ihr Arkadier!" So sprach Turnus und flog auf seinen Streitwagen zurück. Wehklagend trugen die Arkadier ihren erschlagenen Königssohn aus der Schlacht, und Etrusker und Trojaner, von den vordringenden Rutulern gemäht, zogen sich ihnen in verworrener Flucht nach.
Zu Aeneas, der auf einem andern Flügel des Hee¬ res focht, kam die Botschaft vom Weichen der Seinigen. Da raffte sich der Held mit den muthigsten Genossen auf, brach sich mit dem Schwert eine breite Bahn durch den Feind und suchte den Turnus. Vor seinen Augen schwebte ihm Evanders gastlicher Tisch und der holde Jüngling Pallas, der ihm mit so vielen Vaterthränen anvertraut worden war. Schmerz und Rachelust erfüllten seine Heldenbrust. Vier Söhne des Sulmo, vier Söhne des Ufens griff er lebendig aus den Feinden heraus, und ließ sie aus der Schlacht führen, um als Sühnopfer für Pallas zu bluten. Keinen Mann, keinen flehenden Jüng¬ ling schonte er, der dem Rasenden in den Weg trat, welcher wie ein brausender Bergstrom oder die nächtliche Windsbraut wüthete. Zu gleicher Zeit brach der Jüng¬ ling Askanius mit den eingeschlossenen Trojanern, den günstigen Zeitpunkt ersehend, aus dem Lager hervor.
Turnus von Juno gerettet. Lausus und Mezentius von Aeneas erschlagen.
Die Rutuler wären verloren gewesen, wenn nicht Juno den Göttervater im Olymp demüthig um die Er¬ laubniß angefleht hätte, Turnus ihren Führer, aus der
ihr Arkadier!“ So ſprach Turnus und flog auf ſeinen Streitwagen zurück. Wehklagend trugen die Arkadier ihren erſchlagenen Königsſohn aus der Schlacht, und Etrusker und Trojaner, von den vordringenden Rutulern gemäht, zogen ſich ihnen in verworrener Flucht nach.
Zu Aeneas, der auf einem andern Flügel des Hee¬ res focht, kam die Botſchaft vom Weichen der Seinigen. Da raffte ſich der Held mit den muthigſten Genoſſen auf, brach ſich mit dem Schwert eine breite Bahn durch den Feind und ſuchte den Turnus. Vor ſeinen Augen ſchwebte ihm Evanders gaſtlicher Tiſch und der holde Jüngling Pallas, der ihm mit ſo vielen Vaterthränen anvertraut worden war. Schmerz und Racheluſt erfüllten ſeine Heldenbruſt. Vier Söhne des Sulmo, vier Söhne des Ufens griff er lebendig aus den Feinden heraus, und ließ ſie aus der Schlacht führen, um als Sühnopfer für Pallas zu bluten. Keinen Mann, keinen flehenden Jüng¬ ling ſchonte er, der dem Raſenden in den Weg trat, welcher wie ein brauſender Bergſtrom oder die nächtliche Windsbraut wüthete. Zu gleicher Zeit brach der Jüng¬ ling Askanius mit den eingeſchloſſenen Trojanern, den günſtigen Zeitpunkt erſehend, aus dem Lager hervor.
Turnus von Juno gerettet. Lauſus und Mezentius von Aeneas erſchlagen.
Die Rutuler wären verloren geweſen, wenn nicht Juno den Göttervater im Olymp demüthig um die Er¬ laubniß angefleht hätte, Turnus ihren Führer, aus der
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ihr Arkadier!“ So ſprach Turnus und flog auf ſeinen
Streitwagen zurück. Wehklagend trugen die Arkadier
ihren erſchlagenen Königsſohn aus der Schlacht, und
Etrusker und Trojaner, von den vordringenden Rutulern
gemäht, zogen ſich ihnen in verworrener Flucht nach.
Zu Aeneas, der auf einem andern Flügel des Hee¬
res focht, kam die Botſchaft vom Weichen der Seinigen.
Da raffte ſich der Held mit den muthigſten Genoſſen auf,
brach ſich mit dem Schwert eine breite Bahn durch den
Feind und ſuchte den Turnus. Vor ſeinen Augen ſchwebte
ihm Evanders gaſtlicher Tiſch und der holde Jüngling
Pallas, der ihm mit ſo vielen Vaterthränen anvertraut
worden war. Schmerz und Racheluſt erfüllten ſeine
Heldenbruſt. Vier Söhne des Sulmo, vier Söhne des
Ufens griff er lebendig aus den Feinden heraus, und
ließ ſie aus der Schlacht führen, um als Sühnopfer für
Pallas zu bluten. Keinen Mann, keinen flehenden Jüng¬
ling ſchonte er, der dem Raſenden in den Weg trat,
welcher wie ein brauſender Bergſtrom oder die nächtliche
Windsbraut wüthete. Zu gleicher Zeit brach der Jüng¬
ling Askanius mit den eingeſchloſſenen Trojanern, den
günſtigen Zeitpunkt erſehend, aus dem Lager hervor.
Turnus von Juno gerettet. Lauſus und Mezentius
von Aeneas erſchlagen.
Die Rutuler wären verloren geweſen, wenn nicht
Juno den Göttervater im Olymp demüthig um die Er¬
laubniß angefleht hätte, Turnus ihren Führer, aus der
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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 3. Stuttgart, 1840, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen03_1840/416>, abgerufen am 21.11.2024.
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