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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839.

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Die Griechen vor Troja.

So lebte denn Helena ungefährdet am Königshofe
von Troja und bezog darauf mit Paris einen eigenen Pal¬
last. Auch das Volk gewöhnte sich bald an ihre Lieblich¬
keit und griechische Holdseligkeit, und als nun endlich die
fremde Flotte wirklich an der trojanischen Küste erschien,
waren die Einwohner der Stadt minder verzagt, denn zuvor.

Sie zählten ihre Bürger und ihre Bundesgenossen,
die sie schon vorher beschickt und deren wirksamer Hülfe
sie sich versichert hatten, und sie fanden sich an Zahl und
Kraft ihrer Helden und Streiter den Griechen gewachsen.
So hofften sie mit dem Schutze der Götter -- denn außer
Venus waren noch mehrere Götter, darunter der Kriegs¬
gott, Apollo und Jupiter der Göttervater selbst, auf ihrer
Seite -- die Belagerung ihrer Stadt abtreiben und die
Feinde zum schnellen Rückzuge nöthigen zu können.

Zwar war ihr Anführer, König Priamus selbst, ein
nicht mehr kampffähiger Greis, aber fünfzig Söhne,
worunter neunzehen von seiner Gattin, der Königin Hekuba,
umringten ihn theils im blühenden, theils im kräftigsten
Alter, vor allen Hektor, nächst ihm Deiphobus, und nach
diesen als die ausgezeichnetsten Helenus, der Wahrsager,
Pammon, Polites, Antiphus, Hipponous, Polydorus und
der zarte Troilus. Vier liebliche Töchter, Kreusa, Lao¬
dice, Cassandra, die wahrsagende Jungfrau, und die in
der Kindheit schon von Schönheit strahlende Polyxena
umgaben seinen Thron. Dem Heere, das sich jetzt streit¬
fertig machte, stand als Oberfeldherr Hektor, der helm¬

Die Griechen vor Troja.

So lebte denn Helena ungefährdet am Königshofe
von Troja und bezog darauf mit Paris einen eigenen Pal¬
laſt. Auch das Volk gewöhnte ſich bald an ihre Lieblich¬
keit und griechiſche Holdſeligkeit, und als nun endlich die
fremde Flotte wirklich an der trojaniſchen Küſte erſchien,
waren die Einwohner der Stadt minder verzagt, denn zuvor.

Sie zählten ihre Bürger und ihre Bundesgenoſſen,
die ſie ſchon vorher beſchickt und deren wirkſamer Hülfe
ſie ſich verſichert hatten, und ſie fanden ſich an Zahl und
Kraft ihrer Helden und Streiter den Griechen gewachſen.
So hofften ſie mit dem Schutze der Götter — denn außer
Venus waren noch mehrere Götter, darunter der Kriegs¬
gott, Apollo und Jupiter der Göttervater ſelbſt, auf ihrer
Seite — die Belagerung ihrer Stadt abtreiben und die
Feinde zum ſchnellen Rückzuge nöthigen zu können.

Zwar war ihr Anführer, König Priamus ſelbſt, ein
nicht mehr kampffähiger Greis, aber fünfzig Söhne,
worunter neunzehen von ſeiner Gattin, der Königin Hekuba,
umringten ihn theils im blühenden, theils im kräftigſten
Alter, vor allen Hektor, nächſt ihm Deiphobus, und nach
dieſen als die ausgezeichnetſten Helenus, der Wahrſager,
Pammon, Polites, Antiphus, Hipponous, Polydorus und
der zarte Troilus. Vier liebliche Töchter, Kreuſa, Lao¬
dice, Caſſandra, die wahrſagende Jungfrau, und die in
der Kindheit ſchon von Schönheit ſtrahlende Polyxena
umgaben ſeinen Thron. Dem Heere, das ſich jetzt ſtreit¬
fertig machte, ſtand als Oberfeldherr Hektor, der helm¬

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[55/0077] Die Griechen vor Troja. So lebte denn Helena ungefährdet am Königshofe von Troja und bezog darauf mit Paris einen eigenen Pal¬ laſt. Auch das Volk gewöhnte ſich bald an ihre Lieblich¬ keit und griechiſche Holdſeligkeit, und als nun endlich die fremde Flotte wirklich an der trojaniſchen Küſte erſchien, waren die Einwohner der Stadt minder verzagt, denn zuvor. Sie zählten ihre Bürger und ihre Bundesgenoſſen, die ſie ſchon vorher beſchickt und deren wirkſamer Hülfe ſie ſich verſichert hatten, und ſie fanden ſich an Zahl und Kraft ihrer Helden und Streiter den Griechen gewachſen. So hofften ſie mit dem Schutze der Götter — denn außer Venus waren noch mehrere Götter, darunter der Kriegs¬ gott, Apollo und Jupiter der Göttervater ſelbſt, auf ihrer Seite — die Belagerung ihrer Stadt abtreiben und die Feinde zum ſchnellen Rückzuge nöthigen zu können. Zwar war ihr Anführer, König Priamus ſelbſt, ein nicht mehr kampffähiger Greis, aber fünfzig Söhne, worunter neunzehen von ſeiner Gattin, der Königin Hekuba, umringten ihn theils im blühenden, theils im kräftigſten Alter, vor allen Hektor, nächſt ihm Deiphobus, und nach dieſen als die ausgezeichnetſten Helenus, der Wahrſager, Pammon, Polites, Antiphus, Hipponous, Polydorus und der zarte Troilus. Vier liebliche Töchter, Kreuſa, Lao¬ dice, Caſſandra, die wahrſagende Jungfrau, und die in der Kindheit ſchon von Schönheit ſtrahlende Polyxena umgaben ſeinen Thron. Dem Heere, das ſich jetzt ſtreit¬ fertig machte, ſtand als Oberfeldherr Hektor, der helm¬

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Zitationshilfe: Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/77>, abgerufen am 19.12.2024.