Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754.

Bild:
<< vorherige Seite
Ah
Vorzüge falscher Zucht, der wahren Keusch-
heit Affen. Haller, 21 S.

Auch eine von Pracht belästigte Sehnsucht ist
da zu haben; auch ein Auge, was Glut in
muntern Geistern schürrt.
Die Staatssucht
wird da nicht zur Unglückskupplerin. Natür-
lich, wie der selige Hans Caspar von Lohen-
stein, schwülstiges Andenkens.
Das Mooß
schwillt
auch da, so wie manches großen Wort-
schöpfers Dichtkunst.

Allein
Geschwollen heißt nicht fett und stark.
Gottsched.
Ahne, a. St. Anherr.

Der Ahne, des Ahnen:
eine ganz spannnagelneue Zeugeendung!

Des Ahnen Aberwitz wird auch des Enkels
seyn. Haller, 58 S.

Hier sind auch nasse Flammen, a. St. siedend
Wasser,
oder Oel zu fühlen:
Zuletzt erwacht der Fürst und läßt zu nassen
Flammen

Die Feinde seines Reichs mit spätem Zorn' ver-
dammen. e. d.

Wer hat den späten Zorn? Der Fürst, oder die
Feinde? Nur nicht so, wie andere Leute gespro-
chen: so spricht man allezeit recht. Was gehet
Dichtern die gesunde Vernunft an? Da kämen
unsere Verleger zu kurz, wenn man bey jedem Aus-
drucke jene alte Vettel zu Rathe ziehen wollte.
Hallers Gedichte würden, so wenig ihrer auch
sind, auf einem Bogen Platz haben; das würde
aber auch denn eine rechte Weinsuppe seyn!

Akant-
Ah
Vorzuͤge falſcher Zucht, der wahren Keuſch-
heit Affen. Haller, 21 S.

Auch eine von Pracht belaͤſtigte Sehnſucht iſt
da zu haben; auch ein Auge, was Glut in
muntern Geiſtern ſchuͤrrt.
Die Staatsſucht
wird da nicht zur Ungluͤckskupplerin. Natuͤr-
lich, wie der ſelige Hans Caſpar von Lohen-
ſtein, ſchwuͤlſtiges Andenkens.
Das Mooß
ſchwillt
auch da, ſo wie manches großen Wort-
ſchoͤpfers Dichtkunſt.

Allein
Geſchwollen heißt nicht fett und ſtark.
Gottſched.
Ahne, a. St. Anherr.

Der Ahne, des Ahnen:
eine ganz ſpannnagelneue Zeugeendung!

Des Ahnen Aberwitz wird auch des Enkels
ſeyn. Haller, 58 S.

Hier ſind auch naſſe Flammen, a. St. ſiedend
Waſſer,
oder Oel zu fuͤhlen:
Zuletzt erwacht der Fuͤrſt und laͤßt zu naſſen
Flammen

Die Feinde ſeines Reichs mit ſpaͤtem Zorn’ ver-
dammen. e. d.

Wer hat den ſpaͤten Zorn? Der Fuͤrſt, oder die
Feinde? Nur nicht ſo, wie andere Leute geſpro-
chen: ſo ſpricht man allezeit recht. Was gehet
Dichtern die geſunde Vernunft an? Da kaͤmen
unſere Verleger zu kurz, wenn man bey jedem Aus-
drucke jene alte Vettel zu Rathe ziehen wollte.
Hallers Gedichte wuͤrden, ſo wenig ihrer auch
ſind, auf einem Bogen Platz haben; das wuͤrde
aber auch denn eine rechte Weinſuppe ſeyn!

Akant-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0036" n="10"/>
            <fw place="top" type="header">Ah</fw><lb/>
            <cit>
              <quote> <hi rendition="#fr">Vorzu&#x0364;ge fal&#x017F;cher Zucht, der wahren Keu&#x017F;ch-<lb/><hi rendition="#et">heit Affen. Haller, 21 S.</hi></hi> </quote>
              <bibl/>
            </cit><lb/>
            <p>Auch <hi rendition="#fr">eine von Pracht bela&#x0364;&#x017F;tigte Sehn&#x017F;ucht</hi> i&#x017F;t<lb/>
da zu haben; auch <hi rendition="#fr">ein Auge, was Glut in<lb/>
muntern Gei&#x017F;tern &#x017F;chu&#x0364;rrt.</hi> Die <hi rendition="#fr">Staats&#x017F;ucht</hi><lb/>
wird da nicht zur <hi rendition="#fr">Unglu&#x0364;ckskupplerin.</hi> Natu&#x0364;r-<lb/>
lich, wie der &#x017F;elige <hi rendition="#fr">Hans Ca&#x017F;par von Lohen-<lb/>
&#x017F;tein, &#x017F;chwu&#x0364;l&#x017F;tiges Andenkens.</hi> Das <hi rendition="#fr">Mooß<lb/>
&#x017F;chwillt</hi> auch da, &#x017F;o wie manches großen Wort-<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;pfers Dichtkun&#x017F;t.</p>
            <cit>
              <quote>Allein<lb/><hi rendition="#fr">Ge&#x017F;chwollen heißt nicht fett und &#x017F;tark.<lb/><hi rendition="#et">Gott&#x017F;ched.</hi></hi></quote>
              <bibl/>
            </cit>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>Ahne, a. St. Anherr.</head>
            <p><hi rendition="#fr">Der Ahne, des Ahnen:</hi><lb/>
eine ganz &#x017F;pannnagelneue Zeugeendung!</p><lb/>
            <cit>
              <quote>Des <hi rendition="#fr">Ahnen</hi> Aberwitz wird auch des Enkels<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;eyn. <hi rendition="#fr">Haller, 58 S.</hi></hi></quote>
              <bibl/>
            </cit><lb/>
            <cit>
              <quote>Hier &#x017F;ind auch <hi rendition="#fr">na&#x017F;&#x017F;e Flammen,</hi> a. St. <hi rendition="#fr">&#x017F;iedend<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er,</hi> oder <hi rendition="#fr">Oel</hi> zu fu&#x0364;hlen:<lb/>
Zuletzt erwacht der Fu&#x0364;r&#x017F;t und la&#x0364;ßt zu <hi rendition="#fr">na&#x017F;&#x017F;en<lb/><hi rendition="#et">Flammen</hi></hi><lb/>
Die Feinde &#x017F;eines Reichs <hi rendition="#fr">mit &#x017F;pa&#x0364;tem Zorn&#x2019;</hi> ver-<lb/><hi rendition="#et">dammen. <hi rendition="#fr">e. d.</hi></hi></quote>
              <bibl/>
            </cit><lb/>
            <p>Wer hat den <hi rendition="#fr">&#x017F;pa&#x0364;ten Zorn?</hi> Der Fu&#x0364;r&#x017F;t, oder die<lb/>
Feinde? Nur nicht &#x017F;o, wie andere Leute ge&#x017F;pro-<lb/>
chen: &#x017F;o &#x017F;pricht man allezeit recht. Was gehet<lb/>
Dichtern die ge&#x017F;unde Vernunft an? Da ka&#x0364;men<lb/>
un&#x017F;ere Verleger zu kurz, wenn man bey jedem Aus-<lb/>
drucke jene alte Vettel zu Rathe ziehen wollte.<lb/><hi rendition="#fr">Hallers</hi> Gedichte wu&#x0364;rden, &#x017F;o wenig ihrer auch<lb/>
&#x017F;ind, auf einem Bogen Platz haben; das wu&#x0364;rde<lb/>
aber auch denn eine rechte Wein&#x017F;uppe &#x017F;eyn!</p>
          </div><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Akant-</hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[10/0036] Ah Vorzuͤge falſcher Zucht, der wahren Keuſch- heit Affen. Haller, 21 S. Auch eine von Pracht belaͤſtigte Sehnſucht iſt da zu haben; auch ein Auge, was Glut in muntern Geiſtern ſchuͤrrt. Die Staatsſucht wird da nicht zur Ungluͤckskupplerin. Natuͤr- lich, wie der ſelige Hans Caſpar von Lohen- ſtein, ſchwuͤlſtiges Andenkens. Das Mooß ſchwillt auch da, ſo wie manches großen Wort- ſchoͤpfers Dichtkunſt. Allein Geſchwollen heißt nicht fett und ſtark. Gottſched. Ahne, a. St. Anherr. Der Ahne, des Ahnen: eine ganz ſpannnagelneue Zeugeendung! Des Ahnen Aberwitz wird auch des Enkels ſeyn. Haller, 58 S. Hier ſind auch naſſe Flammen, a. St. ſiedend Waſſer, oder Oel zu fuͤhlen: Zuletzt erwacht der Fuͤrſt und laͤßt zu naſſen Flammen Die Feinde ſeines Reichs mit ſpaͤtem Zorn’ ver- dammen. e. d. Wer hat den ſpaͤten Zorn? Der Fuͤrſt, oder die Feinde? Nur nicht ſo, wie andere Leute geſpro- chen: ſo ſpricht man allezeit recht. Was gehet Dichtern die geſunde Vernunft an? Da kaͤmen unſere Verleger zu kurz, wenn man bey jedem Aus- drucke jene alte Vettel zu Rathe ziehen wollte. Hallers Gedichte wuͤrden, ſo wenig ihrer auch ſind, auf einem Bogen Platz haben; das wuͤrde aber auch denn eine rechte Weinſuppe ſeyn! Akant-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/36
Zitationshilfe: Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/36>, abgerufen am 21.12.2024.