Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657.Johannis Angeli 174. Es wil geübet seyn. Versuch mein Täubelein: mit übung lernt man viel: Wer nur nicht sitzen bleibt/ der kombt doch noch zum Ziel. 175. Der Geist führt in die Wüste. Kanstu dich auf den Geist in deinem Heyland schwin- gen/ So wird er dich mit sich in seine Wüste bringen. 176. Beständig muß man seyn. Verstockt ist halb verlohrn: doch wer im gutten kan/ Ein Stok und Eysen seyn/ sieht auf deß Lebens bahn. 177. Es wird nicht alls gerichtet. Die Menschen die in Gott mit Christo sind verschlun- gen/ Sind durchs Gericht' und Tod gantz seelig durchge- drungen. 178. Als steht im Jch vnd Du (Schöpffer vnd Geschöpffe.) Nichts ist als Jch und Du: und enn wir zwey nicht sein/ So ist GOtt nicht mehr GOtt/ und fällt der Himmel ein. Besihe den Begihrer am Ende. 179. Es sol ein Einigs werden. Ach ja! wär' ich im Du/ und Du im ich ein Ein! So möchte Tausendmahl der Himmel Himmel sein. 180. Der Mensch ist nichts/ GOtt alles. Jch bin nicht Jch noch Du: Du bist wol Jch in mir: Drumb geb ich dir mein GOtt allein die Ehrgebühr. 181. Der Sünder ist verblendt. Der Sünder siehet nicht: Je mehr er laufft und rennt/ Jn seiner Eigenheit/ je mehr er sich verblendt. 182. GOtt'
Johannis Angeli 174. Es wil geuͤbet ſeyn. Verſuch mein Taͤubelein: mit uͤbung lernt man viel: Wer nur nicht ſitzen bleibt/ der kombt doch noch zum Ziel. 175. Der Geiſt fuͤhrt in die Wuͤſte. Kanſtu dich auf den Geiſt in deinem Heyland ſchwin- gen/ So wird er dich mit ſich in ſeine Wuͤſte bringen. 176. Beſtaͤndig muß man ſeyn. Verſtockt iſt halb verlohrn: doch wer im gutten kan/ Ein Stok und Eyſen ſeyn/ ſieht auf deß Lebens bahn. 177. Es wird nicht alls gerichtet. Die Menſchen die in Gott mit Chriſto ſind verſchlun- gen/ Sind durchs Gericht’ und Tod gantz ſeelig durchge- drungen. 178. Als ſteht im Jch vnd Du (Schoͤpffer vnd Geſchoͤpffe.) Nichts iſt als Jch und Du: und enn wir zwey nicht ſein/ So iſt GOtt nicht mehr GOtt/ uñ faͤllt der Him̃el ein. Beſihe den Begihrer am Ende. 179. Es ſol ein Einigs werden. Ach ja! waͤr’ ich im Du/ und Du im ich ein Ein! So moͤchte Tauſendmahl der Himmel Himmel ſein. 180. Der Menſch iſt nichts/ GOtt alles. Jch bin nicht Jch noch Du: Du biſt wol Jch in mir: Drumb geb ich dir mein GOtt allein die Ehrgebuͤhr. 181. Der Suͤnder iſt verblendt. Der Suͤnder ſiehet nicht: Je mehr er laufft uñ rennt/ Jn ſeiner Eigenheit/ je mehr er ſich verblendt. 182. GOtt’
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Johannis Angeli
174. Es wil geuͤbet ſeyn.
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Ziel.
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So wird er dich mit ſich in ſeine Wuͤſte bringen.
176. Beſtaͤndig muß man ſeyn.
Verſtockt iſt halb verlohrn: doch wer im gutten kan/
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177. Es wird nicht alls gerichtet.
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Sind durchs Gericht’ und Tod gantz ſeelig durchge-
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178. Als ſteht im Jch vnd Du
(Schoͤpffer vnd Geſchoͤpffe.)
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So iſt GOtt nicht mehr GOtt/ uñ faͤllt der Him̃el ein.
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179. Es ſol ein Einigs werden.
Ach ja! waͤr’ ich im Du/ und Du im ich ein Ein!
So moͤchte Tauſendmahl der Himmel Himmel ſein.
180. Der Menſch iſt nichts/ GOtt alles.
Jch bin nicht Jch noch Du: Du biſt wol Jch in
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Drumb geb ich dir mein GOtt allein die Ehrgebuͤhr.
181. Der Suͤnder iſt verblendt.
Der Suͤnder ſiehet nicht: Je mehr er laufft uñ rennt/
Jn ſeiner Eigenheit/ je mehr er ſich verblendt.
182. GOtt’
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