Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657.Johannis Angeli 156. GOtt kennt man durch die Sonne Die Sonn ist nur ein Glast/ und alles Licht ein schein: Was muß doch für ein Blitz/ Gott meine Sonne seyn! 157. GOtt schauet man an sich. Wie ist mein GOtt gestalt? Geh schau dich selber an/ Wer sich in Gott beschaut/ schaut Gott warhafftig an. 158. Die Seele kombt von GOtt. Die Seel ist eine Flamm auß GOtt dem Blitz ge- gangen: * Ach solte sie dann nicht in Jhn zurük gelangen! * intellige creaturaliter. 159. Der Geist ist wie das Wesen. Mein Geist ist wie ein seyn: er ahnt dem wesen nach/ Von dem erurgestandt/ und Anfangs außgebrach. 160. Der Geist stirbt nimmermehr. Der Geist lebt in sich selbst: gebricht jhm gleich das Licht/ (Wie ein verdampter wird) so stirbet er doch nicht. 161. Jm jnnern Wohnt man wol. Was meines Geistes Geist/ meins wesens wesen ist/ Daß ists/ daß ich für mich zur Wohnung hab crkiest. 162. Hinein kehr deine Strahlen. Ach kehrt nur meine Seel jhr Flammen umb und ein! So wird sie mit dem Blitz/ bald Blitz und Eines sein. 163. GOtt würket wie daß Fewr. Daß Fewer schmeltzt und eint: sinckstu in Ursprung ein/ So muß dein Geist mit GOtt in Eins geschmeltzet sein. 164. Die Unschuld brennet nicht. Entschulde dich durch GOtt: die Unschuld bleibt be- wehrt/ Und wird in Ewigkeit von keiner Glutt verzehrt. 165. Ein
Johannis Angeli 156. GOtt kennt man durch die Sonne Die Sonn iſt nur ein Glaſt/ und alles Licht ein ſchein: Was muß doch fuͤr ein Blitz/ Gott meine Sonne ſeyn! 157. GOtt ſchauet man an ſich. Wie iſt mein GOtt geſtalt? Geh ſchau dich ſelber an/ Wer ſich in Gott beſchaut/ ſchaut Gott warhafftig an. 158. Die Seele kombt von GOtt. Die Seel iſt eine Flamm auß GOtt dem Blitz ge- gangen: * Ach ſolte ſie dann nicht in Jhn zuruͤk gelangen! * intellige creaturaliter. 159. Der Geiſt iſt wie das Weſen. Mein Geiſt iſt wie ein ſeyn: er ahnt dem weſen nach/ Von dem erurgeſtandt/ und Anfangs außgebrach. 160. Der Geiſt ſtirbt nimmermehr. Der Geiſt lebt in ſich ſelbſt: gebricht jhm gleich das Licht/ (Wie ein verdampter wird) ſo ſtirbet er doch nicht. 161. Jm jnnern Wohnt man wol. Was meines Geiſtes Geiſt/ meins weſens weſen iſt/ Daß iſts/ daß ich fuͤr mich zur Wohnung hab crkieſt. 162. Hinein kehr deine Strahlen. Ach kehrt nur meine Seel jhr Flammen umb und ein! So wird ſie mit dem Blitz/ bald Blitz und Eines ſein. 163. GOtt wuͤrket wie daß Fewr. Daß Fewer ſchmeltzt uñ eint: ſinckſtu in Urſprung ein/ So muß dein Geiſt mit GOtt in Eins geſchmeltzet ſein. 164. Die Unſchuld brennet nicht. Entſchulde dich durch GOtt: die Unſchuld bleibt be- wehrt/ Und wird in Ewigkeit von keiner Glutt verzehrt. 165. Ein
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Johannis Angeli
156. GOtt kennt man durch die Sonne
Die Sonn iſt nur ein Glaſt/ und alles Licht ein ſchein:
Was muß doch fuͤr ein Blitz/ Gott meine Sonne ſeyn!
157. GOtt ſchauet man an ſich.
Wie iſt mein GOtt geſtalt? Geh ſchau dich ſelber an/
Wer ſich in Gott beſchaut/ ſchaut Gott warhafftig an.
158. Die Seele kombt von GOtt.
Die Seel iſt eine Flamm auß GOtt dem Blitz ge-
gangen:
*
Ach ſolte ſie dann nicht in Jhn zuruͤk gelangen!
* intellige creaturaliter.
159. Der Geiſt iſt wie das Weſen.
Mein Geiſt iſt wie ein ſeyn: er ahnt dem weſen nach/
Von dem erurgeſtandt/ und Anfangs außgebrach.
160. Der Geiſt ſtirbt nimmermehr.
Der Geiſt lebt in ſich ſelbſt: gebricht jhm gleich das
Licht/
(Wie ein verdampter wird) ſo ſtirbet er doch nicht.
161. Jm jnnern Wohnt man wol.
Was meines Geiſtes Geiſt/ meins weſens weſen iſt/
Daß iſts/ daß ich fuͤr mich zur Wohnung hab crkieſt.
162. Hinein kehr deine Strahlen.
Ach kehrt nur meine Seel jhr Flammen umb und ein!
So wird ſie mit dem Blitz/ bald Blitz und Eines ſein.
163. GOtt wuͤrket wie daß Fewr.
Daß Fewer ſchmeltzt uñ eint: ſinckſtu in Urſprung ein/
So muß dein Geiſt mit GOtt in Eins geſchmeltzet ſein.
164. Die Unſchuld brennet nicht.
Entſchulde dich durch GOtt: die Unſchuld bleibt be-
wehrt/
Und wird in Ewigkeit von keiner Glutt verzehrt.
165. Ein
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Zitationshilfe: | Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657, S. 76[74]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_schlussrime_1657/80>, abgerufen am 06.07.2024. |