Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

Bild:
<< vorherige Seite
Ungetreuer!

NIcht die Lucretia, sondern ich selbst habe
euch bestellet, um mich zu rächen, einen
Dolch in euer lasterhafftes und meineydiges
Hertze zu stossen, bin aber, wie ich mercke,
zu schwach gewesen, diesem Werckzeuge
meiner gerechten Rache, gnugsamen Nach-
druck zu geben. Jedoch ich gerröste mich
dessen, daß bald eine stärckere Faust über euch
kommen soll, denn es wird nicht eher wieder
vergnügr leben, biß da weiß, daß ihr in die
andere Welt geschickt seyd,

Die
deren getreuer Liebe ihr niemahls
würdig gewesen.

Nun ist es Zeit, (sprach mein Herr, nachdem
er diese Zeilen gelesen, zu dem Cammer-Diener,) daß
ich Paris verlasse, machet derowegen Anstalt, daß
wir je ehe je lieber nach dem Turinischen Hofe auf-
brechen. Der Cammer-Diener, welcher nun-
mehro mit Mißvergnügen sahe, daß seine Prophe-
ceyung mehr als zu zeitig eingetroffen, ließ an seinem
Fleisse nichts ermangeln, derowegen brachen wir,
nachdem mein Herr von seinen besten Freunden,
unter einem gantz andern Vorwande, kurtzen Ab-
schied genommen, eiligst auf, und nahmen unsern
Weg mit kurtzen Tage-Reisen auf Troyes zu, all-
wo wir die Bagage noch antraffen, dieselbe aber
voraus gehen liessen, weil mein Herr gesonnen war/
einige Tage hieselbst auszuruhen; allein, seine Ruhe
währete nicht lange, den gleich andern Tages ge-

gen
(C c 5)
Ungetreuer!

NIcht die Lucretia, ſondern ich ſelbſt habe
euch beſtellet, um mich zu raͤchen, einen
Dolch in euer laſterhafftes und meineydiges
Hertze zu ſtoſſen, bin aber, wie ich mercke,
zu ſchwach geweſen, dieſem Werckzeuge
meiner gerechten Rache, gnugſamen Nach-
druck zu geben. Jedoch ich gerroͤſte mich
deſſen, daß bald eine ſtaͤrckere Fauſt uͤber euch
kommen ſoll, denn es wird nicht eher wieder
vergnuͤgr leben, biß da weiß, daß ihr in die
andere Welt geſchickt ſeyd,

Die
deren getreuer Liebe ihr niemahls
wuͤrdig geweſen.

Nun iſt es Zeit, (ſprach mein Herr, nachdem
er dieſe Zeilen geleſen, zu dem Cammer-Diener,) daß
ich Paris verlaſſe, machet derowegen Anſtalt, daß
wir je ehe je lieber nach dem Turiniſchen Hofe auf-
brechen. Der Cammer-Diener, welcher nun-
mehro mit Mißvergnuͤgen ſahe, daß ſeine Prophe-
ceyung mehr als zu zeitig eingetroffen, ließ an ſeinem
Fleiſſe nichts ermangeln, derowegen brachen wir,
nachdem mein Herr von ſeinen beſten Freunden,
unter einem gantz andern Vorwande, kurtzen Ab-
ſchied genommen, eiligſt auf, und nahmen unſern
Weg mit kurtzen Tage-Reiſen auf Troyes zu, all-
wo wir die Bagage noch antraffen, dieſelbe aber
voraus gehen lieſſen, weil mein Herr geſonnen war/
einige Tage hieſelbſt auszuruhen; allein, ſeine Ruhe
waͤhrete nicht lange, den gleich andern Tages ge-

gen
(C c 5)
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0417" n="409"/>
          <floatingText>
            <body>
              <div type="letter">
                <salute> <hi rendition="#c">Ungetreuer!</hi> </salute><lb/>
                <p> <hi rendition="#in">N</hi> <hi rendition="#fr">Icht die</hi> <hi rendition="#aq">Lucretia,</hi> <hi rendition="#fr">&#x017F;ondern ich &#x017F;elb&#x017F;t habe<lb/>
euch be&#x017F;tellet, um mich zu ra&#x0364;chen, einen<lb/>
Dolch in euer la&#x017F;terhafftes und meineydiges<lb/>
Hertze zu &#x017F;to&#x017F;&#x017F;en, bin aber, wie ich mercke,<lb/>
zu &#x017F;chwach gewe&#x017F;en, die&#x017F;em Werckzeuge<lb/>
meiner gerechten Rache, gnug&#x017F;amen Nach-<lb/>
druck zu geben. Jedoch ich gerro&#x0364;&#x017F;te mich<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en, daß bald eine &#x017F;ta&#x0364;rckere Fau&#x017F;t u&#x0364;ber euch<lb/>
kommen &#x017F;oll, denn es wird nicht eher wieder<lb/>
vergnu&#x0364;gr leben, biß da weiß, daß ihr in die<lb/>
andere Welt ge&#x017F;chickt &#x017F;eyd,</hi> </p><lb/>
                <closer>
                  <salute> <hi rendition="#et">Die<lb/>
deren getreuer Liebe ihr niemahls<lb/>
wu&#x0364;rdig gewe&#x017F;en.</hi> </salute>
                </closer>
              </div>
            </body>
          </floatingText><lb/>
          <p>Nun i&#x017F;t es Zeit, (&#x017F;prach mein Herr, nachdem<lb/>
er die&#x017F;e Zeilen gele&#x017F;en, zu dem Cammer-Diener,) daß<lb/>
ich Paris verla&#x017F;&#x017F;e, machet derowegen An&#x017F;talt, daß<lb/>
wir je ehe je lieber nach dem Turini&#x017F;chen Hofe auf-<lb/>
brechen. Der Cammer-Diener, welcher nun-<lb/>
mehro mit Mißvergnu&#x0364;gen &#x017F;ahe, daß &#x017F;eine Prophe-<lb/>
ceyung mehr als zu zeitig eingetroffen, ließ an &#x017F;einem<lb/>
Flei&#x017F;&#x017F;e nichts ermangeln, derowegen brachen wir,<lb/>
nachdem mein Herr von &#x017F;einen be&#x017F;ten Freunden,<lb/>
unter einem gantz andern Vorwande, kurtzen Ab-<lb/>
&#x017F;chied genommen, eilig&#x017F;t auf, und nahmen un&#x017F;ern<lb/>
Weg mit kurtzen Tage-Rei&#x017F;en auf <hi rendition="#aq">Troyes</hi> zu, all-<lb/>
wo wir die <hi rendition="#aq">Bagage</hi> noch antraffen, die&#x017F;elbe aber<lb/>
voraus gehen lie&#x017F;&#x017F;en, weil mein Herr ge&#x017F;onnen war/<lb/>
einige Tage hie&#x017F;elb&#x017F;t auszuruhen; allein, &#x017F;eine Ruhe<lb/>
wa&#x0364;hrete nicht lange, den gleich andern Tages ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">(C c 5)</fw><fw place="bottom" type="catch">gen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[409/0417] Ungetreuer! NIcht die Lucretia, ſondern ich ſelbſt habe euch beſtellet, um mich zu raͤchen, einen Dolch in euer laſterhafftes und meineydiges Hertze zu ſtoſſen, bin aber, wie ich mercke, zu ſchwach geweſen, dieſem Werckzeuge meiner gerechten Rache, gnugſamen Nach- druck zu geben. Jedoch ich gerroͤſte mich deſſen, daß bald eine ſtaͤrckere Fauſt uͤber euch kommen ſoll, denn es wird nicht eher wieder vergnuͤgr leben, biß da weiß, daß ihr in die andere Welt geſchickt ſeyd, Die deren getreuer Liebe ihr niemahls wuͤrdig geweſen. Nun iſt es Zeit, (ſprach mein Herr, nachdem er dieſe Zeilen geleſen, zu dem Cammer-Diener,) daß ich Paris verlaſſe, machet derowegen Anſtalt, daß wir je ehe je lieber nach dem Turiniſchen Hofe auf- brechen. Der Cammer-Diener, welcher nun- mehro mit Mißvergnuͤgen ſahe, daß ſeine Prophe- ceyung mehr als zu zeitig eingetroffen, ließ an ſeinem Fleiſſe nichts ermangeln, derowegen brachen wir, nachdem mein Herr von ſeinen beſten Freunden, unter einem gantz andern Vorwande, kurtzen Ab- ſchied genommen, eiligſt auf, und nahmen unſern Weg mit kurtzen Tage-Reiſen auf Troyes zu, all- wo wir die Bagage noch antraffen, dieſelbe aber voraus gehen lieſſen, weil mein Herr geſonnen war/ einige Tage hieſelbſt auszuruhen; allein, ſeine Ruhe waͤhrete nicht lange, den gleich andern Tages ge- gen (C c 5)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/417
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/417>, abgerufen am 21.11.2024.