Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754.

Bild:
<< vorherige Seite

Gr
wundern wir auch eine graue Versammlung:
wir werden aber bald grüne und blaue finden; in-
zwischen bekennen wir uns zur weissen.

Gräuel.

Haben wir nicht gelesen, daß unsere dich-
terischen Maler,
denn unsere Maler werden bald
zu dichten anfangen, nur darum so pinseln, da-
mit ein jedes Wort ein Bild darbiethe?
Was
mag doch folgendes für ein Bild haben?

Und verdiente den Tod im garstigsten Gräuel
des Wortes. Noah, 183 S.

Das muß ein garstiger Tod seyn. Fräulein
Debora,
was zu bewundern ist, spricht so; aber
ihre Accente haben viel von Hn. Bodmers sei-
nen an sich. Wir haben es im Spiegel versuchet,
und den Tod so garstig, als möglich, ausgesprochen;
wir grinseten, wie der Tod im Milton, als die
Sünde ihren Liebsten, den verliebten Satan, für
ihren Gemahl und für den Vater des Todes erken-
net. Jst das der Gräuel?

Grotesk.

Es giebet Vögel, die immer ihren eige-
nen Namen rufen: sollte es nicht den Dichtern oft
auch so gehen? Wie schreyet der Kibitz? Was ru-
fet der Kukuk? Wie singet der Puhu? Und wie
accentuirt Bodmer?

Unbehauener Marmor erhob groteske Ge-
stalten. Noah, 388 S.

oder:

Unbehauene Witzsucht erhob groteske Ge-
dichte.
Gründlich Aug:

eben so wie ein seichtes Auge;
denn alles muß gründlich an unserm Kör-

per

Gr
wundern wir auch eine graue Verſammlung:
wir werden aber bald gruͤne und blaue finden; in-
zwiſchen bekennen wir uns zur weiſſen.

Graͤuel.

Haben wir nicht geleſen, daß unſere dich-
teriſchen Maler,
denn unſere Maler werden bald
zu dichten anfangen, nur darum ſo pinſeln, da-
mit ein jedes Wort ein Bild darbiethe?
Was
mag doch folgendes fuͤr ein Bild haben?

Und verdiente den Tod im garſtigſten Graͤuel
des Wortes. Noah, 183 S.

Das muß ein garſtiger Tod ſeyn. Fraͤulein
Debora,
was zu bewundern iſt, ſpricht ſo; aber
ihre Accente haben viel von Hn. Bodmers ſei-
nen an ſich. Wir haben es im Spiegel verſuchet,
und den Tod ſo garſtig, als moͤglich, ausgeſprochen;
wir grinſeten, wie der Tod im Milton, als die
Suͤnde ihren Liebſten, den verliebten Satan, fuͤr
ihren Gemahl und fuͤr den Vater des Todes erken-
net. Jſt das der Graͤuel?

Grotesk.

Es giebet Voͤgel, die immer ihren eige-
nen Namen rufen: ſollte es nicht den Dichtern oft
auch ſo gehen? Wie ſchreyet der Kibitz? Was ru-
fet der Kukuk? Wie ſinget der Puhu? Und wie
accentuirt Bodmer?

Unbehauener Marmor erhob groteske Ge-
ſtalten. Noah, 388 S.

oder:

Unbehauene Witzſucht erhob groteske Ge-
dichte.
Gruͤndlich Aug:

eben ſo wie ein ſeichtes Auge;
denn alles muß gruͤndlich an unſerm Koͤr-

per
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0216" n="190"/><fw place="top" type="header">Gr</fw><lb/>
wundern wir auch eine <hi rendition="#fr">graue Ver&#x017F;ammlung:</hi><lb/>
wir werden aber bald <hi rendition="#fr">gru&#x0364;ne</hi> und <hi rendition="#fr">blaue</hi> finden; in-<lb/>
zwi&#x017F;chen bekennen wir uns zur <hi rendition="#fr">wei&#x017F;&#x017F;en.</hi></p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>Gra&#x0364;uel.</head>
            <p>Haben wir nicht gele&#x017F;en, daß un&#x017F;ere <hi rendition="#fr">dich-<lb/>
teri&#x017F;chen Maler,</hi> denn un&#x017F;ere <hi rendition="#fr">Maler</hi> werden bald<lb/>
zu <hi rendition="#fr">dichten</hi> anfangen, nur darum &#x017F;o <hi rendition="#fr">pin&#x017F;eln, da-<lb/>
mit ein jedes Wort ein Bild darbiethe?</hi> Was<lb/>
mag doch folgendes fu&#x0364;r ein <hi rendition="#fr">Bild</hi> haben?</p><lb/>
            <cit>
              <quote>Und verdiente <hi rendition="#fr">den Tod im gar&#x017F;tig&#x017F;ten Gra&#x0364;uel<lb/><hi rendition="#et">des Wortes. Noah, 183 S.</hi></hi></quote>
              <bibl/>
            </cit><lb/>
            <p>Das muß ein <hi rendition="#fr">gar&#x017F;tiger Tod</hi> &#x017F;eyn. <hi rendition="#fr">Fra&#x0364;ulein<lb/>
Debora,</hi> was zu bewundern i&#x017F;t, &#x017F;pricht &#x017F;o; aber<lb/>
ihre <hi rendition="#fr">Accente</hi> haben viel von <hi rendition="#fr">Hn. Bodmers</hi> &#x017F;ei-<lb/>
nen an &#x017F;ich. Wir haben es im Spiegel ver&#x017F;uchet,<lb/>
und den Tod &#x017F;o gar&#x017F;tig, als mo&#x0364;glich, ausge&#x017F;prochen;<lb/>
wir grin&#x017F;eten, wie der Tod im <hi rendition="#fr">Milton,</hi> als die<lb/>
Su&#x0364;nde ihren Lieb&#x017F;ten, den verliebten Satan, fu&#x0364;r<lb/>
ihren Gemahl und fu&#x0364;r den Vater des Todes erken-<lb/>
net. J&#x017F;t das der Gra&#x0364;uel?</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>Grotesk.</head>
            <p>Es giebet Vo&#x0364;gel, die immer ihren eige-<lb/>
nen Namen rufen: &#x017F;ollte es nicht den Dichtern oft<lb/>
auch &#x017F;o gehen? Wie &#x017F;chreyet der <hi rendition="#fr">Kibitz?</hi> Was ru-<lb/>
fet der <hi rendition="#fr">Kukuk?</hi> Wie &#x017F;inget der <hi rendition="#fr">Puhu?</hi> Und wie<lb/><hi rendition="#fr">accentuirt Bodmer?</hi></p><lb/>
            <cit>
              <quote><hi rendition="#fr">Unbehauener Marmor</hi> erhob <hi rendition="#fr">groteske Ge-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;talten. Noah, 388 S.</hi></hi></quote>
              <bibl/>
            </cit><lb/>
            <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">oder:</hi> </hi> </p><lb/>
            <cit>
              <quote>Unbehauene <hi rendition="#fr">Witz&#x017F;ucht</hi> erhob <hi rendition="#fr">groteske Ge-<lb/><hi rendition="#et">dichte.</hi></hi></quote>
              <bibl/>
            </cit>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>Gru&#x0364;ndlich Aug:</head>
            <p>eben &#x017F;o wie ein <hi rendition="#fr">&#x017F;eichtes Auge;</hi><lb/>
denn alles muß <hi rendition="#fr">gru&#x0364;ndlich</hi> an un&#x017F;erm Ko&#x0364;r-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">per</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[190/0216] Gr wundern wir auch eine graue Verſammlung: wir werden aber bald gruͤne und blaue finden; in- zwiſchen bekennen wir uns zur weiſſen. Graͤuel. Haben wir nicht geleſen, daß unſere dich- teriſchen Maler, denn unſere Maler werden bald zu dichten anfangen, nur darum ſo pinſeln, da- mit ein jedes Wort ein Bild darbiethe? Was mag doch folgendes fuͤr ein Bild haben? Und verdiente den Tod im garſtigſten Graͤuel des Wortes. Noah, 183 S. Das muß ein garſtiger Tod ſeyn. Fraͤulein Debora, was zu bewundern iſt, ſpricht ſo; aber ihre Accente haben viel von Hn. Bodmers ſei- nen an ſich. Wir haben es im Spiegel verſuchet, und den Tod ſo garſtig, als moͤglich, ausgeſprochen; wir grinſeten, wie der Tod im Milton, als die Suͤnde ihren Liebſten, den verliebten Satan, fuͤr ihren Gemahl und fuͤr den Vater des Todes erken- net. Jſt das der Graͤuel? Grotesk. Es giebet Voͤgel, die immer ihren eige- nen Namen rufen: ſollte es nicht den Dichtern oft auch ſo gehen? Wie ſchreyet der Kibitz? Was ru- fet der Kukuk? Wie ſinget der Puhu? Und wie accentuirt Bodmer? Unbehauener Marmor erhob groteske Ge- ſtalten. Noah, 388 S. oder: Unbehauene Witzſucht erhob groteske Ge- dichte. Gruͤndlich Aug: eben ſo wie ein ſeichtes Auge; denn alles muß gruͤndlich an unſerm Koͤr- per

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/216
Zitationshilfe: Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/216>, abgerufen am 30.12.2024.