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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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ARTIC. VI. SECTIO XXIX.
feinde aber nimmermehr zu reitzen haben. Nun der HErr gebe in allem die
weißheit seines geistes/ zuerkennen und zuthun/ was das beste ist/ und see-
gne alles zu erlangung des vorgestellten zwecks seiner ehre. 1686.

SECTIO XXIX.
Einige fragen betreffende disciplinam Ec-
clesiasticam
gegen einen pre-
diger.

JCh habe dessen schreiben wohl empfangen/ aber mit weniger freud gele-
sen/ wegen des traurigen inhalts/ von abermahligen so ärgernüssen
als zwiespalt in ihrer kirchen und ministerio/ daß nicht nur von N. N.
seine gemeinde geärgert und den widrigen zu lästern ursach gegeben/ sondern
auch dadurch eine mißhelligkeit in ihrem N. N. ministerio veranlasset wor-
den. Da ich doch davor halte/ nachdem ihre gemeinde gleichwohl unter
frembder religion obrigkeit leben/ daß sich dieselbe und sonderlich dero vor-
steher und prediger vor allem schein des bösen und zwiespalt desto fleissiger
hüten solten/ und weil sie keine obrigkeit haben/ so ihnen eingrieff thut/ hin-
gegen die so löbliche und der art der ersten kirchen gemäße ordnung der kir-
chen ältesten das mittel seyn könte und solte/ alles unanständige und ärgerli-
che desto eher und kräfftiger abzuwenden/ als wo alles bloß in des predig-
amts händen stehet. Wie ich weiß/ daß bey Reformirten/ da sie unter ande-
rer obrigkeit leben/ solches mittel der kirchen ältesten ihre gemeinde in sehr
feiner ordnung erhält. Daß nun aber auch solches mittel bey ihnen nicht
den erwünschten zweck erreichen will/ ist mir ein nicht gar fröliches zeichen/
einer ziemlichen verderbnüß der kirchen/ und besorglich vorbote schwehrer
gerichte Gottes. Was nun den mir vorgestelleten casum in specie und das
verlangen meiner antwort anlangt/ habe ich zwahr das gegen mich tragende
freundliche vertrauen mit danck anzusehen/ hätte aber lieber gewünschet da-
mit verschonet zu werden: Nicht daß ich nicht von hertzen bereit wäre Christ-
lichen brüdern in dergleichen begehren zu willfahren/ und jede gelegenheit et-
was zu einiger gemeinde mehrern beruhigung beyzutragen zuergreiffen/ so
mir vielmehr eine freude ist/ sondern weil es fast mißlich seyn will/ in der-
gleichen streitigkeiten einseitig zu antworten: weil die species facti von ei-
ner seiten niemahl so abgefasset werden kan/ daß nicht etwa einiges ausge-

las-
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ARTIC. VI. SECTIO XXIX.
feinde aber nimmermehr zu reitzen haben. Nun der HErr gebe in allem die
weißheit ſeines geiſtes/ zuerkennen und zuthun/ was das beſte iſt/ und ſee-
gne alles zu erlangung des vorgeſtellten zwecks ſeiner ehre. 1686.

SECTIO XXIX.
Einige fragen betreffende diſciplinam Ec-
cleſiaſticam
gegen einen pre-
diger.

JCh habe deſſen ſchreiben wohl empfangen/ aber mit weniger freud gele-
ſen/ wegen des traurigen inhalts/ von abermahligen ſo aͤrgernuͤſſen
als zwieſpalt in ihrer kirchen und miniſterio/ daß nicht nur von N. N.
ſeine gemeinde geaͤrgert und den widrigen zu laͤſtern urſach gegeben/ ſondern
auch dadurch eine mißhelligkeit in ihrem N. N. miniſterio veranlaſſet wor-
den. Da ich doch davor halte/ nachdem ihre gemeinde gleichwohl unter
frembder religion obrigkeit leben/ daß ſich dieſelbe und ſonderlich dero vor-
ſteher und prediger vor allem ſchein des boͤſen und zwieſpalt deſto fleiſſiger
huͤten ſolten/ und weil ſie keine obrigkeit haben/ ſo ihnen eingrieff thut/ hin-
gegen die ſo loͤbliche und der art der erſten kirchen gemaͤße ordnung der kir-
chen aͤlteſten das mittel ſeyn koͤnte und ſolte/ alles unanſtaͤndige und aͤrgerli-
che deſto eher und kraͤfftiger abzuwenden/ als wo alles bloß in des predig-
amts haͤnden ſtehet. Wie ich weiß/ daß bey Reformirten/ da ſie unter ande-
rer obrigkeit leben/ ſolches mittel der kirchen aͤlteſten ihre gemeinde in ſehr
feiner ordnung erhaͤlt. Daß nun aber auch ſolches mittel bey ihnen nicht
den erwuͤnſchten zweck erreichen will/ iſt mir ein nicht gar froͤliches zeichen/
einer ziemlichen verderbnuͤß der kirchen/ und beſorglich vorbote ſchwehrer
gerichte Gottes. Was nun den mir vorgeſtelleten caſum in ſpecie und das
verlangen meiner antwort anlangt/ habe ich zwahr das gegen mich tragende
freundliche vertrauen mit danck anzuſehen/ haͤtte aber lieber gewuͤnſchet da-
mit verſchonet zu werden: Nicht daß ich nicht von hertzen bereit waͤre Chriſt-
lichen bruͤdern in dergleichen begehren zu willfahren/ und jede gelegenheit et-
was zu einiger gemeinde mehrern beruhigung beyzutragen zuergreiffen/ ſo
mir vielmehr eine freude iſt/ ſondern weil es faſt mißlich ſeyn will/ in der-
gleichen ſtreitigkeiten einſeitig zu antworten: weil die ſpecies facti von ei-
ner ſeiten niemahl ſo abgefaſſet werden kan/ daß nicht etwa einiges ausge-

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[293/1093] ARTIC. VI. SECTIO XXIX. feinde aber nimmermehr zu reitzen haben. Nun der HErr gebe in allem die weißheit ſeines geiſtes/ zuerkennen und zuthun/ was das beſte iſt/ und ſee- gne alles zu erlangung des vorgeſtellten zwecks ſeiner ehre. 1686. SECTIO XXIX. Einige fragen betreffende diſciplinam Ec- cleſiaſticam gegen einen pre- diger. JCh habe deſſen ſchreiben wohl empfangen/ aber mit weniger freud gele- ſen/ wegen des traurigen inhalts/ von abermahligen ſo aͤrgernuͤſſen als zwieſpalt in ihrer kirchen und miniſterio/ daß nicht nur von N. N. ſeine gemeinde geaͤrgert und den widrigen zu laͤſtern urſach gegeben/ ſondern auch dadurch eine mißhelligkeit in ihrem N. N. miniſterio veranlaſſet wor- den. Da ich doch davor halte/ nachdem ihre gemeinde gleichwohl unter frembder religion obrigkeit leben/ daß ſich dieſelbe und ſonderlich dero vor- ſteher und prediger vor allem ſchein des boͤſen und zwieſpalt deſto fleiſſiger huͤten ſolten/ und weil ſie keine obrigkeit haben/ ſo ihnen eingrieff thut/ hin- gegen die ſo loͤbliche und der art der erſten kirchen gemaͤße ordnung der kir- chen aͤlteſten das mittel ſeyn koͤnte und ſolte/ alles unanſtaͤndige und aͤrgerli- che deſto eher und kraͤfftiger abzuwenden/ als wo alles bloß in des predig- amts haͤnden ſtehet. Wie ich weiß/ daß bey Reformirten/ da ſie unter ande- rer obrigkeit leben/ ſolches mittel der kirchen aͤlteſten ihre gemeinde in ſehr feiner ordnung erhaͤlt. Daß nun aber auch ſolches mittel bey ihnen nicht den erwuͤnſchten zweck erreichen will/ iſt mir ein nicht gar froͤliches zeichen/ einer ziemlichen verderbnuͤß der kirchen/ und beſorglich vorbote ſchwehrer gerichte Gottes. Was nun den mir vorgeſtelleten caſum in ſpecie und das verlangen meiner antwort anlangt/ habe ich zwahr das gegen mich tragende freundliche vertrauen mit danck anzuſehen/ haͤtte aber lieber gewuͤnſchet da- mit verſchonet zu werden: Nicht daß ich nicht von hertzen bereit waͤre Chriſt- lichen bruͤdern in dergleichen begehren zu willfahren/ und jede gelegenheit et- was zu einiger gemeinde mehrern beruhigung beyzutragen zuergreiffen/ ſo mir vielmehr eine freude iſt/ ſondern weil es faſt mißlich ſeyn will/ in der- gleichen ſtreitigkeiten einſeitig zu antworten: weil die ſpecies facti von ei- ner ſeiten niemahl ſo abgefaſſet werden kan/ daß nicht etwa einiges ausge- laſ- o o 3

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/1093>, abgerufen am 21.12.2024.