Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657.

Bild:
<< vorherige Seite
Fünfftes Buch.
35. GOtt kan mehr viel als wenig.
Nichts ist das Gott nicht kan. Hör Spötter auf zu-
lachen:
Er kan zwar keinen Gott/ wol aber Götter machen.
36. Viel Götter/ und nur einer. 1. Cor. 8. 5.
Ein einger Gott/ und viel/ wie stimbt daß über ein?
Gar schöne: Weil sie all' in einem Einer sein.
37. GOtt schaut auf den Grund.
Gott schätzt nicht was du guts/ nur wie du es gethan:
Er schaut die Früchte nicht/ nur kern und Wurtzel an.
38. GOtt bricht von Disteln Feigen.
GOtt liest von Dornen Wein/ von Disteln bricht er
Feigen/
Wenn er dein sündigs Hertz zur Busse komt zu neigen.
39. Die Seeligen sind nie satt.
Die Seelgen dürffen sich daß sie nie satt sind freun!
Es muß ein susser Durst/ und lieber Hunger seyn!
40. Christus ist wie ein Felß.
Wer sich an Christum stöst/ (er ist ein Felßenstein)
Zerschölt: wer ich ergreifft/ kan ewig sicher sein.
41. Je mehr erkandnüß je weniger ver-
standnüß
Je mehr du Gott erkennst/ je mehr wirstu bekennen/
Daß du je weniger Jhn/ waß er ist/ kanst nennen.
42. GOtt muß sich selber lieben.
Gott ist daß höchste Gutt/ er muß jhm selbst gefallen/
Sich selber auf sich kehrn/ sich lieben/ ehrn/ für allen.
43. Wie Gott so sehr gerecht.
Schan Gott ist so gerecht: Wär' etwas über jhn/
Er ehrt' es mehr als sich/ und kniete für dem hin.
44. Gott
G 5
Fuͤnfftes Buch.
35. GOtt kan mehr viel als wenig.
Nichts iſt das Gott nicht kan. Hoͤr Spoͤtter auf zu-
lachen:
Er kan zwar keinen Gott/ wol aber Goͤtter machen.
36. Viel Goͤtter/ uñ nur einer. 1. Cor. 8. 5.
Ein einger Gott/ und viel/ wie ſtimbt daß über ein?
Gar ſchoͤne: Weil ſie all’ in einem Einer ſein.
37. GOtt ſchaut auf den Grund.
Gott ſchaͤtzt nicht was du guts/ nur wie du es gethan:
Er ſchaut die Fruͤchte nicht/ nur kern und Wurtzel an.
38. GOtt bricht von Diſteln Feigen.
GOtt lieſt von Dornen Wein/ von Diſteln bricht er
Feigen/
Wenn er dein ſuͤndigs Hertz zur Buſſe komt zu neigen.
39. Die Seeligen ſind nie ſatt.
Die Seelgen duͤrffen ſich daß ſie nie ſatt ſind freun!
Es muß ein ſuſſer Durſt/ und lieber Hunger ſeyn!
40. Chriſtus iſt wie ein Felß.
Wer ſich an Chriſtum ſtoͤſt/ (er iſt ein Felßenſtein)
Zerſchoͤlt: wer ich ergreifft/ kan ewig ſicher ſein.
41. Je mehr erkandnuͤß je weniger ver-
ſtandnuͤß
Je mehr du Gott erkennſt/ je mehr wirſtu bekennen/
Daß du je weniger Jhn/ waß er iſt/ kanſt nennen.
42. GOtt muß ſich ſelber lieben.
Gott iſt daß hoͤchſte Gutt/ er muß jhm ſelbſt gefallen/
Sich ſelber auf ſich kehrn/ ſich lieben/ ehrn/ für allen.
43. Wie Gott ſo ſehr gerecht.
Schan Gott iſt ſo gerecht: Waͤr’ etwas uͤber jhn/
Er ehrt’ es mehr als ſich/ und kniete fuͤr dem hin.
44. Gott
G 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0157" n="153[151]"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Fu&#x0364;nfftes Buch.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">35. GOtt kan mehr viel als wenig.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Nichts i&#x017F;t das Gott nicht kan. Ho&#x0364;r Spo&#x0364;tter auf zu-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">lachen:</hi> </l><lb/>
            <l>Er kan zwar keinen Gott/ wol aber Go&#x0364;tter machen.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">36. Viel Go&#x0364;tter/ un&#x0303; nur einer. 1. Cor. 8. 5.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Ein einger Gott/ und viel/ wie &#x017F;timbt daß über ein?</l><lb/>
            <l>Gar &#x017F;cho&#x0364;ne: Weil &#x017F;ie all&#x2019; in einem Einer &#x017F;ein.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">37. GOtt &#x017F;chaut auf den Grund.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Gott &#x017F;cha&#x0364;tzt nicht was du guts/ nur wie du es gethan:</l><lb/>
            <l>Er &#x017F;chaut die Fru&#x0364;chte nicht/ nur kern und Wurtzel an.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">38. GOtt bricht von Di&#x017F;teln Feigen.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>GOtt lie&#x017F;t von Dornen Wein/ von Di&#x017F;teln bricht er</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Feigen/</hi> </l><lb/>
            <l>Wenn er dein &#x017F;u&#x0364;ndigs Hertz zur Bu&#x017F;&#x017F;e komt zu neigen.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">39. Die Seeligen &#x017F;ind nie &#x017F;att.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Die Seelgen du&#x0364;rffen &#x017F;ich daß &#x017F;ie nie &#x017F;att &#x017F;ind freun!</l><lb/>
            <l>Es muß ein &#x017F;u&#x017F;&#x017F;er Dur&#x017F;t/ und lieber Hunger &#x017F;eyn!</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">40. Chri&#x017F;tus i&#x017F;t wie ein Felß.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Wer &#x017F;ich an Chri&#x017F;tum &#x017F;to&#x0364;&#x017F;t/ (er i&#x017F;t ein Felßen&#x017F;tein)</l><lb/>
            <l>Zer&#x017F;cho&#x0364;lt: wer ich ergreifft/ kan ewig &#x017F;icher &#x017F;ein.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">41. Je mehr erkandnu&#x0364;ß je weniger ver-<lb/>
&#x017F;tandnu&#x0364;ß</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Je mehr du Gott erkenn&#x017F;t/ je mehr wir&#x017F;tu bekennen/</l><lb/>
            <l>Daß du je weniger Jhn/ waß er i&#x017F;t/ kan&#x017F;t nennen.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">42. GOtt muß &#x017F;ich &#x017F;elber lieben.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Gott i&#x017F;t daß ho&#x0364;ch&#x017F;te Gutt/ er muß jhm &#x017F;elb&#x017F;t gefallen/</l><lb/>
            <l>Sich &#x017F;elber auf &#x017F;ich kehrn/ &#x017F;ich lieben/ ehrn/ für allen.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">43. Wie Gott &#x017F;o &#x017F;ehr gerecht.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Schan Gott i&#x017F;t &#x017F;o gerecht: Wa&#x0364;r&#x2019; etwas u&#x0364;ber jhn/</l><lb/>
            <l>Er ehrt&#x2019; es mehr als &#x017F;ich/ und kniete fu&#x0364;r dem hin.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig"> <hi rendition="#b">G 5</hi> </fw>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">44. Gott</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[153[151]/0157] Fuͤnfftes Buch. 35. GOtt kan mehr viel als wenig. Nichts iſt das Gott nicht kan. Hoͤr Spoͤtter auf zu- lachen: Er kan zwar keinen Gott/ wol aber Goͤtter machen. 36. Viel Goͤtter/ uñ nur einer. 1. Cor. 8. 5. Ein einger Gott/ und viel/ wie ſtimbt daß über ein? Gar ſchoͤne: Weil ſie all’ in einem Einer ſein. 37. GOtt ſchaut auf den Grund. Gott ſchaͤtzt nicht was du guts/ nur wie du es gethan: Er ſchaut die Fruͤchte nicht/ nur kern und Wurtzel an. 38. GOtt bricht von Diſteln Feigen. GOtt lieſt von Dornen Wein/ von Diſteln bricht er Feigen/ Wenn er dein ſuͤndigs Hertz zur Buſſe komt zu neigen. 39. Die Seeligen ſind nie ſatt. Die Seelgen duͤrffen ſich daß ſie nie ſatt ſind freun! Es muß ein ſuſſer Durſt/ und lieber Hunger ſeyn! 40. Chriſtus iſt wie ein Felß. Wer ſich an Chriſtum ſtoͤſt/ (er iſt ein Felßenſtein) Zerſchoͤlt: wer ich ergreifft/ kan ewig ſicher ſein. 41. Je mehr erkandnuͤß je weniger ver- ſtandnuͤß Je mehr du Gott erkennſt/ je mehr wirſtu bekennen/ Daß du je weniger Jhn/ waß er iſt/ kanſt nennen. 42. GOtt muß ſich ſelber lieben. Gott iſt daß hoͤchſte Gutt/ er muß jhm ſelbſt gefallen/ Sich ſelber auf ſich kehrn/ ſich lieben/ ehrn/ für allen. 43. Wie Gott ſo ſehr gerecht. Schan Gott iſt ſo gerecht: Waͤr’ etwas uͤber jhn/ Er ehrt’ es mehr als ſich/ und kniete fuͤr dem hin. 44. Gott G 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk erschien 1675 in einer zweiten, um ei… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_schlussrime_1657
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_schlussrime_1657/157
Zitationshilfe: Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657, S. 153[151]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_schlussrime_1657/157>, abgerufen am 21.11.2024.