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Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863.

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Familie: Gadoidei.
der Fischkörper aufgehoben wurde, fielen beide selbst voneinander, so dass
ich nun die beiden sich vorhin deckenden Bauchflächen derselben ansichtig
wurde. Ich hatte also jetzt zwei abgesonderte Fische, und jenes häutige,
ringförmige Band als eine dreifache Beute vor mir liegen".

"Indem sich die beiden Bauchflächen dieser Fische beim Lösen des Ban-
des voneinander trennten, fiel mir der Umstand besonders auf, dass ihre bei-
derseitigen Harnblasen-(Geschlechts-)öfnungen eine solche gegenseitige (pag.7)
Lage zeigten, dass die Oefnung des einen Fisches auf die des andern, während
dem verbundenen Zustande musste gepasst haben". -- "Das abgestreifte Band
hatte da, wo es zuvor an den Seitenflächen und dem Rücken eines jeden
Fisches anlag, noch die vertieften Spuren seiner vorherigen anhaltenden Pres-
sung zurückgelassen und es konnte mir nun der Gedanke nicht entgehen:
dass vielleicht der Nutzen dieses merkwürdigen Bandes kein anderer sey, als
jene beiden Oefnungen der Fische genau zu vereinigen und aufeinander zu
drücken".

(pag. 9) "Das unverletzt abgelösste ringförmige Band nahm ich mit meinen
Fingern auf, und spannte es mittelst dreier durch dasselbe gesteckter Finger
meiner linken Hand gelinde aus, um seine Beschaffenheiten desto genauer
beachten zu können. Es war offenbar eine organische, als ein ringförmiges
Band gebildete ganze, unzerrissene Haut, durch kein sinnliches Merkmal
(eine mehrere Dicke ausgenommen) von der Haut dieser Fische selbst ver-
schieden, mit glatten abgerundeten Rändern, glatter äusserer und innerer
Oberfläche. Die äussere Oberfläche desselben war genau von eben der Farbe
und mit eben dem schlüpfrigmachenden Schleim überzogen, wie die Haut der
Fische selbst; die innere Oberfläche, die zuvor mit der Haut der Fische in
Berührung war, war weniger gefärbt, aschgrau und fast durchscheinend, so
dass ich durch sie die dunkle Farbe der äussern Fläche zu sehen glaubte.
Die Breite des Bandes mochte nicht ganz einen Zoll betragen, übrigens schie-
nen Breite und Dicke in dem ganzen Umfang desselben überall gleich gross.
Nirgends war eine Nath oder eine Spur von Vereinigung (pag. 10) zweier Enden
zu sehen, welches unfehlbar hätte der Fall seyn müssen, wenn der Zirkel, den
dieses Band bildete, durch Vereinigung beider Enden eines Längenbandes
wäre zusammengesetzt worden. Die Consistenz der Masse, woraus diese
Fischhaut bestand, war so weich, dass dieselbe sich wie nasses Papier biegen
und behandeln liess, doch hatte es so starken Zusammenhang seiner Theile,
dass ich es nicht ohne sehr merklichen Widerstand mit meinen Fingern zerriss".

Diese Beobachtungen, obgleich sie von Steinbuch in früheren Jugend-
jahren angestellt und erst später aus dem Gedächtnisse niedergeschrieben
wurden, sind mit so vielen Einzelnheiten erzählt, dass Steinbuch in der
Hauptsache sich gewiss nicht getäuscht haben konnte; die ganze von ihm
mitgetheilte höchst merkwürdige Geschichte durfte Steinbuch wohl mit Recht

Familie: Gadoidei.
der Fischkörper aufgehoben wurde, fielen beide selbst voneinander, so dass
ich nun die beiden sich vorhin deckenden Bauchflächen derselben ansichtig
wurde. Ich hatte also jetzt zwei abgesonderte Fische, und jenes häutige,
ringförmige Band als eine dreifache Beute vor mir liegen«.

»Indem sich die beiden Bauchflächen dieser Fische beim Lösen des Ban-
des voneinander trennten, fiel mir der Umstand besonders auf, dass ihre bei-
derseitigen Harnblasen-(Geschlechts-)öfnungen eine solche gegenseitige (pag.7)
Lage zeigten, dass die Oefnung des einen Fisches auf die des andern, während
dem verbundenen Zustande musste gepasst haben«. — »Das abgestreifte Band
hatte da, wo es zuvor an den Seitenflächen und dem Rücken eines jeden
Fisches anlag, noch die vertieften Spuren seiner vorherigen anhaltenden Pres-
sung zurückgelassen und es konnte mir nun der Gedanke nicht entgehen:
dass vielleicht der Nutzen dieses merkwürdigen Bandes kein anderer sey, als
jene beiden Oefnungen der Fische genau zu vereinigen und aufeinander zu
drücken«.

(pag. 9) »Das unverletzt abgelösste ringförmige Band nahm ich mit meinen
Fingern auf, und spannte es mittelst dreier durch dasselbe gesteckter Finger
meiner linken Hand gelinde aus, um seine Beschaffenheiten desto genauer
beachten zu können. Es war offenbar eine organische, als ein ringförmiges
Band gebildete ganze, unzerrissene Haut, durch kein sinnliches Merkmal
(eine mehrere Dicke ausgenommen) von der Haut dieser Fische selbst ver-
schieden, mit glatten abgerundeten Rändern, glatter äusserer und innerer
Oberfläche. Die äussere Oberfläche desselben war genau von eben der Farbe
und mit eben dem schlüpfrigmachenden Schleim überzogen, wie die Haut der
Fische selbst; die innere Oberfläche, die zuvor mit der Haut der Fische in
Berührung war, war weniger gefärbt, aschgrau und fast durchscheinend, so
dass ich durch sie die dunkle Farbe der äussern Fläche zu sehen glaubte.
Die Breite des Bandes mochte nicht ganz einen Zoll betragen, übrigens schie-
nen Breite und Dicke in dem ganzen Umfang desselben überall gleich gross.
Nirgends war eine Nath oder eine Spur von Vereinigung (pag. 10) zweier Enden
zu sehen, welches unfehlbar hätte der Fall seyn müssen, wenn der Zirkel, den
dieses Band bildete, durch Vereinigung beider Enden eines Längenbandes
wäre zusammengesetzt worden. Die Consistenz der Masse, woraus diese
Fischhaut bestand, war so weich, dass dieselbe sich wie nasses Papier biegen
und behandeln liess, doch hatte es so starken Zusammenhang seiner Theile,
dass ich es nicht ohne sehr merklichen Widerstand mit meinen Fingern zerriss«.

Diese Beobachtungen, obgleich sie von Steinbuch in früheren Jugend-
jahren angestellt und erst später aus dem Gedächtnisse niedergeschrieben
wurden, sind mit so vielen Einzelnheiten erzählt, dass Steinbuch in der
Hauptsache sich gewiss nicht getäuscht haben konnte; die ganze von ihm
mitgetheilte höchst merkwürdige Geschichte durfte Steinbuch wohl mit Recht

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[76/0089] Familie: Gadoidei. der Fischkörper aufgehoben wurde, fielen beide selbst voneinander, so dass ich nun die beiden sich vorhin deckenden Bauchflächen derselben ansichtig wurde. Ich hatte also jetzt zwei abgesonderte Fische, und jenes häutige, ringförmige Band als eine dreifache Beute vor mir liegen«. »Indem sich die beiden Bauchflächen dieser Fische beim Lösen des Ban- des voneinander trennten, fiel mir der Umstand besonders auf, dass ihre bei- derseitigen Harnblasen-(Geschlechts-)öfnungen eine solche gegenseitige (pag.7) Lage zeigten, dass die Oefnung des einen Fisches auf die des andern, während dem verbundenen Zustande musste gepasst haben«. — »Das abgestreifte Band hatte da, wo es zuvor an den Seitenflächen und dem Rücken eines jeden Fisches anlag, noch die vertieften Spuren seiner vorherigen anhaltenden Pres- sung zurückgelassen und es konnte mir nun der Gedanke nicht entgehen: dass vielleicht der Nutzen dieses merkwürdigen Bandes kein anderer sey, als jene beiden Oefnungen der Fische genau zu vereinigen und aufeinander zu drücken«. (pag. 9) »Das unverletzt abgelösste ringförmige Band nahm ich mit meinen Fingern auf, und spannte es mittelst dreier durch dasselbe gesteckter Finger meiner linken Hand gelinde aus, um seine Beschaffenheiten desto genauer beachten zu können. Es war offenbar eine organische, als ein ringförmiges Band gebildete ganze, unzerrissene Haut, durch kein sinnliches Merkmal (eine mehrere Dicke ausgenommen) von der Haut dieser Fische selbst ver- schieden, mit glatten abgerundeten Rändern, glatter äusserer und innerer Oberfläche. Die äussere Oberfläche desselben war genau von eben der Farbe und mit eben dem schlüpfrigmachenden Schleim überzogen, wie die Haut der Fische selbst; die innere Oberfläche, die zuvor mit der Haut der Fische in Berührung war, war weniger gefärbt, aschgrau und fast durchscheinend, so dass ich durch sie die dunkle Farbe der äussern Fläche zu sehen glaubte. Die Breite des Bandes mochte nicht ganz einen Zoll betragen, übrigens schie- nen Breite und Dicke in dem ganzen Umfang desselben überall gleich gross. Nirgends war eine Nath oder eine Spur von Vereinigung (pag. 10) zweier Enden zu sehen, welches unfehlbar hätte der Fall seyn müssen, wenn der Zirkel, den dieses Band bildete, durch Vereinigung beider Enden eines Längenbandes wäre zusammengesetzt worden. Die Consistenz der Masse, woraus diese Fischhaut bestand, war so weich, dass dieselbe sich wie nasses Papier biegen und behandeln liess, doch hatte es so starken Zusammenhang seiner Theile, dass ich es nicht ohne sehr merklichen Widerstand mit meinen Fingern zerriss«. Diese Beobachtungen, obgleich sie von Steinbuch in früheren Jugend- jahren angestellt und erst später aus dem Gedächtnisse niedergeschrieben wurden, sind mit so vielen Einzelnheiten erzählt, dass Steinbuch in der Hauptsache sich gewiss nicht getäuscht haben konnte; die ganze von ihm mitgetheilte höchst merkwürdige Geschichte durfte Steinbuch wohl mit Recht

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Zitationshilfe: Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/89>, abgerufen am 26.04.2024.