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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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xismus vorüber, und er nur einiger massen wieder-
um zu Verstande kömmt, lassen dessen Freunde nebst
denen Medicis und Chirurgis, meinen sel. Vater
um Mitternachts-Zeit abermahls inständig bitten,
sich dahin zu bemühen und des Patienten Seele aus
des Teufels Rachen zu reissen, weilen allen Umstän-
den nach, selbiger schwerlich noch einen Tag über-
leben würde. Mein sel. Vater lässet an seiner
Hurtigkeit und allen ersinnlichen Arten der Uber-
redung nichts ermangeln, kan aber dennoch seinen
Zweck nicht im geringsten erreichen, weiln der Pa-
tient ohnabläßig ruft: Man solle ihm den schwar-
tzen Pfaffen von Halse schaffen, oder er müsse ver-
zweifeln. Mein werther Herr und Freund, sagt
endlich mein sel. Vater, ich wolte gern einen weis-
sen, blauen, rothen oder anders gefärbten Rock an-
ziehen, wenn es mir in solcher Kleidung möglich wä-
re, eure arme Seele aus des Satans Netzen zu wi-
ckeln, allein fasset alle eure Vernunfft zusammen und
überleget, ob es nicht besser sey, einen schwartz geklei-
deten Diener GOttes, der den Weg zum Himmel
zeiget, alsunzählige höllische Geister, die auf die theuer
erkauffte Seele lauren, vor seinem Sterbe-Bette zu
dulten.

Kaum hat mein sel. Vater die letzte Sylbe sei-
ner Worte ausgesprochen, als der vom Satan ge-
stärckte Patient ohnvermuthet aus dem Bette
springt, ihn samt seinen Sessel zu Boden stösst, über
meinen sel. Vater herfällt, und dessen Gesicht mit
den Finger-Nägeln aufs grimmigste zerkratzt, über
dieses ihm zwey Bisse in die Backen und den dritten
in das lincke Ohr versetzt, ja endlich denselben ohn-

fehlbar

xiſmus voruͤber, und er nur einiger maſſen wieder-
um zu Verſtande koͤmmt, laſſen deſſen Freunde nebſt
denen Medicis und Chirurgis, meinen ſel. Vater
um Mitternachts-Zeit abermahls inſtaͤndig bitten,
ſich dahin zu bemuͤhen und des Patienten Seele aus
des Teufels Rachen zu reiſſen, weilen allen Umſtaͤn-
den nach, ſelbiger ſchwerlich noch einen Tag uͤber-
leben wuͤrde. Mein ſel. Vater laͤſſet an ſeiner
Hurtigkeit und allen erſinnlichen Arten der Uber-
redung nichts ermangeln, kan aber dennoch ſeinen
Zweck nicht im geringſten erreichen, weiln der Pa-
tient ohnablaͤßig ruft: Man ſolle ihm den ſchwar-
tzen Pfaffen von Halſe ſchaffen, oder er muͤſſe ver-
zweifeln. Mein werther Herr und Freund, ſagt
endlich mein ſel. Vater, ich wolte gern einen weiſ-
ſen, blauen, rothen oder anders gefaͤrbten Rock an-
ziehen, wenn es mir in ſolcher Kleidung moͤglich waͤ-
re, eure arme Seele aus des Satans Netzen zu wi-
ckeln, allein faſſet alle eure Vernunfft zuſammen und
uͤberleget, ob es nicht beſſer ſey, einen ſchwartz geklei-
deten Diener GOttes, der den Weg zum Himmel
zeiget, alsunzaͤhlige hoͤlliſche Geiſter, die auf die theuer
erkauffte Seele lauren, vor ſeinem Sterbe-Bette zu
dulten.

Kaum hat mein ſel. Vater die letzte Sylbe ſei-
ner Worte ausgeſprochen, als der vom Satan ge-
ſtaͤrckte Patient ohnvermuthet aus dem Bette
ſpringt, ihn ſamt ſeinen Seſſel zu Boden ſtoͤſſt, uͤber
meinen ſel. Vater herfaͤllt, und deſſen Geſicht mit
den Finger-Naͤgeln aufs grimmigſte zerkratzt, uͤber
dieſes ihm zwey Biſſe in die Backen und den dritten
in das lincke Ohr verſetzt, ja endlich denſelben ohn-

fehlbar
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[8/0022] xiſmus voruͤber, und er nur einiger maſſen wieder- um zu Verſtande koͤmmt, laſſen deſſen Freunde nebſt denen Medicis und Chirurgis, meinen ſel. Vater um Mitternachts-Zeit abermahls inſtaͤndig bitten, ſich dahin zu bemuͤhen und des Patienten Seele aus des Teufels Rachen zu reiſſen, weilen allen Umſtaͤn- den nach, ſelbiger ſchwerlich noch einen Tag uͤber- leben wuͤrde. Mein ſel. Vater laͤſſet an ſeiner Hurtigkeit und allen erſinnlichen Arten der Uber- redung nichts ermangeln, kan aber dennoch ſeinen Zweck nicht im geringſten erreichen, weiln der Pa- tient ohnablaͤßig ruft: Man ſolle ihm den ſchwar- tzen Pfaffen von Halſe ſchaffen, oder er muͤſſe ver- zweifeln. Mein werther Herr und Freund, ſagt endlich mein ſel. Vater, ich wolte gern einen weiſ- ſen, blauen, rothen oder anders gefaͤrbten Rock an- ziehen, wenn es mir in ſolcher Kleidung moͤglich waͤ- re, eure arme Seele aus des Satans Netzen zu wi- ckeln, allein faſſet alle eure Vernunfft zuſammen und uͤberleget, ob es nicht beſſer ſey, einen ſchwartz geklei- deten Diener GOttes, der den Weg zum Himmel zeiget, alsunzaͤhlige hoͤlliſche Geiſter, die auf die theuer erkauffte Seele lauren, vor ſeinem Sterbe-Bette zu dulten. Kaum hat mein ſel. Vater die letzte Sylbe ſei- ner Worte ausgeſprochen, als der vom Satan ge- ſtaͤrckte Patient ohnvermuthet aus dem Bette ſpringt, ihn ſamt ſeinen Seſſel zu Boden ſtoͤſſt, uͤber meinen ſel. Vater herfaͤllt, und deſſen Geſicht mit den Finger-Naͤgeln aufs grimmigſte zerkratzt, uͤber dieſes ihm zwey Biſſe in die Backen und den dritten in das lincke Ohr verſetzt, ja endlich denſelben ohn- fehlbar

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/22>, abgerufen am 26.04.2024.