am Einschlafen verhindert, so versagen auch jene künstlichen Einschläferungsmittel ihre Wirkung. Uebrigens ist auch hier an die oben erwähnte falsche Deutung zu erinnern, welche von der Umgebung so oft dem Schreien der Kinder unter- gelegt wird.
Eine sehr tadelnswerthe Gewohnheit mancher Mütter oder Ammen ist es, des Nachts die Säuglinge bei sich im Bette zu behalten, sowohl deshalb, weil das Kind dann eine viel un- gesündere Luft athmet, als auch besonders wegen der leicht möglichen Gefahr, das Kind im Schlafe zu erdrücken, wovon manche traurige Beispiele vorhanden sind.
5) Bewegung.
Sobald das Kind kaum ein paar Wochen alt ist, beginnt das natürliche und dem Gedeihen des Körpers so förderliche Bedürfniss selbständiger Gliederbewegung sich zu zeigen. Von da ab lasse man also dasselbe mehrmals täglich im freien Gliedergebrauche sich müde zappeln, indem man es in der Rückenlage von allen Hemmnissen befreit und nur leicht über- deckt, versteht sich, bei gehöriger Wärme des Zimmers. Wohl- thätig wirkt hierbei auch das gleichzeitige Luftbad. So gewinnt das Kind auf zweckmässige Weise die nöthige Muskelstärke zu den späteren kräftigeren und allgemeineren Körperbewe- gungen. Die mit der weiteren Entwickelung im ersten Lebens- jahre verbundenen Bewegungs- und Haltungsformen und alle dabei nöthigen Rücksichten werden wir in dem über Körper- haltungen handelnden Abschnitte besprechen.
6) Bekleidung.
Die allgemeinsten und wesentlichsten Bedingungen einer zweckmässigen Bekleidung des zarten Kindes sind strengste Reinlichkeit und gehörige Erwärmungsfähigkeit, ohne dass aber dadurch irgendwo Druck oder Beengung ausgeübt wird.
Die passendste Umhüllung des kindlichen Körpers während der ersten Lebensmonate ist das Wickelbett. Es hat neben seiner gleichmässig warmhaltenden Eigenschaft den Vorzug, dass es dem zarten kindlichen Körper einen gewissen Halt
Schreber, Kallipädie. 4
1. JAHR. KÖRPERLICHE SEITE. BEWEGUNG. BEKLEIDUNG.
am Einschlafen verhindert, so versagen auch jene künstlichen Einschläferungsmittel ihre Wirkung. Uebrigens ist auch hier an die oben erwähnte falsche Deutung zu erinnern, welche von der Umgebung so oft dem Schreien der Kinder unter- gelegt wird.
Eine sehr tadelnswerthe Gewohnheit mancher Mütter oder Ammen ist es, des Nachts die Säuglinge bei sich im Bette zu behalten, sowohl deshalb, weil das Kind dann eine viel un- gesündere Luft athmet, als auch besonders wegen der leicht möglichen Gefahr, das Kind im Schlafe zu erdrücken, wovon manche traurige Beispiele vorhanden sind.
5) Bewegung.
Sobald das Kind kaum ein paar Wochen alt ist, beginnt das natürliche und dem Gedeihen des Körpers so förderliche Bedürfniss selbständiger Gliederbewegung sich zu zeigen. Von da ab lasse man also dasselbe mehrmals täglich im freien Gliedergebrauche sich müde zappeln, indem man es in der Rückenlage von allen Hemmnissen befreit und nur leicht über- deckt, versteht sich, bei gehöriger Wärme des Zimmers. Wohl- thätig wirkt hierbei auch das gleichzeitige Luftbad. So gewinnt das Kind auf zweckmässige Weise die nöthige Muskelstärke zu den späteren kräftigeren und allgemeineren Körperbewe- gungen. Die mit der weiteren Entwickelung im ersten Lebens- jahre verbundenen Bewegungs- und Haltungsformen und alle dabei nöthigen Rücksichten werden wir in dem über Körper- haltungen handelnden Abschnitte besprechen.
6) Bekleidung.
Die allgemeinsten und wesentlichsten Bedingungen einer zweckmässigen Bekleidung des zarten Kindes sind strengste Reinlichkeit und gehörige Erwärmungsfähigkeit, ohne dass aber dadurch irgendwo Druck oder Beengung ausgeübt wird.
Die passendste Umhüllung des kindlichen Körpers während der ersten Lebensmonate ist das Wickelbett. Es hat neben seiner gleichmässig warmhaltenden Eigenschaft den Vorzug, dass es dem zarten kindlichen Körper einen gewissen Halt
Schreber, Kallipädie. 4
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1. JAHR. KÖRPERLICHE SEITE. BEWEGUNG. BEKLEIDUNG.
am Einschlafen verhindert, so versagen auch jene künstlichen
Einschläferungsmittel ihre Wirkung. Uebrigens ist auch hier
an die oben erwähnte falsche Deutung zu erinnern, welche
von der Umgebung so oft dem Schreien der Kinder unter-
gelegt wird.
Eine sehr tadelnswerthe Gewohnheit mancher Mütter oder
Ammen ist es, des Nachts die Säuglinge bei sich im Bette zu
behalten, sowohl deshalb, weil das Kind dann eine viel un-
gesündere Luft athmet, als auch besonders wegen der leicht
möglichen Gefahr, das Kind im Schlafe zu erdrücken, wovon
manche traurige Beispiele vorhanden sind.
5) Bewegung.
Sobald das Kind kaum ein paar Wochen alt ist, beginnt
das natürliche und dem Gedeihen des Körpers so förderliche
Bedürfniss selbständiger Gliederbewegung sich zu zeigen. Von
da ab lasse man also dasselbe mehrmals täglich im freien
Gliedergebrauche sich müde zappeln, indem man es in der
Rückenlage von allen Hemmnissen befreit und nur leicht über-
deckt, versteht sich, bei gehöriger Wärme des Zimmers. Wohl-
thätig wirkt hierbei auch das gleichzeitige Luftbad. So gewinnt
das Kind auf zweckmässige Weise die nöthige Muskelstärke
zu den späteren kräftigeren und allgemeineren Körperbewe-
gungen. Die mit der weiteren Entwickelung im ersten Lebens-
jahre verbundenen Bewegungs- und Haltungsformen und alle
dabei nöthigen Rücksichten werden wir in dem über Körper-
haltungen handelnden Abschnitte besprechen.
6) Bekleidung.
Die allgemeinsten und wesentlichsten Bedingungen einer
zweckmässigen Bekleidung des zarten Kindes sind strengste
Reinlichkeit und gehörige Erwärmungsfähigkeit, ohne dass
aber dadurch irgendwo Druck oder Beengung ausgeübt wird.
Die passendste Umhüllung des kindlichen Körpers während
der ersten Lebensmonate ist das Wickelbett. Es hat neben
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Schreber, Daniel Gottlob Moritz: Kallipädie oder Erziehung zur Schönheit. Leipzig, 1858, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schreber_kallipaedie_1858/53>, abgerufen am 03.03.2025.
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