Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754.

Bild:
<< vorherige Seite

Be
Geist nicht, der sie schwärmen läßt! Sie schwär-
men
vorher in seinem Gehirne; in der Zirbeldrüse,
in die Cartesius unsere Seele einsperret. Der
wasserklare Dichter redet von der Welt, worinn so
du, als ich, und alle

Ein ganz Adamisches Geschlecht durch tausend
Glieder
Nur Puncte sind, gleich mathematschen Pun-
cten;

Sind noch zu klein mit allem, was sie schliessen,
Und die Begriffe, die darinnen schwärmen,
Sind Zahlen in unendlich kleinen Brüchen
Von jenem Einen, jenem großen Ganzen. etc.

Sind das nicht Verse in Brüchen? Wir haben
einen Adami gekannt; vielleicht ist dieß sein Ge-
schlecht, sein mathematisches Geschlecht.

Behältniß.

Ein Behältniß der Gebeine ist nicht
ein Beinhaus. St. Klopstock nennet also
den menschlichen Körper.

Nunmehr klagt er ihn trostlos, u. fast das kalte
Behältniß
Seiner Gebeine
mit sterbendem Arm.
Jn s. Offenbarung 38 S.

Ein sterbender Arm an einem Körper, der doch
leben bleibet, ist das nicht ein Wunder? Das
Wort erstirbt mir im Munde;
diese Redensart
hat den göttlichen Seher darauf geholfen.
Sollte jemand spitzig seyn, und schelten, daß ich
die Offenbarung St. Klopstocks neben St. Jo-
hannis seiner
setze: der lese nur die Anrufung
gleich im Anfange seines Gedichtes. Entweder,

die

Be
Geiſt nicht, der ſie ſchwaͤrmen laͤßt! Sie ſchwaͤr-
men
vorher in ſeinem Gehirne; in der Zirbeldruͤſe,
in die Carteſius unſere Seele einſperret. Der
waſſerklare Dichter redet von der Welt, worinn ſo
du, als ich, und alle

Ein ganz Adamiſches Geſchlecht durch tauſend
Glieder
Nur Puncte ſind, gleich mathematſchen Pun-
cten;

Sind noch zu klein mit allem, was ſie ſchlieſſen,
Und die Begriffe, die darinnen ſchwaͤrmen,
Sind Zahlen in unendlich kleinen Bruͤchen
Von jenem Einen, jenem großen Ganzen. ꝛc.

Sind das nicht Verſe in Bruͤchen? Wir haben
einen Adami gekannt; vielleicht iſt dieß ſein Ge-
ſchlecht, ſein mathematiſches Geſchlecht.

Behaͤltniß.

Ein Behaͤltniß der Gebeine iſt nicht
ein Beinhaus. St. Klopſtock nennet alſo
den menſchlichen Koͤrper.

Nunmehr klagt er ihn troſtlos, u. faſt das kalte
Behaͤltniß
Seiner Gebeine
mit ſterbendem Arm.
Jn ſ. Offenbarung 38 S.

Ein ſterbender Arm an einem Koͤrper, der doch
leben bleibet, iſt das nicht ein Wunder? Das
Wort erſtirbt mir im Munde;
dieſe Redensart
hat den goͤttlichen Seher darauf geholfen.
Sollte jemand ſpitzig ſeyn, und ſchelten, daß ich
die Offenbarung St. Klopſtocks neben St. Jo-
hannis ſeiner
ſetze: der leſe nur die Anrufung
gleich im Anfange ſeines Gedichtes. Entweder,

die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0066" n="40"/><fw place="top" type="header">Be</fw><lb/>
Gei&#x017F;t nicht, der &#x017F;ie <hi rendition="#fr">&#x017F;chwa&#x0364;rmen</hi> la&#x0364;ßt! Sie <hi rendition="#fr">&#x017F;chwa&#x0364;r-<lb/>
men</hi> vorher in &#x017F;einem Gehirne; in der Zirbeldru&#x0364;&#x017F;e,<lb/>
in die <hi rendition="#fr">Carte&#x017F;ius</hi> un&#x017F;ere Seele ein&#x017F;perret. Der<lb/>
wa&#x017F;&#x017F;erklare Dichter redet von der Welt, worinn &#x017F;o<lb/>
du, als ich, und alle</p><lb/>
            <p>Ein ganz <hi rendition="#fr">Adami&#x017F;ches Ge&#x017F;chlecht</hi> durch tau&#x017F;end<lb/><hi rendition="#et">Glieder</hi><lb/>
Nur <hi rendition="#fr">Puncte</hi> &#x017F;ind, gleich <hi rendition="#fr">mathemat&#x017F;chen Pun-<lb/><hi rendition="#et">cten;</hi></hi><lb/>
Sind noch zu klein mit allem, was &#x017F;ie <hi rendition="#fr">&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en,</hi><lb/>
Und die <hi rendition="#fr">Begriffe, die darinnen &#x017F;chwa&#x0364;rmen,</hi><lb/>
Sind <hi rendition="#fr">Zahlen</hi> in unendlich kleinen <hi rendition="#fr">Bru&#x0364;chen</hi><lb/>
Von jenem Einen, jenem großen Ganzen. &#xA75B;c.</p><lb/>
            <p>Sind das nicht <hi rendition="#fr">Ver&#x017F;e in Bru&#x0364;chen?</hi> Wir haben<lb/>
einen <hi rendition="#fr">Adami</hi> gekannt; vielleicht i&#x017F;t dieß &#x017F;ein Ge-<lb/>
&#x017F;chlecht, &#x017F;ein <hi rendition="#fr">mathemati&#x017F;ches Ge&#x017F;chlecht.</hi></p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>Beha&#x0364;ltniß.</head>
            <p>Ein <hi rendition="#fr">Beha&#x0364;ltniß der Gebeine</hi> i&#x017F;t nicht<lb/>
ein <hi rendition="#fr">Beinhaus. St. Klop&#x017F;tock</hi> nennet al&#x017F;o<lb/>
den men&#x017F;chlichen <hi rendition="#fr">Ko&#x0364;rper.</hi></p><lb/>
            <cit>
              <quote>Nunmehr klagt er ihn tro&#x017F;tlos, u. fa&#x017F;t das <hi rendition="#fr">kalte<lb/><hi rendition="#et">Beha&#x0364;ltniß</hi><lb/>
Seiner Gebeine</hi> mit <hi rendition="#fr">&#x017F;terbendem Arm.</hi><lb/><hi rendition="#et">Jn &#x017F;. <hi rendition="#fr">Offenbarung 38 S.</hi></hi></quote>
              <bibl/>
            </cit><lb/>
            <p>Ein <hi rendition="#fr">&#x017F;terbender Arm</hi> an einem Ko&#x0364;rper, der doch<lb/>
leben bleibet, i&#x017F;t das nicht ein Wunder? <hi rendition="#fr">Das<lb/>
Wort er&#x017F;tirbt mir im Munde;</hi> die&#x017F;e Redensart<lb/>
hat den <hi rendition="#fr">go&#x0364;ttlichen Seher</hi> darauf geholfen.<lb/>
Sollte jemand &#x017F;pitzig &#x017F;eyn, und &#x017F;chelten, daß ich<lb/>
die <hi rendition="#fr">Offenbarung St. Klop&#x017F;tocks</hi> neben <hi rendition="#fr">St. Jo-<lb/>
hannis &#x017F;einer</hi> &#x017F;etze: der le&#x017F;e nur die Anrufung<lb/>
gleich im Anfange &#x017F;eines Gedichtes. Entweder,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[40/0066] Be Geiſt nicht, der ſie ſchwaͤrmen laͤßt! Sie ſchwaͤr- men vorher in ſeinem Gehirne; in der Zirbeldruͤſe, in die Carteſius unſere Seele einſperret. Der waſſerklare Dichter redet von der Welt, worinn ſo du, als ich, und alle Ein ganz Adamiſches Geſchlecht durch tauſend Glieder Nur Puncte ſind, gleich mathematſchen Pun- cten; Sind noch zu klein mit allem, was ſie ſchlieſſen, Und die Begriffe, die darinnen ſchwaͤrmen, Sind Zahlen in unendlich kleinen Bruͤchen Von jenem Einen, jenem großen Ganzen. ꝛc. Sind das nicht Verſe in Bruͤchen? Wir haben einen Adami gekannt; vielleicht iſt dieß ſein Ge- ſchlecht, ſein mathematiſches Geſchlecht. Behaͤltniß. Ein Behaͤltniß der Gebeine iſt nicht ein Beinhaus. St. Klopſtock nennet alſo den menſchlichen Koͤrper. Nunmehr klagt er ihn troſtlos, u. faſt das kalte Behaͤltniß Seiner Gebeine mit ſterbendem Arm. Jn ſ. Offenbarung 38 S. Ein ſterbender Arm an einem Koͤrper, der doch leben bleibet, iſt das nicht ein Wunder? Das Wort erſtirbt mir im Munde; dieſe Redensart hat den goͤttlichen Seher darauf geholfen. Sollte jemand ſpitzig ſeyn, und ſchelten, daß ich die Offenbarung St. Klopſtocks neben St. Jo- hannis ſeiner ſetze: der leſe nur die Anrufung gleich im Anfange ſeines Gedichtes. Entweder, die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/66
Zitationshilfe: Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/66>, abgerufen am 21.11.2024.