Schottel, Justus Georg: Grausame Beschreibung und Vorstellung Der Hölle Und der Höllischen Qwal . Wolfenbüttel, 1676.Nachdenkliche Beschreibung LXXII. GRössres Leidthun nirgends ist/ als die bös Gewissensschlange/ Die bei uns den Sündengift eingesogen hat so lange/ Und sich nun gefeistet hat anzubeissen ewiglich/ Und untödlich tödtet doch durch angstbringend Biß und Stich. Grössers leidthun nirgends ist als die bös Jst
Nachdenkliche Beſchreibung LXXII. GRoͤſſres Leidthun nirgends iſt/ als die boͤs Gewiſſensſchlange/ Die bei uns den Suͤndengift eingeſogen hat ſo lange/ Und ſich nun gefeiſtet hat anzubeiſſen ewiglich/ Und untoͤdlich toͤdtet doch durch angſtbringend Biß und Stich. Groͤſſers leidthun nirgends iſt als die boͤs Jſt
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Nachdenkliche Beſchreibung
LXXII.
GRoͤſſres Leidthun nirgends iſt/ als die boͤs
Gewiſſensſchlange/
Die bei uns den Suͤndengift eingeſogen hat ſo
lange/
Und ſich nun gefeiſtet hat anzubeiſſen ewiglich/
Und untoͤdlich toͤdtet doch durch angſtbringend
Biß und Stich.
Groͤſſers leidthun nirgends iſt als die boͤs
Gewiſſens Schlange) Recht ſaget man/ das boͤſe
Gewiſſen iſt ſein eigener Peiniger/ und ſein eigener Moͤr-
der: Kein Menſch gedenke und bilde ihm ein/ wan er ſein
Gewiſſen inwendig verwundet hat/ daß er wolle einige
innerliche Ruhe und Sicherheit genieſſen/ ob er ſchon/
dem aͤuſſerlichen Anſehen nach/ in dem Uberfluß aller
Luſt/ und vollem Genoß aller beliebigen Wolluſt/ und al-
les freien muhtwilligen Weſens ſich befindet: Tacitus
ſagt es vom Tiberio, den man zwar in hoͤchſten ſtillen
Ehren/ und in ſicherer Genieſſung aller Gefaͤlligkeit kun-
te anſchauen/ haͤtte man ihm aber koͤnnen in die Hertz-
Kammer/ und in das innerſte Gemach ſeines Gewiſ-
ſens hinnein ſehen/ wuͤrde man daſelbſt die grauſame
unaufhoͤrliche Marterſchlaͤge des boͤſen Gewiſſens/ das
Zernagen und Zerreiſſung des Hoͤllenwurmes wol koͤn-
nen wahrnehmen: Und Suetonius in Tiberio deutet es
alſo an/ nihil eſt miſerius, quam animus hominis ma-
le ſibi conſcius: Auch Seneca nennet es alſo/ wie die
boͤſe Thaten durchs Gewiſſen ſtets gegeiſſelt/ und durch
betruͤbende Gedanken ſtets verfolget und zerpruͤgelt
wuͤrden/ mala facinora conſcientia flagellari & per-
petua ſollicitudine urgeri & verberari.
Jſt
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Zitationshilfe: | Schottel, Justus Georg: Grausame Beschreibung und Vorstellung Der Hölle Und der Höllischen Qwal . Wolfenbüttel, 1676, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schottel_hoelle_1676/302>, abgerufen am 21.02.2025. |