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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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Es ist leicht zu erachten, daß die mächtigen Be-
förderer über dergleichen einfältiges und doch hoch-
trabendes Memoriale nicht wenig werden gelacht
haben, jedoch bekam er das Fiat gleich auf der
Stätte, mit der eintzigen Bedingung, daß er sich
von dem Stadt-Organisten erstlich solte tentiren
lassen. Dieser nun war ein gantz besonderer
Spaß-Vogel, und mochte entweder das Memo-
riale
selbst gelesen, oder wenigstens den gantzen
Jnhalt gehöret haben, mithin wurde mein Schwa-
ger, der vielleicht noch nicht Zwirn genug im Kopf
hatte, vollends zum Narren gemacht, denn weil er
wegen seiner Probe durchaus ein schrifftliches At-
testat
von dem Organisten verlangete, erhielt er
endlich folgendes:

Jch Endes unterschriebener bekenne
durch dieses, daß Meister Michel Con-
rad
N. bey seiner abgelegten Calcanten-Probe
sehr wohl, und fast besser, als sein
Antecessor be-
standen, denn nachdem er von mir durch al-
le
musicalische Regeln, die einem Kunsterfahrnen
Calcanten zu observiren nöthig sind, durchge-
nommen worden, so habe an ihm nichts aus-
zusetzen gefunden, als daß er nicht so leicht

moll als dur treten, oder nach der Kunst zu
schreiben, spielen kan, welches sich aber bey
fernern
Exercitio schon geben wird, denn der
Mann hat in Wahrheit sehr feine
Maniren an
sich, die sich ein anderer, der nicht von
Jugend auf die Füsse unter dem Weber-
Stuhle gehabt, nicht so leicht angewöhnen
möchte. Ubrigens ist er auch gegen andere

gantz

Es iſt leicht zu erachten, daß die maͤchtigen Be-
foͤrderer uͤber dergleichen einfaͤltiges und doch hoch-
trabendes Memoriale nicht wenig werden gelacht
haben, jedoch bekam er das Fiat gleich auf der
Staͤtte, mit der eintzigen Bedingung, daß er ſich
von dem Stadt-Organiſten erſtlich ſolte tentiren
laſſen. Dieſer nun war ein gantz beſonderer
Spaß-Vogel, und mochte entweder das Memo-
riale
ſelbſt geleſen, oder wenigſtens den gantzen
Jnhalt gehoͤret haben, mithin wurde mein Schwa-
ger, der vielleicht noch nicht Zwirn genug im Kopf
hatte, vollends zum Narren gemacht, denn weil er
wegen ſeiner Probe durchaus ein ſchrifftliches At-
teſtat
von dem Organiſten verlangete, erhielt er
endlich folgendes:

Jch Endes unterſchriebener bekenne
durch dieſes, daß Meiſter Michel Con-
rad
N. bey ſeiner abgelegten Calcanten-Probe
ſehr wohl, und faſt beſſer, als ſein
Anteceſſor be-
ſtanden, denn nachdem er von mir durch al-
le
muſicaliſche Regeln, die einem Kunſterfahrnen
Calcanten zu obſerviren noͤthig ſind, durchge-
nommen worden, ſo habe an ihm nichts aus-
zuſetzen gefunden, als daß er nicht ſo leicht

moll als dur treten, oder nach der Kunſt zu
ſchreiben, ſpielen kan, welches ſich aber bey
fernern
Exercitio ſchon geben wird, denn der
Mann hat in Wahrheit ſehr feine
Maniren an
ſich, die ſich ein anderer, der nicht von
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Stuhle gehabt, nicht ſo leicht angewoͤhnen
moͤchte. Ubrigens iſt er auch gegen andere

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[434/0448] Es iſt leicht zu erachten, daß die maͤchtigen Be- foͤrderer uͤber dergleichen einfaͤltiges und doch hoch- trabendes Memoriale nicht wenig werden gelacht haben, jedoch bekam er das Fiat gleich auf der Staͤtte, mit der eintzigen Bedingung, daß er ſich von dem Stadt-Organiſten erſtlich ſolte tentiren laſſen. Dieſer nun war ein gantz beſonderer Spaß-Vogel, und mochte entweder das Memo- riale ſelbſt geleſen, oder wenigſtens den gantzen Jnhalt gehoͤret haben, mithin wurde mein Schwa- ger, der vielleicht noch nicht Zwirn genug im Kopf hatte, vollends zum Narren gemacht, denn weil er wegen ſeiner Probe durchaus ein ſchrifftliches At- teſtat von dem Organiſten verlangete, erhielt er endlich folgendes: Jch Endes unterſchriebener bekenne durch dieſes, daß Meiſter Michel Con- rad N. bey ſeiner abgelegten Calcanten-Probe ſehr wohl, und faſt beſſer, als ſein Anteceſſor be- ſtanden, denn nachdem er von mir durch al- le muſicaliſche Regeln, die einem Kunſterfahrnen Calcanten zu obſerviren noͤthig ſind, durchge- nommen worden, ſo habe an ihm nichts aus- zuſetzen gefunden, als daß er nicht ſo leicht moll als dur treten, oder nach der Kunſt zu ſchreiben, ſpielen kan, welches ſich aber bey fernern Exercitio ſchon geben wird, denn der Mann hat in Wahrheit ſehr feine Maniren an ſich, die ſich ein anderer, der nicht von Jugend auf die Fuͤſſe unter dem Weber- Stuhle gehabt, nicht ſo leicht angewoͤhnen moͤchte. Ubrigens iſt er auch gegen andere gantz

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 434. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/448>, abgerufen am 21.12.2024.