Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861.

Bild:
<< vorherige Seite
Begriff des Kindbettfiebers.

Gestützt auf Erfahrungen, welche ich innerhalb 15 Jah-
ren an drei verschiedenen Anstalten, welche sämmtlich vom
Kindbettfieber in hohem Grade heimgesucht waren, gesam-
melt habe, halte ich das Kindbettfieber, keinen einzigen Fall
ausgenommen, für ein Resorbtionsfieber, bedingt durch die
Resorbtion eines zersetzten thierisch-organischen Stoffes, die
erste Folge der Resorbtion ist die Blutentmischung, Folgen
der Blutentmischung sind die Exsudationen.

Der zersetzte thierisch-organische Stoff, welcher, resor-
birt, das Kindbettfieber hervorruft, wird in der überwiegend
grössten Mehrzahl der Fälle den Individuen von aussen beige-
bracht, und das ist die Infection von aussen; das sind die
Fälle, welche die Kindbettfieber-Epidemien darstellen, das
sind die Fälle, welche verhütet werden können.

In seltenen Fällen wird der zersetzte thierisch-organische
Stoff, welcher resorbirt das Kindbettfieber hervorruft, inner-
halb der Grenzen des ergriffenen Organismus erzeugt, und
das sind die Fälle von Selbstinfection, und diese Fälle können
nicht alle verhütet werden.

Die Quelle, woher der zersetzte thierisch-organische
Stoff genommen wird, welcher, von aussen den Individuen bei-
gebracht, das Kindbettfieber erzeugt, ist die Leiche jeden
Alters, jeden Geschlechtes, ohne Rücksicht auf die vorausge-
gangene Krankheit, ohne Rücksicht ob es die Leiche einer
Wöchnerin oder einer Nichtwöchnerin ist, nur der Grad
der Fäulniss kommt bei der Leiche in Betracht.

Begriff des Kindbettfiebers.

Gestützt auf Erfahrungen, welche ich innerhalb 15 Jah-
ren an drei verschiedenen Anstalten, welche sämmtlich vom
Kindbettfieber in hohem Grade heimgesucht waren, gesam-
melt habe, halte ich das Kindbettfieber, keinen einzigen Fall
ausgenommen, für ein Resorbtionsfieber, bedingt durch die
Resorbtion eines zersetzten thierisch-organischen Stoffes, die
erste Folge der Resorbtion ist die Blutentmischung, Folgen
der Blutentmischung sind die Exsudationen.

Der zersetzte thierisch-organische Stoff, welcher, resor-
birt, das Kindbettfieber hervorruft, wird in der überwiegend
grössten Mehrzahl der Fälle den Individuen von aussen beige-
bracht, und das ist die Infection von aussen; das sind die
Fälle, welche die Kindbettfieber-Epidemien darstellen, das
sind die Fälle, welche verhütet werden können.

In seltenen Fällen wird der zersetzte thierisch-organische
Stoff, welcher resorbirt das Kindbettfieber hervorruft, inner-
halb der Grenzen des ergriffenen Organismus erzeugt, und
das sind die Fälle von Selbstinfection, und diese Fälle können
nicht alle verhütet werden.

Die Quelle, woher der zersetzte thierisch-organische
Stoff genommen wird, welcher, von aussen den Individuen bei-
gebracht, das Kindbettfieber erzeugt, ist die Leiche jeden
Alters, jeden Geschlechtes, ohne Rücksicht auf die vorausge-
gangene Krankheit, ohne Rücksicht ob es die Leiche einer
Wöchnerin oder einer Nichtwöchnerin ist, nur der Grad
der Fäulniss kommt bei der Leiche in Betracht.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0114" n="[102]"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Begriff des Kindbettfiebers.</hi> </head><lb/>
        <p>Gestützt auf Erfahrungen, welche ich innerhalb 15 Jah-<lb/>
ren an drei verschiedenen Anstalten, welche sämmtlich vom<lb/>
Kindbettfieber in hohem Grade heimgesucht waren, gesam-<lb/>
melt habe, halte ich das Kindbettfieber, keinen einzigen Fall<lb/>
ausgenommen, für ein Resorbtionsfieber, bedingt durch die<lb/>
Resorbtion eines zersetzten thierisch-organischen Stoffes, die<lb/>
erste Folge der Resorbtion ist die Blutentmischung, Folgen<lb/>
der Blutentmischung sind die Exsudationen.</p><lb/>
        <p>Der zersetzte thierisch-organische Stoff, welcher, resor-<lb/>
birt, das Kindbettfieber hervorruft, wird in der überwiegend<lb/>
grössten Mehrzahl der Fälle den Individuen von aussen beige-<lb/>
bracht, und das ist die Infection von aussen; das sind die<lb/>
Fälle, welche die Kindbettfieber-Epidemien darstellen, das<lb/>
sind die Fälle, welche verhütet werden können.</p><lb/>
        <p>In seltenen Fällen wird der zersetzte thierisch-organische<lb/>
Stoff, welcher resorbirt das Kindbettfieber hervorruft, inner-<lb/>
halb der Grenzen des ergriffenen Organismus erzeugt, und<lb/>
das sind die Fälle von Selbstinfection, und diese Fälle können<lb/>
nicht alle verhütet werden.</p><lb/>
        <p>Die Quelle, woher der zersetzte thierisch-organische<lb/>
Stoff genommen wird, welcher, von aussen den Individuen bei-<lb/>
gebracht, das Kindbettfieber erzeugt, ist die Leiche jeden<lb/>
Alters, jeden Geschlechtes, ohne Rücksicht auf die vorausge-<lb/>
gangene Krankheit, ohne Rücksicht ob es die Leiche einer<lb/>
Wöchnerin oder einer Nichtwöchnerin ist, nur der Grad<lb/>
der Fäulniss kommt bei der Leiche in Betracht.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[102]/0114] Begriff des Kindbettfiebers. Gestützt auf Erfahrungen, welche ich innerhalb 15 Jah- ren an drei verschiedenen Anstalten, welche sämmtlich vom Kindbettfieber in hohem Grade heimgesucht waren, gesam- melt habe, halte ich das Kindbettfieber, keinen einzigen Fall ausgenommen, für ein Resorbtionsfieber, bedingt durch die Resorbtion eines zersetzten thierisch-organischen Stoffes, die erste Folge der Resorbtion ist die Blutentmischung, Folgen der Blutentmischung sind die Exsudationen. Der zersetzte thierisch-organische Stoff, welcher, resor- birt, das Kindbettfieber hervorruft, wird in der überwiegend grössten Mehrzahl der Fälle den Individuen von aussen beige- bracht, und das ist die Infection von aussen; das sind die Fälle, welche die Kindbettfieber-Epidemien darstellen, das sind die Fälle, welche verhütet werden können. In seltenen Fällen wird der zersetzte thierisch-organische Stoff, welcher resorbirt das Kindbettfieber hervorruft, inner- halb der Grenzen des ergriffenen Organismus erzeugt, und das sind die Fälle von Selbstinfection, und diese Fälle können nicht alle verhütet werden. Die Quelle, woher der zersetzte thierisch-organische Stoff genommen wird, welcher, von aussen den Individuen bei- gebracht, das Kindbettfieber erzeugt, ist die Leiche jeden Alters, jeden Geschlechtes, ohne Rücksicht auf die vorausge- gangene Krankheit, ohne Rücksicht ob es die Leiche einer Wöchnerin oder einer Nichtwöchnerin ist, nur der Grad der Fäulniss kommt bei der Leiche in Betracht.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/114
Zitationshilfe: Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. [102]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/114>, abgerufen am 21.11.2024.