Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657.Johannis Angeli 91. Man sol für alles danken. Mensch so du Gott noch pflegst umb diß und daß zu- danken/ Bistu noch nicht versetzt auß deiner Schwachheit- schranken. 92. Wer gantz Vergöttet ist. Wer ist als wär' er nicht/ und wär' er nie geworden: Der ist (O seeligkeit!) zu lauter Gotte worden. 93. Jn sich hört man daß Wort. Wer in sich selber sitzt/ der höret GOttes Wort/ Vernein es wie du wilt/ auch ohne Zeit und Ort. 94. Die Demut. Die Demut ist der Grund/ der Dekkel/ und der schrein/ Jn dem die Tugenden stehn und beschlossen seyn. 95. Die Lauterkeit. Wann ich die Lauterkeit durch GOtt geworden bin/ So wend' ich mich umb GOtt zufinden nirgends hin. 96. Gott mag nichts ohne mich. GOtt mag nicht ohne mich ein eintzigs Würmlein machen: Erhalt' ichs nicht mit Jhm/ so muß es straks zukrachen. 97. Mit GOtt vereinigt seyn/ ist gut für Ewge Pein. Wer GOtt vereinigt ist/ den kan Er nicht verdammen/ Erstürtze sich dann selbst mit jhm in Tod und Flammen. 98. Der todte Wille herrscht. Dafern mein Will' ist todt/ so muß Gott waß ich wil: Jch schreib Jhm selber vor daß Muster und daß Zil. 99. Der Gelassenheit gilts gleiche. Jch lasse mich Gott gantz/ wil Er mir Leyden machen/ So wil ich Jhm so wol/ als ob den Frenden lachen. 100. Eins
Johannis Angeli 91. Man ſol fuͤr alles danken. Menſch ſo du Gott noch pflegſt umb diß und daß zu- danken/ Biſtu noch nicht verſetzt auß deiner Schwachheit- ſchranken. 92. Wer gantz Vergoͤttet iſt. Wer iſt als waͤr’ er nicht/ und waͤr’ er nie geworden: Der iſt (O ſeeligkeit!) zu lauter Gotte worden. 93. Jn ſich hoͤrt man daß Wort. Wer in ſich ſelber ſitzt/ der hoͤret GOttes Wort/ Vernein es wie du wilt/ auch ohne Zeit und Ort. 94. Die Demut. Die Demut iſt der Grund/ der Dekkel/ und der ſchrein/ Jn dem die Tugenden ſtehn und beſchloſſen ſeyn. 95. Die Lauterkeit. Wann ich die Lauterkeit durch GOtt geworden bin/ So wend’ ich mich umb GOtt zufinden nirgends hin. 96. Gott mag nichts ohne mich. GOtt mag nicht ohne mich ein eintzigs Wuͤrmlein machen: Eꝛhalt’ ichs nicht mit Jhm/ ſo muß es ſtraks zukrachen. 97. Mit GOtt vereinigt ſeyn/ iſt gut fuͤr Ewge Pein. Wer GOtt vereinigt iſt/ den kan Er nicht veꝛdam̃en/ Erſtuͤrtze ſich dann ſelbſt mit jhm in Tod und Flam̃en. 98. Der todte Wille herꝛſcht. Dafern mein Will’ iſt todt/ ſo muß Gott waß ich wil: Jch ſchreib Jhm ſelber vor daß Muſter und daß Zil. 99. Der Gelaſſenheit gilts gleiche. Jch laſſe mich Gott gantz/ wil Er mir Leyden machen/ So wil ich Jhm ſo wol/ als ob den Frenden lachen. 100. Eins
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Johannis Angeli
91. Man ſol fuͤr alles danken.
Menſch ſo du Gott noch pflegſt umb diß und daß zu-
danken/
Biſtu noch nicht verſetzt auß deiner Schwachheit-
ſchranken.
92. Wer gantz Vergoͤttet iſt.
Wer iſt als waͤr’ er nicht/ und waͤr’ er nie geworden:
Der iſt (O ſeeligkeit!) zu lauter Gotte worden.
93. Jn ſich hoͤrt man daß Wort.
Wer in ſich ſelber ſitzt/ der hoͤret GOttes Wort/
Vernein es wie du wilt/ auch ohne Zeit und Ort.
94. Die Demut.
Die Demut iſt der Grund/ der Dekkel/ und der ſchrein/
Jn dem die Tugenden ſtehn und beſchloſſen ſeyn.
95. Die Lauterkeit.
Wann ich die Lauterkeit durch GOtt geworden bin/
So wend’ ich mich umb GOtt zufinden nirgends hin.
96. Gott mag nichts ohne mich.
GOtt mag nicht ohne mich ein eintzigs Wuͤrmlein
machen:
Eꝛhalt’ ichs nicht mit Jhm/ ſo muß es ſtraks zukrachen.
97. Mit GOtt vereinigt ſeyn/ iſt
gut fuͤr Ewge Pein.
Wer GOtt vereinigt iſt/ den kan Er nicht veꝛdam̃en/
Erſtuͤrtze ſich dann ſelbſt mit jhm in Tod und Flam̃en.
98. Der todte Wille herꝛſcht.
Dafern mein Will’ iſt todt/ ſo muß Gott waß ich wil:
Jch ſchreib Jhm ſelber vor daß Muſter und daß Zil.
99. Der Gelaſſenheit gilts gleiche.
Jch laſſe mich Gott gantz/ wil Er mir Leyden machen/
So wil ich Jhm ſo wol/ als ob den Frenden lachen.
100. Eins
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