haschen. Das ist nicht wahr; im Gegentheil: wir sind stark -- das Zusammen- wirken von Kraft und Energie, wie sie sich in den universellen Werken der Technik bethätigen, bezeugen, daß das Menschengeschlecht über einen Ueberschuß von posi- tiver Leistung verfügt, vor welchem aller verfeinerte Culturdusel in Nichts zerfließt.
Sehen wir nun zu, wie es in dieser kraftvollen Welt der Technik aussieht, an den großen Arbeitsstätten, auf denen die menschliche Energie ihre Triumphe feiert.
Die Krupp'sche Gußstahlfabrik.
Unter allen dem Eisengewerbe dienenden industriellen Etablissements hat im Laufe der Zeiten keines sich zu so hohem Ansehen -- ja, zu Weltruhm -- empor- gehoben, als die Krupp'sche Gußstahlfabrik. Die Geschichte dieses Unternehmens ist bezeichnend für die unbeugsame Energie und die unwandelbare Zuversicht eines Mannes, der unter den schwierigsten Verhältnissen seine Thätigkeit begann und in langem Ringen an das erhoffte Ziel gelangte.
Dieser Mann war Alfred Krupp, dessen Standbild in der ansehnlichen Stadt Essen vor dem Rathhause steht. Der Begründer des Unternehmens war Alfreds Vater, Friedrich, der im Jahre 1823 ein unansehnliches Häuschen bezog, das gegenwärtig inmitten der großartigen Anlagen wie ein ehrwürdiger Zeuge eines mehr als bescheidenen Anfanges steht. Ein ununterbrochen der Arbeit ge- widmetes Leben rieb sich hier im Kampfe um eine Idee auf -- um die Erfindung der Gußstahlfabrication. Als man am 28. October 1828 Friedrich Krupp zu Grabe trug, trauerten kaum ein Dutzend Arbeiter an der Bahre des Hingeschiedenen. Der Erbe seiner Sorgen und Kämpfe war der jugendliche Alfred. Er stand, gleich seinem Vater, noch am Anfange eines zu schaffenden Werkes, des Eifers voll, aber ohne des alles Schaffen beschwingenden Elementes, d. i. der Hoffnung auf endliches Gelingen. Alfred Krupp hat diesem Sachverhalt in einer Art von geistigem Testament Ausdruck gegeben, in einem Briefe an seine Verwaltung, in welchem zugleich die Bestimmung getroffen wurde, daß das kleine Stammhaus in seinem ursprünglichen Zustande erhalten bleibe -- so lange also die Fabrik besteht ... "und daß meine Nachfolger, wie ich, mit Freude hinblicken werden auf dieses Denkmal, diesen Ursprung des großen Werkes. Das Haus und seine Geschichte mag dem Zaghaften Muth geben und ihm Beharrlichkeit einflößen, es möge warnen, das Geringste zu verachten, und vor Hochmuth bewahren."
Als Alfred Krupp am 15. Juli 1887 nach mehr als sechzigjährigem selbstständigen Wirken das Zeitliche segnete, war ein Titan, ein eiserner Mann im vollsten Wortsinne aus dem Leben geschieden. Und wie stand nun das auf seine jetzige Höhe gebrachte Werk da! Aus dem Dutzend Arbeitern war eine Armee -- 45.000 Arbeiter und Beamte mit deren Familiengliedern -- geworden. Die Stadt Essen selbst, welche zur Zeit Friedrich Krupp's nur wenige Tausend Seelen zählte, hat inzwischen das erste Hunderttausend überschritten, und die Zahl aller in Krupp'schen Diensten Stehenden hat die unglaubliche Höhe von 75.000 erreicht.
Erſter Abſchnitt.
haſchen. Das iſt nicht wahr; im Gegentheil: wir ſind ſtark — das Zuſammen- wirken von Kraft und Energie, wie ſie ſich in den univerſellen Werken der Technik bethätigen, bezeugen, daß das Menſchengeſchlecht über einen Ueberſchuß von poſi- tiver Leiſtung verfügt, vor welchem aller verfeinerte Culturduſel in Nichts zerfließt.
Sehen wir nun zu, wie es in dieſer kraftvollen Welt der Technik ausſieht, an den großen Arbeitsſtätten, auf denen die menſchliche Energie ihre Triumphe feiert.
Die Krupp'ſche Gußſtahlfabrik.
Unter allen dem Eiſengewerbe dienenden induſtriellen Etabliſſements hat im Laufe der Zeiten keines ſich zu ſo hohem Anſehen — ja, zu Weltruhm — empor- gehoben, als die Krupp'ſche Gußſtahlfabrik. Die Geſchichte dieſes Unternehmens iſt bezeichnend für die unbeugſame Energie und die unwandelbare Zuverſicht eines Mannes, der unter den ſchwierigſten Verhältniſſen ſeine Thätigkeit begann und in langem Ringen an das erhoffte Ziel gelangte.
Dieſer Mann war Alfred Krupp, deſſen Standbild in der anſehnlichen Stadt Eſſen vor dem Rathhauſe ſteht. Der Begründer des Unternehmens war Alfreds Vater, Friedrich, der im Jahre 1823 ein unanſehnliches Häuschen bezog, das gegenwärtig inmitten der großartigen Anlagen wie ein ehrwürdiger Zeuge eines mehr als beſcheidenen Anfanges ſteht. Ein ununterbrochen der Arbeit ge- widmetes Leben rieb ſich hier im Kampfe um eine Idee auf — um die Erfindung der Gußſtahlfabrication. Als man am 28. October 1828 Friedrich Krupp zu Grabe trug, trauerten kaum ein Dutzend Arbeiter an der Bahre des Hingeſchiedenen. Der Erbe ſeiner Sorgen und Kämpfe war der jugendliche Alfred. Er ſtand, gleich ſeinem Vater, noch am Anfange eines zu ſchaffenden Werkes, des Eifers voll, aber ohne des alles Schaffen beſchwingenden Elementes, d. i. der Hoffnung auf endliches Gelingen. Alfred Krupp hat dieſem Sachverhalt in einer Art von geiſtigem Teſtament Ausdruck gegeben, in einem Briefe an ſeine Verwaltung, in welchem zugleich die Beſtimmung getroffen wurde, daß das kleine Stammhaus in ſeinem urſprünglichen Zuſtande erhalten bleibe — ſo lange alſo die Fabrik beſteht ... »und daß meine Nachfolger, wie ich, mit Freude hinblicken werden auf dieſes Denkmal, dieſen Urſprung des großen Werkes. Das Haus und ſeine Geſchichte mag dem Zaghaften Muth geben und ihm Beharrlichkeit einflößen, es möge warnen, das Geringſte zu verachten, und vor Hochmuth bewahren.«
Als Alfred Krupp am 15. Juli 1887 nach mehr als ſechzigjährigem ſelbſtſtändigen Wirken das Zeitliche ſegnete, war ein Titan, ein eiſerner Mann im vollſten Wortſinne aus dem Leben geſchieden. Und wie ſtand nun das auf ſeine jetzige Höhe gebrachte Werk da! Aus dem Dutzend Arbeitern war eine Armee — 45.000 Arbeiter und Beamte mit deren Familiengliedern — geworden. Die Stadt Eſſen ſelbſt, welche zur Zeit Friedrich Krupp's nur wenige Tauſend Seelen zählte, hat inzwiſchen das erſte Hunderttauſend überſchritten, und die Zahl aller in Krupp'ſchen Dienſten Stehenden hat die unglaubliche Höhe von 75.000 erreicht.
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bethätigen, bezeugen, daß das Menſchengeſchlecht über einen Ueberſchuß von poſi-
tiver Leiſtung verfügt, vor welchem aller verfeinerte Culturduſel in Nichts zerfließt.
Sehen wir nun zu, wie es in dieſer kraftvollen Welt der Technik ausſieht,
an den großen Arbeitsſtätten, auf denen die menſchliche Energie ihre Triumphe feiert.
Die Krupp'ſche Gußſtahlfabrik.
Unter allen dem Eiſengewerbe dienenden induſtriellen Etabliſſements hat im
Laufe der Zeiten keines ſich zu ſo hohem Anſehen — ja, zu Weltruhm — empor-
gehoben, als die Krupp'ſche Gußſtahlfabrik. Die Geſchichte dieſes Unternehmens iſt
bezeichnend für die unbeugſame Energie und die unwandelbare Zuverſicht eines
Mannes, der unter den ſchwierigſten Verhältniſſen ſeine Thätigkeit begann und in
langem Ringen an das erhoffte Ziel gelangte.
Dieſer Mann war Alfred Krupp, deſſen Standbild in der anſehnlichen
Stadt Eſſen vor dem Rathhauſe ſteht. Der Begründer des Unternehmens war
Alfreds Vater, Friedrich, der im Jahre 1823 ein unanſehnliches Häuschen bezog,
das gegenwärtig inmitten der großartigen Anlagen wie ein ehrwürdiger Zeuge
eines mehr als beſcheidenen Anfanges ſteht. Ein ununterbrochen der Arbeit ge-
widmetes Leben rieb ſich hier im Kampfe um eine Idee auf — um die Erfindung
der Gußſtahlfabrication. Als man am 28. October 1828 Friedrich Krupp zu Grabe
trug, trauerten kaum ein Dutzend Arbeiter an der Bahre des Hingeſchiedenen. Der
Erbe ſeiner Sorgen und Kämpfe war der jugendliche Alfred. Er ſtand, gleich ſeinem
Vater, noch am Anfange eines zu ſchaffenden Werkes, des Eifers voll, aber ohne
des alles Schaffen beſchwingenden Elementes, d. i. der Hoffnung auf endliches
Gelingen. Alfred Krupp hat dieſem Sachverhalt in einer Art von geiſtigem
Teſtament Ausdruck gegeben, in einem Briefe an ſeine Verwaltung, in welchem
zugleich die Beſtimmung getroffen wurde, daß das kleine Stammhaus in ſeinem
urſprünglichen Zuſtande erhalten bleibe — ſo lange alſo die Fabrik beſteht ...
»und daß meine Nachfolger, wie ich, mit Freude hinblicken werden auf dieſes
Denkmal, dieſen Urſprung des großen Werkes. Das Haus und ſeine Geſchichte
mag dem Zaghaften Muth geben und ihm Beharrlichkeit einflößen, es möge warnen,
das Geringſte zu verachten, und vor Hochmuth bewahren.«
Als Alfred Krupp am 15. Juli 1887 nach mehr als ſechzigjährigem
ſelbſtſtändigen Wirken das Zeitliche ſegnete, war ein Titan, ein eiſerner Mann im
vollſten Wortſinne aus dem Leben geſchieden. Und wie ſtand nun das auf ſeine
jetzige Höhe gebrachte Werk da! Aus dem Dutzend Arbeitern war eine Armee —
45.000 Arbeiter und Beamte mit deren Familiengliedern — geworden. Die Stadt
Eſſen ſelbſt, welche zur Zeit Friedrich Krupp's nur wenige Tauſend Seelen
zählte, hat inzwiſchen das erſte Hunderttauſend überſchritten, und die Zahl aller
in Krupp'ſchen Dienſten Stehenden hat die unglaubliche Höhe von 75.000 erreicht.
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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/162>, abgerufen am 03.12.2024.
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