Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754.

Bild:
<< vorherige Seite
Be
Beräuscht, a. St. berauscht.

Es ist eine Figur,
des Reimes wegen; eine Metathesys, d. i. Buch-
stabenwechsel; oder wie das Ding heißt. Haller
irgendwo in seinen Gedichten.
Jch verschweige
den Ort, meinem Leser ein Vergnügen zu machen.
Denn, wie ein junger Mensch immer verliebter
wird, je mehr Schönheiten ihm seine Liebste verbir-
get: so gehet es auch den verliebten Bewunderern
des unsterblichen Hallers, die immer mehr
Schönheiten entdecken, je weniger er sie sehen läßt.

Belohnen mit seegnenden Blicken,

d. h. einen
freundlich ansehen.
Jch glaube, die Geizhälse
sind alle Meßianer; sie belohnen lieber mit
Blicken, als Gelde. Offenb. St. Klopst.
6 S.
Allein in der heiligen Sprache heißt auch
seegnen, fluchen; folglich ist es eine Paronoma-
sie. Antilongin 88 S.

Wer herrscht, der ihm gefällt? Vor ihm ist
alles schlecht;
Belohnen unverdient, versagen ungerecht.
So läßt der Frösche Volk sein Quäken in den
Röhren
So wohl beym Sonnenschein, als wenn es wit-
tert, hören. Haller 79 S.

Der Dichter hat wohl gethan, ein Fragezeichen in
dem ersten Verse zu setzen. Ein anderer würde ge-
setzet haben: Gefällt ihm der, der herrscht?
Jenes aber ist verworfener u. also schöner. Vor
ihm ist belohnen unverdient!
Wenn er die Be-
lohnung bekömmt, oder wenn er sie austheilen sie-
het? Jn was für Röhren quäcken wohl die

Frösche?
Be
Beraͤuſcht, a. St. berauſcht.

Es iſt eine Figur,
des Reimes wegen; eine Metatheſys, d. i. Buch-
ſtabenwechſel; oder wie das Ding heißt. Haller
irgendwo in ſeinen Gedichten.
Jch verſchweige
den Ort, meinem Leſer ein Vergnuͤgen zu machen.
Denn, wie ein junger Menſch immer verliebter
wird, je mehr Schoͤnheiten ihm ſeine Liebſte verbir-
get: ſo gehet es auch den verliebten Bewunderern
des unſterblichen Hallers, die immer mehr
Schoͤnheiten entdecken, je weniger er ſie ſehen laͤßt.

Belohnen mit ſeegnenden Blicken,

d. h. einen
freundlich anſehen.
Jch glaube, die Geizhaͤlſe
ſind alle Meßianer; ſie belohnen lieber mit
Blicken, als Gelde. Offenb. St. Klopſt.
6 S.
Allein in der heiligen Sprache heißt auch
ſeegnen, fluchen; folglich iſt es eine Paronoma-
ſie. Antilongin 88 S.

Wer herrſcht, der ihm gefaͤllt? Vor ihm iſt
alles ſchlecht;
Belohnen unverdient, verſagen ungerecht.
So laͤßt der Froͤſche Volk ſein Quaͤken in den
Roͤhren
So wohl beym Sonnenſchein, als wenn es wit-
tert, hoͤren. Haller 79 S.

Der Dichter hat wohl gethan, ein Fragezeichen in
dem erſten Verſe zu ſetzen. Ein anderer wuͤrde ge-
ſetzet haben: Gefaͤllt ihm der, der herrſcht?
Jenes aber iſt verworfener u. alſo ſchoͤner. Vor
ihm iſt belohnen unverdient!
Wenn er die Be-
lohnung bekoͤmmt, oder wenn er ſie austheilen ſie-
het? Jn was fuͤr Roͤhren quaͤcken wohl die

Froͤſche?
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0070" n="44"/>
          <fw place="top" type="header">Be</fw><lb/>
          <div n="3">
            <head>Bera&#x0364;u&#x017F;cht, a. St. berau&#x017F;cht.</head>
            <p>Es i&#x017F;t eine Figur,<lb/>
des Reimes wegen; eine <hi rendition="#fr">Metathe&#x017F;ys,</hi> d. i. Buch-<lb/>
&#x017F;tabenwech&#x017F;el; oder wie das Ding heißt. <hi rendition="#fr">Haller<lb/>
irgendwo in &#x017F;einen Gedichten.</hi> Jch ver&#x017F;chweige<lb/>
den Ort, meinem Le&#x017F;er ein Vergnu&#x0364;gen zu machen.<lb/>
Denn, wie ein junger Men&#x017F;ch immer verliebter<lb/>
wird, je mehr Scho&#x0364;nheiten ihm &#x017F;eine Lieb&#x017F;te verbir-<lb/>
get: &#x017F;o gehet es auch den verliebten Bewunderern<lb/>
des un&#x017F;terblichen <hi rendition="#fr">Hallers,</hi> die immer mehr<lb/>
Scho&#x0364;nheiten entdecken, je weniger er &#x017F;ie &#x017F;ehen la&#x0364;ßt.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>Belohnen mit &#x017F;eegnenden Blicken,</head>
            <p>d. h. <hi rendition="#fr">einen<lb/>
freundlich an&#x017F;ehen.</hi> Jch glaube, die Geizha&#x0364;l&#x017F;e<lb/>
&#x017F;ind alle <hi rendition="#fr">Meßianer;</hi> &#x017F;ie <hi rendition="#fr">belohnen</hi> lieber mit<lb/><hi rendition="#fr">Blicken,</hi> als <hi rendition="#fr">Gelde. Offenb. St. Klop&#x017F;t.<lb/>
6 S.</hi> Allein in der <hi rendition="#fr">heiligen Sprache</hi> heißt auch<lb/><hi rendition="#fr">&#x017F;eegnen, fluchen;</hi> folglich i&#x017F;t es eine <hi rendition="#fr">Paronoma-<lb/>
&#x017F;ie. Antilongin 88 S.</hi></p><lb/>
            <cit>
              <quote>
                <lg type="poem">
                  <l><hi rendition="#fr">Wer herr&#x017F;cht, der ihm gefa&#x0364;llt? Vor ihm</hi> i&#x017F;t</l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#et">alles &#x017F;chlecht;</hi> </hi> </l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#et"><hi rendition="#fr">Belohnen unverdient,</hi> ver&#x017F;agen ungerecht.</hi> </l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#fr">So la&#x0364;ßt der <hi rendition="#fr">Fro&#x0364;&#x017F;che</hi> Volk &#x017F;ein Qua&#x0364;ken in den</hi> </l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#fr">Ro&#x0364;hren</hi> </hi> </l><lb/>
                  <l>So wohl beym Sonnen&#x017F;chein, als wenn es wit-</l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#et">tert, ho&#x0364;ren. <hi rendition="#fr">Haller 79 S.</hi></hi> </l>
                </lg>
              </quote>
              <bibl/>
            </cit><lb/>
            <p>Der Dichter hat wohl gethan, ein Fragezeichen in<lb/>
dem er&#x017F;ten Ver&#x017F;e zu &#x017F;etzen. Ein anderer wu&#x0364;rde ge-<lb/>
&#x017F;etzet haben: <hi rendition="#fr">Gefa&#x0364;llt ihm der, der herr&#x017F;cht?</hi><lb/>
Jenes aber i&#x017F;t verworfener u. al&#x017F;o &#x017F;cho&#x0364;ner. <hi rendition="#fr">Vor<lb/>
ihm i&#x017F;t belohnen unverdient!</hi> Wenn er die Be-<lb/>
lohnung beko&#x0364;mmt, oder wenn er &#x017F;ie austheilen &#x017F;ie-<lb/>
het? Jn was fu&#x0364;r <hi rendition="#fr">Ro&#x0364;hren qua&#x0364;cken</hi> wohl die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">Fro&#x0364;&#x017F;che?</hi></fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[44/0070] Be Beraͤuſcht, a. St. berauſcht. Es iſt eine Figur, des Reimes wegen; eine Metatheſys, d. i. Buch- ſtabenwechſel; oder wie das Ding heißt. Haller irgendwo in ſeinen Gedichten. Jch verſchweige den Ort, meinem Leſer ein Vergnuͤgen zu machen. Denn, wie ein junger Menſch immer verliebter wird, je mehr Schoͤnheiten ihm ſeine Liebſte verbir- get: ſo gehet es auch den verliebten Bewunderern des unſterblichen Hallers, die immer mehr Schoͤnheiten entdecken, je weniger er ſie ſehen laͤßt. Belohnen mit ſeegnenden Blicken, d. h. einen freundlich anſehen. Jch glaube, die Geizhaͤlſe ſind alle Meßianer; ſie belohnen lieber mit Blicken, als Gelde. Offenb. St. Klopſt. 6 S. Allein in der heiligen Sprache heißt auch ſeegnen, fluchen; folglich iſt es eine Paronoma- ſie. Antilongin 88 S. Wer herrſcht, der ihm gefaͤllt? Vor ihm iſt alles ſchlecht; Belohnen unverdient, verſagen ungerecht. So laͤßt der Froͤſche Volk ſein Quaͤken in den Roͤhren So wohl beym Sonnenſchein, als wenn es wit- tert, hoͤren. Haller 79 S. Der Dichter hat wohl gethan, ein Fragezeichen in dem erſten Verſe zu ſetzen. Ein anderer wuͤrde ge- ſetzet haben: Gefaͤllt ihm der, der herrſcht? Jenes aber iſt verworfener u. alſo ſchoͤner. Vor ihm iſt belohnen unverdient! Wenn er die Be- lohnung bekoͤmmt, oder wenn er ſie austheilen ſie- het? Jn was fuͤr Roͤhren quaͤcken wohl die Froͤſche?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/70
Zitationshilfe: Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/70>, abgerufen am 03.12.2024.