Die technische Form für den wirtschaftlichen Verkehr schafft ein Reich von Werten, das mehr oder weniger vollständig von seinem sub- jektiv-personalen Unterbau gelöst ist. So sehr der Einzelne kauft, weil er den Gegenstand schätzt und zu konsumieren wünscht, so drückt er dieses Begehren wirksam doch nur mit und an einem Gegenstande aus, den er für jenen in den Tausch giebt; damit wächst der subjek- tive Vorgang, der jenem ersten den Wert giebt, zu einem sachlichen, überpersönlichen Verhältnis zwischen Gegenständen aus. Die Personen, die durch ihre Wünsche und Schätzungen zu dem Vollzuge bald dieses, bald jenes Tausches angeregt werden, realisieren damit für ihr Be- wusstsein nur Wertverhältnisse, deren Inhalt schon in den Dingen selbst liegt: das Quantum des einen Objekts entspricht an Wert dem bestimmten Quantum des anderen Objekts, und diese Proportion steht als etwas objektiv Angemessenes und gleichsam Gesetzliches jenen per- sönlichen Motiven -- von denen sie ausgeht und in denen sie endet -- ebenso gegenüber, wie wir es entsprechend an den objektiven Werten sittlicher und anderer Gebiete wahrnehmen. So würde sich wenigstens die Erscheinung einer vollkommen ausgebildeten Wirtschaft darbieten. In dieser zirkulieren die Gegenstände nach Normen und Massen, die in jedem gegebenen Augenblick festgestellt sind, und mit denen sie dem Einzelnen als ein objektives Reich gegenüberstehen; er kann an diesem teil haben oder nicht teil haben, wenn er es aber will, so kann er es nur als Träger oder Ausführender dieser ihm jenseitigen Be- stimmtheiten. Die Wirtschaft strebt einer -- nirgends völlig un- wirklichen und nirgends völlig verwirklichten -- Ausbildungsstufe zu, in der sich die Dinge ihre Wertmasse wie durch einen selbstthätigen Mechanismus gegenseitig bestimmen -- unbeschadet der Frage, wieviel subjektives Wertfühlen dieser Mechanismus als seine Vorbedingung oder als sein Material in sich aufgenommen hat. Aber eben dadurch, dass für den Gegenstand ein anderer hingegeben wird, gewinnt sein Wert all die Sichtbarkeit und Greifbarkeit, der er überhaupt zugängig ist.
II.
Die technische Form für den wirtschaftlichen Verkehr schafft ein Reich von Werten, das mehr oder weniger vollständig von seinem sub- jektiv-personalen Unterbau gelöst ist. So sehr der Einzelne kauft, weil er den Gegenstand schätzt und zu konsumieren wünscht, so drückt er dieses Begehren wirksam doch nur mit und an einem Gegenstande aus, den er für jenen in den Tausch giebt; damit wächst der subjek- tive Vorgang, der jenem ersten den Wert giebt, zu einem sachlichen, überpersönlichen Verhältnis zwischen Gegenständen aus. Die Personen, die durch ihre Wünsche und Schätzungen zu dem Vollzuge bald dieses, bald jenes Tausches angeregt werden, realisieren damit für ihr Be- wuſstsein nur Wertverhältnisse, deren Inhalt schon in den Dingen selbst liegt: das Quantum des einen Objekts entspricht an Wert dem bestimmten Quantum des anderen Objekts, und diese Proportion steht als etwas objektiv Angemessenes und gleichsam Gesetzliches jenen per- sönlichen Motiven — von denen sie ausgeht und in denen sie endet — ebenso gegenüber, wie wir es entsprechend an den objektiven Werten sittlicher und anderer Gebiete wahrnehmen. So würde sich wenigstens die Erscheinung einer vollkommen ausgebildeten Wirtschaft darbieten. In dieser zirkulieren die Gegenstände nach Normen und Maſsen, die in jedem gegebenen Augenblick festgestellt sind, und mit denen sie dem Einzelnen als ein objektives Reich gegenüberstehen; er kann an diesem teil haben oder nicht teil haben, wenn er es aber will, so kann er es nur als Träger oder Ausführender dieser ihm jenseitigen Be- stimmtheiten. Die Wirtschaft strebt einer — nirgends völlig un- wirklichen und nirgends völlig verwirklichten — Ausbildungsstufe zu, in der sich die Dinge ihre Wertmaſse wie durch einen selbstthätigen Mechanismus gegenseitig bestimmen — unbeschadet der Frage, wieviel subjektives Wertfühlen dieser Mechanismus als seine Vorbedingung oder als sein Material in sich aufgenommen hat. Aber eben dadurch, daſs für den Gegenstand ein anderer hingegeben wird, gewinnt sein Wert all die Sichtbarkeit und Greifbarkeit, der er überhaupt zugängig ist.
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[[29]/0053]
II.
Die technische Form für den wirtschaftlichen Verkehr schafft ein
Reich von Werten, das mehr oder weniger vollständig von seinem sub-
jektiv-personalen Unterbau gelöst ist. So sehr der Einzelne kauft, weil
er den Gegenstand schätzt und zu konsumieren wünscht, so drückt er
dieses Begehren wirksam doch nur mit und an einem Gegenstande
aus, den er für jenen in den Tausch giebt; damit wächst der subjek-
tive Vorgang, der jenem ersten den Wert giebt, zu einem sachlichen,
überpersönlichen Verhältnis zwischen Gegenständen aus. Die Personen,
die durch ihre Wünsche und Schätzungen zu dem Vollzuge bald dieses,
bald jenes Tausches angeregt werden, realisieren damit für ihr Be-
wuſstsein nur Wertverhältnisse, deren Inhalt schon in den Dingen
selbst liegt: das Quantum des einen Objekts entspricht an Wert dem
bestimmten Quantum des anderen Objekts, und diese Proportion steht
als etwas objektiv Angemessenes und gleichsam Gesetzliches jenen per-
sönlichen Motiven — von denen sie ausgeht und in denen sie endet —
ebenso gegenüber, wie wir es entsprechend an den objektiven Werten
sittlicher und anderer Gebiete wahrnehmen. So würde sich wenigstens
die Erscheinung einer vollkommen ausgebildeten Wirtschaft darbieten.
In dieser zirkulieren die Gegenstände nach Normen und Maſsen, die
in jedem gegebenen Augenblick festgestellt sind, und mit denen sie
dem Einzelnen als ein objektives Reich gegenüberstehen; er kann an
diesem teil haben oder nicht teil haben, wenn er es aber will, so kann
er es nur als Träger oder Ausführender dieser ihm jenseitigen Be-
stimmtheiten. Die Wirtschaft strebt einer — nirgends völlig un-
wirklichen und nirgends völlig verwirklichten — Ausbildungsstufe zu,
in der sich die Dinge ihre Wertmaſse wie durch einen selbstthätigen
Mechanismus gegenseitig bestimmen — unbeschadet der Frage, wieviel
subjektives Wertfühlen dieser Mechanismus als seine Vorbedingung oder
als sein Material in sich aufgenommen hat. Aber eben dadurch, daſs
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Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900, S. [29]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/simmel_geld_1900/53>, abgerufen am 21.11.2024.
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