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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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Vermögen in seine Behausung schaffen. Dieser
redliche Mann verwunderte sich ziemlich, über meine
Zurückkunft und war erfreuet, daß ich mich wieder
von neuen daselbst etabiliren wolte, versprach mir
auch alle möglichste Dienstleistungen, weßwegen
wir denn etliche Tage nach einander meine Handels-
Bücher vornahmen, die ich versiegelt in seine Ver-
wahrung gegeben hatte und die Eintheilung mach-
ten, wie viel dieser oder jener Creditor haben, und
wie ich meine Sachen etwa sonsten anstellen solte,
damit ich mich wiedrum frey und öffentlich sehen las-
fen dürfte. Herr O.** tractirte meine gantze Sa-
che, und es wuste niemand von meinen Creditoren,
daß ich mich in seinem Hause aufhielt: brachte auch
binnen wenig Wochen, meine Affairen auf einen
solchen Fuß, daß meine Creditores ziemlich begüti-
get wurden, ich von der Obrigkeit einen Salvum
Conductum
erhielt, mich also wiederum auf der
Börse zeigen und mein bißhero sequestrirtes Hauß
beziehen durffte.

Herr H. W. in Hamburg hatte nicht so bald Nach-
richt hiervon bekommen, als er mehr mir zu zu Gefal-
len als seiner eigenen Negocien halber nach D. kam,
und mir so wohl des Capitain Wolffgangs als mei-
nes Sohnes Briefe vorlegte, ich lase zwar diesel-
ben, hielt aber alles vor Mährlein und glaubte, daß
mein Sohn bloß aus Desperation zu Schiffe ge-
gangen wäre, und sich vielleicht von einem listigen
Vogel etwas hätte aufbinden lassen. Herr H. W.
suchte mir dieses auf alle Art auszureden, allein ich
war viel zu kleingläubig, und dieser gute Freund re-
solvir
te sich, seine Reise ferner nach Rußland fort-

zu-

Vermoͤgen in ſeine Behauſung ſchaffen. Dieſer
redliche Mann verwunderte ſich ziemlich, uͤber meine
Zuruͤckkunft und war erfreuet, daß ich mich wieder
von neuen daſelbſt etabiliren wolte, verſprach mir
auch alle moͤglichſte Dienſtleiſtungen, weßwegen
wir denn etliche Tage nach einander meine Handels-
Buͤcher vornahmen, die ich verſiegelt in ſeine Ver-
wahrung gegeben hatte und die Eintheilung mach-
ten, wie viel dieſer oder jener Creditor haben, und
wie ich meine Sachen etwa ſonſten anſtellen ſolte,
damit ich mich wiedrum frey und oͤffentlich ſehen laſ-
fen duͤrfte. Herr O.** tractirte meine gantze Sa-
che, und es wuſte niemand von meinen Creditoren,
daß ich mich in ſeinem Hauſe aufhielt: brachte auch
binnen wenig Wochen, meine Affairen auf einen
ſolchen Fuß, daß meine Creditores ziemlich beguͤti-
get wurden, ich von der Obrigkeit einen Salvum
Conductum
erhielt, mich alſo wiederum auf der
Boͤrſe zeigen und mein bißhero ſequeſtrirtes Hauß
beziehen durffte.

Herr H. W. in Hamburg hatte nicht ſo bald Nach-
richt hiervon bekommen, als er mehr mir zu zu Gefal-
len als ſeiner eigenen Negocien halber nach D. kam,
und mir ſo wohl des Capitain Wolffgangs als mei-
nes Sohnes Briefe vorlegte, ich laſe zwar dieſel-
ben, hielt aber alles vor Maͤhrlein und glaubte, daß
mein Sohn bloß aus Deſperation zu Schiffe ge-
gangen waͤre, und ſich vielleicht von einem liſtigen
Vogel etwas haͤtte aufbinden laſſen. Herr H. W.
ſuchte mir dieſes auf alle Art auszureden, allein ich
war viel zu kleinglaͤubig, und dieſer gute Freund re-
ſolvir
te ſich, ſeine Reiſe ferner nach Rußland fort-

zu-
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[29/0037] Vermoͤgen in ſeine Behauſung ſchaffen. Dieſer redliche Mann verwunderte ſich ziemlich, uͤber meine Zuruͤckkunft und war erfreuet, daß ich mich wieder von neuen daſelbſt etabiliren wolte, verſprach mir auch alle moͤglichſte Dienſtleiſtungen, weßwegen wir denn etliche Tage nach einander meine Handels- Buͤcher vornahmen, die ich verſiegelt in ſeine Ver- wahrung gegeben hatte und die Eintheilung mach- ten, wie viel dieſer oder jener Creditor haben, und wie ich meine Sachen etwa ſonſten anſtellen ſolte, damit ich mich wiedrum frey und oͤffentlich ſehen laſ- fen duͤrfte. Herr O.** tractirte meine gantze Sa- che, und es wuſte niemand von meinen Creditoren, daß ich mich in ſeinem Hauſe aufhielt: brachte auch binnen wenig Wochen, meine Affairen auf einen ſolchen Fuß, daß meine Creditores ziemlich beguͤti- get wurden, ich von der Obrigkeit einen Salvum Conductum erhielt, mich alſo wiederum auf der Boͤrſe zeigen und mein bißhero ſequeſtrirtes Hauß beziehen durffte. Herr H. W. in Hamburg hatte nicht ſo bald Nach- richt hiervon bekommen, als er mehr mir zu zu Gefal- len als ſeiner eigenen Negocien halber nach D. kam, und mir ſo wohl des Capitain Wolffgangs als mei- nes Sohnes Briefe vorlegte, ich laſe zwar dieſel- ben, hielt aber alles vor Maͤhrlein und glaubte, daß mein Sohn bloß aus Deſperation zu Schiffe ge- gangen waͤre, und ſich vielleicht von einem liſtigen Vogel etwas haͤtte aufbinden laſſen. Herr H. W. ſuchte mir dieſes auf alle Art auszureden, allein ich war viel zu kleinglaͤubig, und dieſer gute Freund re- ſolvirte ſich, ſeine Reiſe ferner nach Rußland fort- zu-

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/37>, abgerufen am 26.04.2024.