Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863.

Bild:
<< vorherige Seite

Familie: Cyprinoidei.
Verlaufe der beiden Seitenlinien, worauf Bloch Gewicht gelegt hat, bieten,
was schon von Ekström hervorgehoben worden ist, keine constante Unter-
scheidungsmerkmale dar. Ich füge noch hinzu, dass die Entwicklung der Sei-
tenlinien bei den See- und Teichkarauschen ganz besonderen Schwankun-
gen unterworfen ist, und dass sich dieselbe, namentlich bei den gestreckten
Karauschenformen, sehr häufig mehr oder weniger unterbrochen zeigt, ja so-
gar bis auf ein Paar Schuppen ganz verschwunden erscheint1). Meines Wis-
sens hat bisher niemand auf diese Erscheinung geachtet, nur Nau (Nr. 45:
pag. 60) ist dieselbe nicht entgangen, da er bei der Beschreibung des Cypri-
nus Carassius
ausdrücklich sagt: "man kann zur charakteristischen Bestim-
mung die gerade Seitenlinie nicht wohl hinzusetzen, weil sie bei manchen
Fischen dieser Art gar nicht sichtbar ist".

Die auffallendsten Veränderungen bei der Umwandlung der Seekarau-
schen in Teichkarauschen gehen mit der Körperhöhe vor, indem die bei den
echten Seekarauschen oft schon hinter der Schnauze beginnende Hochrückig-
keit vollständig schwinden kann. Sehr beachtenswerth erscheint dabei der
von Ekström schon hervorgehobene Umstand2) dass in demselben Verhält-
nisse, in welchem der Körper an Höhe abnimmt, die Grösse des Kopfes zu-
nimmt. Auch die Physiognomie des ganzen Kopfes ist eine sehr wandelbare.
Bei den hochrückigen Seekarauschen beginnt zuweilen die Steilheit des
Rückens erst hinter dem Scheitel, wobei der letztere zugleich wie eingedrückt
erscheint, und an der Schnauze zeigt sich der oberhalb der Mundspalte ge-
legene Theil mehr oder weniger angeschwollen. Bei den gestreckten Teich-
karauschen dagegen ist die Mundspalte oft sehr stark nach oben gerichtet,

[Abbildung]
[Abbildung] Fig. 5.


Carassius vulgaris var. humilis.

1) Es scheint, als ob die mangelhafte Entwicklung und das fast gänzliche Verschwin-
den der Seitenlinien am häufigsten bei denjenigen Varietäten der Karausche wahrgenom-
men werden kann, welche in kleinen Tümpeln und sumpfigen Gewässern zur Entwicklung
kommen.
2) A. a. O. in der Isis. pag. 147.

Familie: Cyprinoidei.
Verlaufe der beiden Seitenlinien, worauf Bloch Gewicht gelegt hat, bieten,
was schon von Ekström hervorgehoben worden ist, keine constante Unter-
scheidungsmerkmale dar. Ich füge noch hinzu, dass die Entwicklung der Sei-
tenlinien bei den See- und Teichkarauschen ganz besonderen Schwankun-
gen unterworfen ist, und dass sich dieselbe, namentlich bei den gestreckten
Karauschenformen, sehr häufig mehr oder weniger unterbrochen zeigt, ja so-
gar bis auf ein Paar Schuppen ganz verschwunden erscheint1). Meines Wis-
sens hat bisher niemand auf diese Erscheinung geachtet, nur Nau (Nr. 45:
pag. 60) ist dieselbe nicht entgangen, da er bei der Beschreibung des Cypri-
nus Carassius
ausdrücklich sagt: »man kann zur charakteristischen Bestim-
mung die gerade Seitenlinie nicht wohl hinzusetzen, weil sie bei manchen
Fischen dieser Art gar nicht sichtbar ist«.

Die auffallendsten Veränderungen bei der Umwandlung der Seekarau-
schen in Teichkarauschen gehen mit der Körperhöhe vor, indem die bei den
echten Seekarauschen oft schon hinter der Schnauze beginnende Hochrückig-
keit vollständig schwinden kann. Sehr beachtenswerth erscheint dabei der
von Ekström schon hervorgehobene Umstand2) dass in demselben Verhält-
nisse, in welchem der Körper an Höhe abnimmt, die Grösse des Kopfes zu-
nimmt. Auch die Physiognomie des ganzen Kopfes ist eine sehr wandelbare.
Bei den hochrückigen Seekarauschen beginnt zuweilen die Steilheit des
Rückens erst hinter dem Scheitel, wobei der letztere zugleich wie eingedrückt
erscheint, und an der Schnauze zeigt sich der oberhalb der Mundspalte ge-
legene Theil mehr oder weniger angeschwollen. Bei den gestreckten Teich-
karauschen dagegen ist die Mundspalte oft sehr stark nach oben gerichtet,

[Abbildung]
[Abbildung] Fig. 5.


Carassius vulgaris var. humilis.

1) Es scheint, als ob die mangelhafte Entwicklung und das fast gänzliche Verschwin-
den der Seitenlinien am häufigsten bei denjenigen Varietäten der Karausche wahrgenom-
men werden kann, welche in kleinen Tümpeln und sumpfigen Gewässern zur Entwicklung
kommen.
2) A. a. O. in der Isis. pag. 147.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0115" n="102"/><fw place="top" type="header">Familie: Cyprinoidei.</fw><lb/>
Verlaufe der beiden Seitenlinien, worauf <hi rendition="#k">Bloch</hi> Gewicht gelegt hat, bieten,<lb/>
was schon von <hi rendition="#k">Ekström</hi> hervorgehoben worden ist, keine constante Unter-<lb/>
scheidungsmerkmale dar. Ich füge noch hinzu, dass die Entwicklung der Sei-<lb/>
tenlinien bei den See- und Teichkarauschen ganz besonderen Schwankun-<lb/>
gen unterworfen ist, und dass sich dieselbe, namentlich bei den gestreckten<lb/>
Karauschenformen, sehr häufig mehr oder weniger unterbrochen zeigt, ja so-<lb/>
gar bis auf ein Paar Schuppen ganz verschwunden erscheint<note place="foot" n="1)">Es scheint, als ob die mangelhafte Entwicklung und das fast gänzliche Verschwin-<lb/>
den der Seitenlinien am häufigsten bei denjenigen Varietäten der Karausche wahrgenom-<lb/>
men werden kann, welche in kleinen Tümpeln und sumpfigen Gewässern zur Entwicklung<lb/>
kommen.</note>. Meines Wis-<lb/>
sens hat bisher niemand auf diese Erscheinung geachtet, nur <hi rendition="#k">Nau</hi> (Nr. 45:<lb/>
pag. 60) ist dieselbe nicht entgangen, da er bei der Beschreibung des <hi rendition="#i">Cypri-<lb/>
nus Carassius</hi> ausdrücklich sagt: »man kann zur charakteristischen Bestim-<lb/>
mung die gerade Seitenlinie nicht wohl hinzusetzen, weil sie bei manchen<lb/>
Fischen dieser Art gar nicht sichtbar ist«.</p><lb/>
                <p>Die auffallendsten Veränderungen bei der Umwandlung der Seekarau-<lb/>
schen in Teichkarauschen gehen mit der Körperhöhe vor, indem die bei den<lb/>
echten Seekarauschen oft schon hinter der Schnauze beginnende Hochrückig-<lb/>
keit vollständig schwinden kann. Sehr beachtenswerth erscheint dabei der<lb/>
von <hi rendition="#k">Ekström</hi> schon hervorgehobene Umstand<note place="foot" n="2)">A. a. O. in der Isis. pag. 147.</note> dass in demselben Verhält-<lb/>
nisse, in welchem der Körper an Höhe abnimmt, die Grösse des Kopfes zu-<lb/>
nimmt. Auch die Physiognomie des ganzen Kopfes ist eine sehr wandelbare.<lb/>
Bei den hochrückigen Seekarauschen beginnt zuweilen die Steilheit des<lb/>
Rückens erst hinter dem Scheitel, wobei der letztere zugleich wie eingedrückt<lb/>
erscheint, und an der Schnauze zeigt sich der oberhalb der Mundspalte ge-<lb/>
legene Theil mehr oder weniger angeschwollen. Bei den gestreckten Teich-<lb/>
karauschen dagegen ist die Mundspalte oft sehr stark nach oben gerichtet,<lb/><figure/> <figure><head>Fig. 5.</head><p><lb/><hi rendition="#i">Carassius vulgaris var. humilis.</hi></p></figure><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[102/0115] Familie: Cyprinoidei. Verlaufe der beiden Seitenlinien, worauf Bloch Gewicht gelegt hat, bieten, was schon von Ekström hervorgehoben worden ist, keine constante Unter- scheidungsmerkmale dar. Ich füge noch hinzu, dass die Entwicklung der Sei- tenlinien bei den See- und Teichkarauschen ganz besonderen Schwankun- gen unterworfen ist, und dass sich dieselbe, namentlich bei den gestreckten Karauschenformen, sehr häufig mehr oder weniger unterbrochen zeigt, ja so- gar bis auf ein Paar Schuppen ganz verschwunden erscheint 1). Meines Wis- sens hat bisher niemand auf diese Erscheinung geachtet, nur Nau (Nr. 45: pag. 60) ist dieselbe nicht entgangen, da er bei der Beschreibung des Cypri- nus Carassius ausdrücklich sagt: »man kann zur charakteristischen Bestim- mung die gerade Seitenlinie nicht wohl hinzusetzen, weil sie bei manchen Fischen dieser Art gar nicht sichtbar ist«. Die auffallendsten Veränderungen bei der Umwandlung der Seekarau- schen in Teichkarauschen gehen mit der Körperhöhe vor, indem die bei den echten Seekarauschen oft schon hinter der Schnauze beginnende Hochrückig- keit vollständig schwinden kann. Sehr beachtenswerth erscheint dabei der von Ekström schon hervorgehobene Umstand 2) dass in demselben Verhält- nisse, in welchem der Körper an Höhe abnimmt, die Grösse des Kopfes zu- nimmt. Auch die Physiognomie des ganzen Kopfes ist eine sehr wandelbare. Bei den hochrückigen Seekarauschen beginnt zuweilen die Steilheit des Rückens erst hinter dem Scheitel, wobei der letztere zugleich wie eingedrückt erscheint, und an der Schnauze zeigt sich der oberhalb der Mundspalte ge- legene Theil mehr oder weniger angeschwollen. Bei den gestreckten Teich- karauschen dagegen ist die Mundspalte oft sehr stark nach oben gerichtet, [Abbildung] [Abbildung Fig. 5. Carassius vulgaris var. humilis.] 1) Es scheint, als ob die mangelhafte Entwicklung und das fast gänzliche Verschwin- den der Seitenlinien am häufigsten bei denjenigen Varietäten der Karausche wahrgenom- men werden kann, welche in kleinen Tümpeln und sumpfigen Gewässern zur Entwicklung kommen. 2) A. a. O. in der Isis. pag. 147.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/115
Zitationshilfe: Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/115>, abgerufen am 26.04.2024.