur forma unſers lebens gemacht/ ſo iſt
doch ſolches die meinung nicht/ ſondern es wird nur gezeiget/ daß unſer
geiſtliches leben alſo aus Chriſto herkomme/ daß er vielmehr als wir darin-
nen
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Zitationshilfe: | Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/208>, abgerufen am 22.07.2024. |