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Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754.

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Unerwartete wird man leicht ohne meine Anwei-
sung entdecken. Nach solchen vollen, malerischen
und ästhetischen Mustern muß ein junger Redner
seine Geschicklichkeit auszubilden suchen. Die
Schriften des Herrn B = = von A = =, S = =,
und H = =
werden ihm Gelegenheit zur Nachah-
mung geben. Die Dichter der biblischen Epo-
pöen
sind auch nicht zu verachten. Jch empfehle
allen meinen Lesern die Gedichte des Herrn Bod-
mers,
fürnehmlich seinen unvergleichlichen Noah.
Man kann seine Schriften
ohne Schmäucheley
den besten Aussprüchen der heydnischen Orakel
an die Seite setzen.
Ein neuangehender Kanzel-
redner muß sie etlichemal gelesen haben. Noah
erinnert mich einer Parallelstelle, sie handelt von
einem Menschen,
Dem der Erkenntniß Thor von seiner Ge-
buhrt an gesperrt stand. Noah, Bl. 96.

Ein allerliebster Hexameter! der weiter nichts
sagen will, als dieses: Er war blind gebohren
worden. Man versuche es, und lese auch den
Hermann; man wird keine Seltenheiten von die-
sem Gepräge darinne antreffen. Es leben die
Hexameter!

Tausendstimmichter Sturmwind.

Ein Sturm-
wind
hat also 1000 Stimmen; ein Zephir
kaum ein Stimmchen. Allein macht denn eine
Stimme Wind? Was nun eine nicht macht,
können auch nicht tausend machen; da jede der
tausend eine Stimme ist.

-- -- "Jhm kam in sein Antlitz
"Durch

Ta
Unerwartete wird man leicht ohne meine Anwei-
ſung entdecken. Nach ſolchen vollen, maleriſchen
und aͤſthetiſchen Muſtern muß ein junger Redner
ſeine Geſchicklichkeit auszubilden ſuchen. Die
Schriften des Herrn B = = von A = =, S = =,
und H = =
werden ihm Gelegenheit zur Nachah-
mung geben. Die Dichter der bibliſchen Epo-
poͤen
ſind auch nicht zu verachten. Jch empfehle
allen meinen Leſern die Gedichte des Herrn Bod-
mers,
fuͤrnehmlich ſeinen unvergleichlichen Noah.
Man kann ſeine Schriften
ohne Schmaͤucheley
den beſten Ausſpruͤchen der heydniſchen Orakel
an die Seite ſetzen.
Ein neuangehender Kanzel-
redner muß ſie etlichemal geleſen haben. Noah
erinnert mich einer Parallelſtelle, ſie handelt von
einem Menſchen,
Dem der Erkenntniß Thor von ſeiner Ge-
buhrt an geſperrt ſtand. Noah, Bl. 96.

Ein allerliebſter Hexameter! der weiter nichts
ſagen will, als dieſes: Er war blind gebohren
worden. Man verſuche es, und leſe auch den
Hermann; man wird keine Seltenheiten von die-
ſem Gepraͤge darinne antreffen. Es leben die
Hexameter!

Tauſendſtimmichter Sturmwind.

Ein Sturm-
wind
hat alſo 1000 Stimmen; ein Zephir
kaum ein Stimmchen. Allein macht denn eine
Stimme Wind? Was nun eine nicht macht,
koͤnnen auch nicht tauſend machen; da jede der
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“Durch
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[414/0440] Ta Unerwartete wird man leicht ohne meine Anwei- ſung entdecken. Nach ſolchen vollen, maleriſchen und aͤſthetiſchen Muſtern muß ein junger Redner ſeine Geſchicklichkeit auszubilden ſuchen. Die Schriften des Herrn B = = von A = =, S = =, und H = = werden ihm Gelegenheit zur Nachah- mung geben. Die Dichter der bibliſchen Epo- poͤen ſind auch nicht zu verachten. Jch empfehle allen meinen Leſern die Gedichte des Herrn Bod- mers, fuͤrnehmlich ſeinen unvergleichlichen Noah. Man kann ſeine Schriften ohne Schmaͤucheley den beſten Ausſpruͤchen der heydniſchen Orakel an die Seite ſetzen. Ein neuangehender Kanzel- redner muß ſie etlichemal geleſen haben. Noah erinnert mich einer Parallelſtelle, ſie handelt von einem Menſchen, Dem der Erkenntniß Thor von ſeiner Ge- buhrt an geſperrt ſtand. Noah, Bl. 96. Ein allerliebſter Hexameter! der weiter nichts ſagen will, als dieſes: Er war blind gebohren worden. Man verſuche es, und leſe auch den Hermann; man wird keine Seltenheiten von die- ſem Gepraͤge darinne antreffen. Es leben die Hexameter! Tauſendſtimmichter Sturmwind. Ein Sturm- wind hat alſo 1000 Stimmen; ein Zephir kaum ein Stimmchen. Allein macht denn eine Stimme Wind? Was nun eine nicht macht, koͤnnen auch nicht tauſend machen; da jede der tauſend eine Stimme iſt. — — “Jhm kam in ſein Antlitz “Durch

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Zitationshilfe: Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. 414. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/440>, abgerufen am 21.11.2024.