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Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754.

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Fe

Es stehet um das menschliche Geschlecht, leider!
sehr schlecht; und wir leben unter tausend Ta-
gen nicht einen, den wir nicht bereuen.

Welch eine Wahrheit! d. i. wir haben in dreyen
Jahren nicht einen guten Tag.
Jst das
wahr? Ein Dichter muß sich selbst als einen
Grotesken- und Fratzenmaler ansehen, der seine
Werke verderben würde, wnen er der Natur nach-
ahmete, und die Gleichförmigkeit des Risses beob-
achtete. Er muß allerhand kleine Stücke von un-
terschiedenen Dingen unter einander mengen, die
gar nicht zusammen gehören, als Landschaften,
Historien, Schildereyen und Thiere, welches er
durch eine große Anzahl Züge und Blumenbinden
an dem Kopfe oder am Schwanze, eines an das an-
dere knüpfet; wie die Verbindung seiner Einbil-
dungskraft gefallen wird, und es zu seinem Haupt-
zwecke mit helfen kann; welcher ist durch eine selt-
same widerwärtige Zusammenfügung der Farben
zu blenden, und durch die Widrigkeit und Ungleich-
heit der Bilder in Verwunderung zu bringen.
Dergestalt vereiniget er Vögel und Schlangen,
Tyger und Schafe: Serpentes avibus gemi-
nentur, Tigribus agni;
er giebt Feuer a. St.
eines Grabscheites, und läßt einen Tag ins
Fleisch graben.

Feyern.

Wir haben schon oben gesaget, daß man so
eigentlich nicht weis, was die Engel thun, wann
sie feyern;
noch weniger, wann sie sehen und
feyern.
Denn

Biswei-
Fe

Es ſtehet um das menſchliche Geſchlecht, leider!
ſehr ſchlecht; und wir leben unter tauſend Ta-
gen nicht einen, den wir nicht bereuen.

Welch eine Wahrheit! d. i. wir haben in dreyen
Jahren nicht einen guten Tag.
Jſt das
wahr? Ein Dichter muß ſich ſelbſt als einen
Grotesken- und Fratzenmaler anſehen, der ſeine
Werke verderben wuͤrde, wnen er der Natur nach-
ahmete, und die Gleichfoͤrmigkeit des Riſſes beob-
achtete. Er muß allerhand kleine Stuͤcke von un-
terſchiedenen Dingen unter einander mengen, die
gar nicht zuſammen gehoͤren, als Landſchaften,
Hiſtorien, Schildereyen und Thiere, welches er
durch eine große Anzahl Zuͤge und Blumenbinden
an dem Kopfe oder am Schwanze, eines an das an-
dere knuͤpfet; wie die Verbindung ſeiner Einbil-
dungskraft gefallen wird, und es zu ſeinem Haupt-
zwecke mit helfen kann; welcher iſt durch eine ſelt-
ſame widerwaͤrtige Zuſammenfuͤgung der Farben
zu blenden, und durch die Widrigkeit und Ungleich-
heit der Bilder in Verwunderung zu bringen.
Dergeſtalt vereiniget er Voͤgel und Schlangen,
Tyger und Schafe: Serpentes avibus gemi-
nentur, Tigribus agni;
er giebt Feuer a. St.
eines Grabſcheites, und laͤßt einen Tag ins
Fleiſch graben.

Feyern.

Wir haben ſchon oben geſaget, daß man ſo
eigentlich nicht weis, was die Engel thun, wann
ſie feyern;
noch weniger, wann ſie ſehen und
feyern.
Denn

Biswei-
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[141/0167] Fe Es ſtehet um das menſchliche Geſchlecht, leider! ſehr ſchlecht; und wir leben unter tauſend Ta- gen nicht einen, den wir nicht bereuen. Welch eine Wahrheit! d. i. wir haben in dreyen Jahren nicht einen guten Tag. Jſt das wahr? Ein Dichter muß ſich ſelbſt als einen Grotesken- und Fratzenmaler anſehen, der ſeine Werke verderben wuͤrde, wnen er der Natur nach- ahmete, und die Gleichfoͤrmigkeit des Riſſes beob- achtete. Er muß allerhand kleine Stuͤcke von un- terſchiedenen Dingen unter einander mengen, die gar nicht zuſammen gehoͤren, als Landſchaften, Hiſtorien, Schildereyen und Thiere, welches er durch eine große Anzahl Zuͤge und Blumenbinden an dem Kopfe oder am Schwanze, eines an das an- dere knuͤpfet; wie die Verbindung ſeiner Einbil- dungskraft gefallen wird, und es zu ſeinem Haupt- zwecke mit helfen kann; welcher iſt durch eine ſelt- ſame widerwaͤrtige Zuſammenfuͤgung der Farben zu blenden, und durch die Widrigkeit und Ungleich- heit der Bilder in Verwunderung zu bringen. Dergeſtalt vereiniget er Voͤgel und Schlangen, Tyger und Schafe: Serpentes avibus gemi- nentur, Tigribus agni; er giebt Feuer a. St. eines Grabſcheites, und laͤßt einen Tag ins Fleiſch graben. Feyern. Wir haben ſchon oben geſaget, daß man ſo eigentlich nicht weis, was die Engel thun, wann ſie feyern; noch weniger, wann ſie ſehen und feyern. Denn Biswei-

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Zitationshilfe: Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/167>, abgerufen am 21.12.2024.