Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schurz, Karl: Der Studentencongreß zu Eisenach am 25. September 1848. Bonn, 1848.

Bild:
<< vorherige Seite

bei sich selbst geübt, stärker und wirksamer sein, als in einem morschen Staat die Gewalt der Bajonette. Freilich mag Vielen die Einheit der deutschen Studentenschaft ein Ideal abentheuerlicher Köpfe scheinen; doch möge, trotz dem vielbesprochenen beständigen Kampf der Praxis mit dem Ideal, die deutsche Studentenschaft erkennen, daß hier am Ideal zu halten das einzig Praktische sei.



Der Verfassungsentwurf für die deutschen Universitäten.

Obschon mit der Beschlußnahme über obiges Organisationsstatut die materielle Aufgabe des Studentencongresses gelöst schien, so erkannte man doch die Nothwendigkeit, über die Beschlüsse des Jenenser Professorencongresses, die, wie man damals glaubte, für die Zukunft einen entscheidenden Einfluß ausüben könnte, auch ein studentisches Votum abzugeben. Sehr bald stellte es sich heraus, wie wenig dieses Votum ein zustimmendes sein könne, weshalb die ganze Verhandlung einen polemischen Charakter annahm, welcher trotz der Mitwirkung achtungswerther Mitglieder des Professorencongresses nicht vermieden werden konnte. Es trat sehr eklatant hervor, wie unpraktisch, ja, wie unlogisch es oft sein könne, einzelne Uebelstände aus der Universitätsverfassung herauszugreifen, um sie einzeln zu vernichten oder zu verändern, ohne auch den Grund und Boden, in dem dieses Unkraut wurzelte und wucherte, nach den Forderungen und Bedürfnissen der Zeit zu bearbeiten und organisch umzugestalten. Die politische Umwälzung, der Sturz des büreaukratischen Systems insbesondere, hat sehr vielen akademischen Einrichtungen ihre historischen Stützen entzogen, und eine Menge von Sachen unmöglich gemacht, welche den bisherigen Organismus der Universitäten wesentlich bedingten.

bei sich selbst geübt, stärker und wirksamer sein, als in einem morschen Staat die Gewalt der Bajonette. Freilich mag Vielen die Einheit der deutschen Studentenschaft ein Ideal abentheuerlicher Köpfe scheinen; doch möge, trotz dem vielbesprochenen beständigen Kampf der Praxis mit dem Ideal, die deutsche Studentenschaft erkennen, daß hier am Ideal zu halten das einzig Praktische sei.



Der Verfassungsentwurf für die deutschen Universitäten.

Obschon mit der Beschlußnahme über obiges Organisationsstatut die materielle Aufgabe des Studentencongresses gelöst schien, so erkannte man doch die Nothwendigkeit, über die Beschlüsse des Jenenser Professorencongresses, die, wie man damals glaubte, für die Zukunft einen entscheidenden Einfluß ausüben könnte, auch ein studentisches Votum abzugeben. Sehr bald stellte es sich heraus, wie wenig dieses Votum ein zustimmendes sein könne, weshalb die ganze Verhandlung einen polemischen Charakter annahm, welcher trotz der Mitwirkung achtungswerther Mitglieder des Professorencongresses nicht vermieden werden konnte. Es trat sehr eklatant hervor, wie unpraktisch, ja, wie unlogisch es oft sein könne, einzelne Uebelstände aus der Universitätsverfassung herauszugreifen, um sie einzeln zu vernichten oder zu verändern, ohne auch den Grund und Boden, in dem dieses Unkraut wurzelte und wucherte, nach den Forderungen und Bedürfnissen der Zeit zu bearbeiten und organisch umzugestalten. Die politische Umwälzung, der Sturz des büreaukratischen Systems insbesondere, hat sehr vielen akademischen Einrichtungen ihre historischen Stützen entzogen, und eine Menge von Sachen unmöglich gemacht, welche den bisherigen Organismus der Universitäten wesentlich bedingten.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0032" n="30"/>
bei sich selbst geübt, stärker und wirksamer sein, als in einem morschen Staat die Gewalt der Bajonette. Freilich mag Vielen die Einheit der deutschen Studentenschaft ein Ideal abentheuerlicher Köpfe scheinen; doch möge, trotz dem vielbesprochenen beständigen Kampf der Praxis mit dem Ideal, die deutsche Studentenschaft erkennen, daß hier am Ideal zu halten das einzig Praktische sei.</p>
      </div>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div n="1">
        <head>Der Verfassungsentwurf für die deutschen Universitäten.</head><lb/>
        <p>Obschon mit der Beschlußnahme über obiges Organisationsstatut die materielle Aufgabe des Studentencongresses gelöst schien, so erkannte man doch die Nothwendigkeit, über die Beschlüsse des Jenenser Professorencongresses, die, wie man damals glaubte, für die Zukunft einen entscheidenden Einfluß ausüben könnte, auch ein studentisches Votum abzugeben. Sehr bald stellte es sich heraus, wie wenig dieses Votum ein zustimmendes sein könne, weshalb die ganze Verhandlung einen polemischen Charakter annahm, welcher trotz der Mitwirkung achtungswerther Mitglieder des Professorencongresses nicht vermieden werden konnte. Es trat sehr eklatant hervor, wie unpraktisch, ja, wie unlogisch es oft sein könne, einzelne Uebelstände aus der Universitätsverfassung herauszugreifen, um sie einzeln zu vernichten oder zu verändern, ohne auch den Grund und Boden, in dem dieses Unkraut wurzelte und wucherte, nach den Forderungen und Bedürfnissen der Zeit zu bearbeiten und organisch umzugestalten. Die politische Umwälzung, der Sturz des <hi rendition="#g">büreaukratischen Systems</hi> insbesondere, hat sehr vielen akademischen Einrichtungen ihre historischen Stützen entzogen, und eine Menge von Sachen unmöglich gemacht, welche den bisherigen Organismus der Universitäten wesentlich bedingten.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[30/0032] bei sich selbst geübt, stärker und wirksamer sein, als in einem morschen Staat die Gewalt der Bajonette. Freilich mag Vielen die Einheit der deutschen Studentenschaft ein Ideal abentheuerlicher Köpfe scheinen; doch möge, trotz dem vielbesprochenen beständigen Kampf der Praxis mit dem Ideal, die deutsche Studentenschaft erkennen, daß hier am Ideal zu halten das einzig Praktische sei. Der Verfassungsentwurf für die deutschen Universitäten. Obschon mit der Beschlußnahme über obiges Organisationsstatut die materielle Aufgabe des Studentencongresses gelöst schien, so erkannte man doch die Nothwendigkeit, über die Beschlüsse des Jenenser Professorencongresses, die, wie man damals glaubte, für die Zukunft einen entscheidenden Einfluß ausüben könnte, auch ein studentisches Votum abzugeben. Sehr bald stellte es sich heraus, wie wenig dieses Votum ein zustimmendes sein könne, weshalb die ganze Verhandlung einen polemischen Charakter annahm, welcher trotz der Mitwirkung achtungswerther Mitglieder des Professorencongresses nicht vermieden werden konnte. Es trat sehr eklatant hervor, wie unpraktisch, ja, wie unlogisch es oft sein könne, einzelne Uebelstände aus der Universitätsverfassung herauszugreifen, um sie einzeln zu vernichten oder zu verändern, ohne auch den Grund und Boden, in dem dieses Unkraut wurzelte und wucherte, nach den Forderungen und Bedürfnissen der Zeit zu bearbeiten und organisch umzugestalten. Die politische Umwälzung, der Sturz des büreaukratischen Systems insbesondere, hat sehr vielen akademischen Einrichtungen ihre historischen Stützen entzogen, und eine Menge von Sachen unmöglich gemacht, welche den bisherigen Organismus der Universitäten wesentlich bedingten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2013-04-18T11:04:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-04-18T11:04:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-04-18T11:04:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schurz_studentencongress_1848
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schurz_studentencongress_1848/32
Zitationshilfe: Schurz, Karl: Der Studentencongreß zu Eisenach am 25. September 1848. Bonn, 1848, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schurz_studentencongress_1848/32>, abgerufen am 21.12.2024.