Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657.

Bild:
<< vorherige Seite
Erstes Buch.
137. GOtt verdammet niemand.
Was klagstu über GOtt? Du selbst verdammest dich:
Er möcht' es ja nicht thun/ daß glaube sicherlich.
138. Je mehr du auß/ je mehr Gott ein.
Je mehr du dich auß dir kanst außthun und entgiessen:
Je mehr muß Gott in dich mit seiner GOttheit fliessen.
139. Es trägt und wird getragen:
Daß Wort/ daß dich und mich/ und alle dinge trägt/
Wird widerumb von mir getragen und gehägt.
140. Der Mensch ist alle Dinge.
Der Mensch ist alle ding': Jsts daß jhm eins gebricht/
So kennet er fürwar sein Reichthumb selber nicht.
141. Es sind vil tausendt Sonnen.
Du sprichst im Firmament sey eine Sonn' allein
Jch aber sage/ daß vil tausendt Sonnen seyn.
142. Je mehr man sich ergiebt/ je
mehr wird man geliebt.
Warumb wird Seraphin von GOtte mehr geliebt
Als eine Mük? Es ist/ daß er sich mehr ergiebt.
143. Die Selbheit die verdambt.
Dafern der Teufel könt' auß seiner seinheit gehn/
So sehestu jhn straks in GOttes Throne stehn.
144. Der Schöpffer kans alleine.
Was bildestu dir ein zu zehin der Sternenschaar?
Der Schöpffer ists allein/ der sie kan zehlen gar.
145. Jn dir ist was du wilt.
Der Himmel ist in dir/ und auch der Höllen Qual:
Was du erkiest und wilst/ daß hastu überall.
146. Gott liebt nichts ausser Christo.
So lieb GOtt eine Seel in Christi glantz und Licht:
So unlieb ist sie Jhm/ im fall' er jhr gebricht.
147. Die
Erſtes Buch.
137. GOtt verdam̃et niemand.
Was klagſtu uͤber GOtt? Du ſelbſt verdam̃eſt dich:
Er moͤcht’ es ja nicht thun/ daß glaube ſicherlich.
138. Je mehr du auß/ je mehr Gott ein.
Je mehr du dich auß dir kanſt außthun uñ entgieſſen:
Je mehr muß Gott in dich mit ſeiner GOttheit flieſſen.
139. Es traͤgt und wird getragen:
Daß Wort/ daß dich und mich/ und alle dinge traͤgt/
Wird widerumb von mir getragen und gehaͤgt.
140. Der Menſch iſt alle Dinge.
Der Menſch iſt alle ding’: Jſts daß jhm eins gebricht/
So kennet er fuͤrwar ſein Reichthumb ſelber nicht.
141. Es ſind vil tauſendt Sonnen.
Du ſprichſt im Firmament ſey eine Sonn’ allein
Jch aber ſage/ daß vil tauſendt Sonnen ſeyn.
142. Je mehr man ſich ergiebt/ je
mehr wird man geliebt.
Warumb wird Seraphin von GOtte mehr geliebt
Als eine Muͤk? Es iſt/ daß er ſich mehr ergiebt.
143. Die Selbheit die verdambt.
Dafern der Teufel koͤnt’ auß ſeiner ſeinheit gehn/
So ſeheſtu jhn ſtraks in GOttes Throne ſtehn.
144. Der Schoͤpffer kans alleine.
Was bildeſtu dir ein zu zehin der Sternenſchaar?
Der Schoͤpffer iſts allein/ der ſie kan zehlen gar.
145. Jn dir iſt was du wilt.
Der Himmel iſt in dir/ und auch der Hoͤllen Qual:
Was du erkieſt und wilſt/ daß haſtu uͤberall.
146. Gott liebt nichts auſſer Chriſto.
So lieb GOtt eine Seel in Chriſti glantz uñ Licht:
So unlieb iſt ſie Jhm/ im fall’ er jhr gebricht.
147. Die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0043" n="39[37]"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Er&#x017F;tes Buch.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">137. GOtt verdam&#x0303;et niemand.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Was klag&#x017F;tu u&#x0364;ber GOtt? Du &#x017F;elb&#x017F;t verdam&#x0303;e&#x017F;t dich:</l><lb/>
            <l>Er mo&#x0364;cht&#x2019; es ja nicht thun/ daß glaube &#x017F;icherlich.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">138. Je mehr du auß/ je mehr Gott ein.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Je mehr du dich auß dir kan&#x017F;t außthun un&#x0303; entgie&#x017F;&#x017F;en:</l><lb/>
            <l>Je mehr muß Gott in dich mit &#x017F;einer GOttheit flie&#x017F;&#x017F;en.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">139. Es tra&#x0364;gt und wird getragen:</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Daß Wort/ daß dich und mich/ und alle dinge tra&#x0364;gt/</l><lb/>
            <l>Wird widerumb von mir getragen und geha&#x0364;gt.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">140. Der Men&#x017F;ch i&#x017F;t alle Dinge.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Der Men&#x017F;ch i&#x017F;t alle ding&#x2019;: J&#x017F;ts daß jhm eins gebricht/</l><lb/>
            <l>So kennet er fu&#x0364;rwar &#x017F;ein Reichthumb &#x017F;elber nicht.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">141. Es &#x017F;ind vil tau&#x017F;endt Sonnen.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Du &#x017F;prich&#x017F;t im Firmament &#x017F;ey eine Sonn&#x2019; allein</l><lb/>
            <l>Jch aber &#x017F;age/ daß vil tau&#x017F;endt Sonnen &#x017F;eyn.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">142. Je mehr man &#x017F;ich ergiebt/ je<lb/>
mehr wird man geliebt.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Warumb wird <hi rendition="#fr">Seraphin</hi> von GOtte mehr geliebt</l><lb/>
            <l>Als eine Mu&#x0364;k? Es i&#x017F;t/ daß er &#x017F;ich mehr ergiebt.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">143. Die Selbheit die verdambt.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Dafern der Teufel ko&#x0364;nt&#x2019; auß &#x017F;einer &#x017F;einheit gehn/</l><lb/>
            <l>So &#x017F;ehe&#x017F;tu jhn &#x017F;traks in GOttes Throne &#x017F;tehn.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">144. Der Scho&#x0364;pffer kans alleine.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Was bilde&#x017F;tu dir ein zu zehin der Sternen&#x017F;chaar?</l><lb/>
            <l>Der Scho&#x0364;pffer i&#x017F;ts allein/ der &#x017F;ie kan zehlen gar.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">145. Jn dir i&#x017F;t was du wilt.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Der Himmel i&#x017F;t in dir/ und auch der Ho&#x0364;llen Qual:</l><lb/>
            <l>Was du erkie&#x017F;t und wil&#x017F;t/ daß ha&#x017F;tu u&#x0364;berall.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">146. Gott liebt nichts au&#x017F;&#x017F;er Chri&#x017F;to.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>So lieb GOtt eine Seel in <hi rendition="#fr">Chri&#x017F;ti</hi> glantz un&#x0303; Licht:</l><lb/>
            <l>So unlieb i&#x017F;t &#x017F;ie Jhm/ im fall&#x2019; er jhr gebricht.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">147. Die</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[39[37]/0043] Erſtes Buch. 137. GOtt verdam̃et niemand. Was klagſtu uͤber GOtt? Du ſelbſt verdam̃eſt dich: Er moͤcht’ es ja nicht thun/ daß glaube ſicherlich. 138. Je mehr du auß/ je mehr Gott ein. Je mehr du dich auß dir kanſt außthun uñ entgieſſen: Je mehr muß Gott in dich mit ſeiner GOttheit flieſſen. 139. Es traͤgt und wird getragen: Daß Wort/ daß dich und mich/ und alle dinge traͤgt/ Wird widerumb von mir getragen und gehaͤgt. 140. Der Menſch iſt alle Dinge. Der Menſch iſt alle ding’: Jſts daß jhm eins gebricht/ So kennet er fuͤrwar ſein Reichthumb ſelber nicht. 141. Es ſind vil tauſendt Sonnen. Du ſprichſt im Firmament ſey eine Sonn’ allein Jch aber ſage/ daß vil tauſendt Sonnen ſeyn. 142. Je mehr man ſich ergiebt/ je mehr wird man geliebt. Warumb wird Seraphin von GOtte mehr geliebt Als eine Muͤk? Es iſt/ daß er ſich mehr ergiebt. 143. Die Selbheit die verdambt. Dafern der Teufel koͤnt’ auß ſeiner ſeinheit gehn/ So ſeheſtu jhn ſtraks in GOttes Throne ſtehn. 144. Der Schoͤpffer kans alleine. Was bildeſtu dir ein zu zehin der Sternenſchaar? Der Schoͤpffer iſts allein/ der ſie kan zehlen gar. 145. Jn dir iſt was du wilt. Der Himmel iſt in dir/ und auch der Hoͤllen Qual: Was du erkieſt und wilſt/ daß haſtu uͤberall. 146. Gott liebt nichts auſſer Chriſto. So lieb GOtt eine Seel in Chriſti glantz uñ Licht: So unlieb iſt ſie Jhm/ im fall’ er jhr gebricht. 147. Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk erschien 1675 in einer zweiten, um ei… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_schlussrime_1657
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_schlussrime_1657/43
Zitationshilfe: Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657, S. 39[37]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_schlussrime_1657/43>, abgerufen am 21.12.2024.