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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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B. Zweiter (spezieller) Teil.
bauten im Bedarfsfalle auch die Expropriation des nötigen Geländes
zulässig.

Während des lezten Dezenniums sind zu den bis dahin innerhalb
des Waldes üblichen Transportmitteln noch die Eisenbahnen hinzu-
gekommen und haben rasch eine früher ungeahnte Bedeutung erlangt.
Anfangs nur durch die Schwerkraft oder Menschenhand, bald auch
durch Pferde betrieben, sind nunmehr auch bereits in verschiedenen
grossen Waldgebieten Eisenbahnen mit Lokomotivbetriebe im Gange, und
binnen kurzem wird wohl auch hier die Elektrizität ihren sieg-
reichen Einzug halten.

Die Waldeisenbahnen sind da von besonderer Bedeutung, wo es
sich um den Transport beträchtlicher Holzmassen nach einer be-
stimmten
Richtung handelt.

In Deutschland liegen solche Bedingungen namentlich nach grossen
Kalamitäten vor. So sind zur Bewältigung der durch den Sturm vom
30. März 1892 in den elsass-lothringischen Oberförstereien Alberschweiler
und St. Quirin geworfenen Holzmassen von nahezu 200000 Festmetern
rund 50 km Waldeisenbahnen mit Lokomotivbetrieb gebraucht worden,
während ausserdem dieses Holz kaum absetzbar gewesen wäre. Das
Gleiche gilt für das Eisenbahnnetz von im ganzen 79 km Länge,
welches behufs günstiger Verwertung der infolge des Nonnenfrasses im
Ebersberger Park bei München angefallenen Materiales, fast anderthalb
Millionen Festmeter, angelegt worden war.


Vollzugsverordnungen; ungarisches Forstgesetz, § 181--207; die bayerischen
Trift
- und Flossordnungen für den Ilz. Regen, fränkischen Wald u. s. w.
Gemeinschaftliche Grundsätze für alle diese Verordnungen sind: Triftbe-
willigungen werden nur auf bestimmte Zeit (3 bis höchstens 50 Jahre, Ungarn) ver-
liehen. Durch neue Triftbauten dürfen die bestehenden nicht zerstört werden.
Bewerben sich mehrere um eine Trift an gleicher oder nahezu gleicher Stelle, so
ist zunächst auf eine gütliche Einigung derselben hinzuwirken. Kommt eine solche
nicht zu stande, so ist eine für zulässig erkannte Trift entweder so einzuteilen.
dass jedem Bewerber eine besondere Triftzeit eingeräumt wird, oder, falls dieses
nicht möglich ist, für die erforderlichen Strecken demjenigen überlassen wird, der
die wertvollsten Holzmengen zu transportieren hat. Triftbauten sollen anderen gegen
angemessene Vergütung zum Gebrauche überlassen werden. Der Eigentümer hat
Triftbauten im guten Zustande zu erhalten, andernfalls sie zu veräussern, zu ver-
pachten und, falls sie gar nicht mehr gebraucht würden, vollständig abzutragen.
Jeder Triftunternehmer ist gehalten, die Uferstrecken, Gebäude und Wasserwerke,
welche durch die Trift bedroht sind, durch Schutzbauten zu sichern. Schaden, der
nachweisbar bloss durch die Trift verursacht wurde, ist von dem Triftunternehmer
zu vergüten.
In Preussen kann nach § 8 des Ges. v. 28./II. 1843 über die Benutzung der
Privatflüsse der Eigentümer derselben nur durch landesherrliche Entscheidung ge-
zwungen werden, dritten den Gebrauch des Flusses zum Triften oder Flössen zu
gestatten. Ist eine solche Entscheidung ergangen, so müssen sie sich den oben er-
wähnten, im Interesse des Triftbetriebes notwendigen Beschränkungen unterwerfen.
Der Triftbetrieb ist alsdann durch ministerielle Verordnung zu regeln.

B. Zweiter (spezieller) Teil.
bauten im Bedarfsfalle auch die Expropriation des nötigen Geländes
zulässig.

Während des lezten Dezenniums sind zu den bis dahin innerhalb
des Waldes üblichen Transportmitteln noch die Eisenbahnen hinzu-
gekommen und haben rasch eine früher ungeahnte Bedeutung erlangt.
Anfangs nur durch die Schwerkraft oder Menschenhand, bald auch
durch Pferde betrieben, sind nunmehr auch bereits in verschiedenen
groſsen Waldgebieten Eisenbahnen mit Lokomotivbetriebe im Gange, und
binnen kurzem wird wohl auch hier die Elektrizität ihren sieg-
reichen Einzug halten.

Die Waldeisenbahnen sind da von besonderer Bedeutung, wo es
sich um den Transport beträchtlicher Holzmassen nach einer be-
stimmten
Richtung handelt.

In Deutschland liegen solche Bedingungen namentlich nach groſsen
Kalamitäten vor. So sind zur Bewältigung der durch den Sturm vom
30. März 1892 in den elsaſs-lothringischen Oberförstereien Alberschweiler
und St. Quirin geworfenen Holzmassen von nahezu 200000 Festmetern
rund 50 km Waldeisenbahnen mit Lokomotivbetrieb gebraucht worden,
während auſserdem dieses Holz kaum absetzbar gewesen wäre. Das
Gleiche gilt für das Eisenbahnnetz von im ganzen 79 km Länge,
welches behufs günstiger Verwertung der infolge des Nonnenfraſses im
Ebersberger Park bei München angefallenen Materiales, fast anderthalb
Millionen Festmeter, angelegt worden war.


Vollzugsverordnungen; ungarisches Forstgesetz, § 181—207; die bayerischen
Trift
- und Floſsordnungen für den Ilz. Regen, fränkischen Wald u. s. w.
Gemeinschaftliche Grundsätze für alle diese Verordnungen sind: Triftbe-
willigungen werden nur auf bestimmte Zeit (3 bis höchstens 50 Jahre, Ungarn) ver-
liehen. Durch neue Triftbauten dürfen die bestehenden nicht zerstört werden.
Bewerben sich mehrere um eine Trift an gleicher oder nahezu gleicher Stelle, so
ist zunächst auf eine gütliche Einigung derselben hinzuwirken. Kommt eine solche
nicht zu stande, so ist eine für zulässig erkannte Trift entweder so einzuteilen.
daſs jedem Bewerber eine besondere Triftzeit eingeräumt wird, oder, falls dieses
nicht möglich ist, für die erforderlichen Strecken demjenigen überlassen wird, der
die wertvollsten Holzmengen zu transportieren hat. Triftbauten sollen anderen gegen
angemessene Vergütung zum Gebrauche überlassen werden. Der Eigentümer hat
Triftbauten im guten Zustande zu erhalten, andernfalls sie zu veräuſsern, zu ver-
pachten und, falls sie gar nicht mehr gebraucht würden, vollständig abzutragen.
Jeder Triftunternehmer ist gehalten, die Uferstrecken, Gebäude und Wasserwerke,
welche durch die Trift bedroht sind, durch Schutzbauten zu sichern. Schaden, der
nachweisbar bloſs durch die Trift verursacht wurde, ist von dem Triftunternehmer
zu vergüten.
In Preuſsen kann nach § 8 des Ges. v. 28./II. 1843 über die Benutzung der
Privatflüsse der Eigentümer derselben nur durch landesherrliche Entscheidung ge-
zwungen werden, dritten den Gebrauch des Flusses zum Triften oder Flöſsen zu
gestatten. Ist eine solche Entscheidung ergangen, so müssen sie sich den oben er-
wähnten, im Interesse des Triftbetriebes notwendigen Beschränkungen unterwerfen.
Der Triftbetrieb ist alsdann durch ministerielle Verordnung zu regeln.
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[144/0162] B. Zweiter (spezieller) Teil. bauten im Bedarfsfalle auch die Expropriation des nötigen Geländes zulässig. Während des lezten Dezenniums sind zu den bis dahin innerhalb des Waldes üblichen Transportmitteln noch die Eisenbahnen hinzu- gekommen und haben rasch eine früher ungeahnte Bedeutung erlangt. Anfangs nur durch die Schwerkraft oder Menschenhand, bald auch durch Pferde betrieben, sind nunmehr auch bereits in verschiedenen groſsen Waldgebieten Eisenbahnen mit Lokomotivbetriebe im Gange, und binnen kurzem wird wohl auch hier die Elektrizität ihren sieg- reichen Einzug halten. Die Waldeisenbahnen sind da von besonderer Bedeutung, wo es sich um den Transport beträchtlicher Holzmassen nach einer be- stimmten Richtung handelt. In Deutschland liegen solche Bedingungen namentlich nach groſsen Kalamitäten vor. So sind zur Bewältigung der durch den Sturm vom 30. März 1892 in den elsaſs-lothringischen Oberförstereien Alberschweiler und St. Quirin geworfenen Holzmassen von nahezu 200000 Festmetern rund 50 km Waldeisenbahnen mit Lokomotivbetrieb gebraucht worden, während auſserdem dieses Holz kaum absetzbar gewesen wäre. Das Gleiche gilt für das Eisenbahnnetz von im ganzen 79 km Länge, welches behufs günstiger Verwertung der infolge des Nonnenfraſses im Ebersberger Park bei München angefallenen Materiales, fast anderthalb Millionen Festmeter, angelegt worden war. 2) 2) Vollzugsverordnungen; ungarisches Forstgesetz, § 181—207; die bayerischen Trift- und Floſsordnungen für den Ilz. Regen, fränkischen Wald u. s. w. Gemeinschaftliche Grundsätze für alle diese Verordnungen sind: Triftbe- willigungen werden nur auf bestimmte Zeit (3 bis höchstens 50 Jahre, Ungarn) ver- liehen. Durch neue Triftbauten dürfen die bestehenden nicht zerstört werden. Bewerben sich mehrere um eine Trift an gleicher oder nahezu gleicher Stelle, so ist zunächst auf eine gütliche Einigung derselben hinzuwirken. Kommt eine solche nicht zu stande, so ist eine für zulässig erkannte Trift entweder so einzuteilen. daſs jedem Bewerber eine besondere Triftzeit eingeräumt wird, oder, falls dieses nicht möglich ist, für die erforderlichen Strecken demjenigen überlassen wird, der die wertvollsten Holzmengen zu transportieren hat. Triftbauten sollen anderen gegen angemessene Vergütung zum Gebrauche überlassen werden. Der Eigentümer hat Triftbauten im guten Zustande zu erhalten, andernfalls sie zu veräuſsern, zu ver- pachten und, falls sie gar nicht mehr gebraucht würden, vollständig abzutragen. Jeder Triftunternehmer ist gehalten, die Uferstrecken, Gebäude und Wasserwerke, welche durch die Trift bedroht sind, durch Schutzbauten zu sichern. Schaden, der nachweisbar bloſs durch die Trift verursacht wurde, ist von dem Triftunternehmer zu vergüten. In Preuſsen kann nach § 8 des Ges. v. 28./II. 1843 über die Benutzung der Privatflüsse der Eigentümer derselben nur durch landesherrliche Entscheidung ge- zwungen werden, dritten den Gebrauch des Flusses zum Triften oder Flöſsen zu gestatten. Ist eine solche Entscheidung ergangen, so müssen sie sich den oben er- wähnten, im Interesse des Triftbetriebes notwendigen Beschränkungen unterwerfen. Der Triftbetrieb ist alsdann durch ministerielle Verordnung zu regeln.

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/162>, abgerufen am 26.04.2024.