Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.Weibern hochgehaltenen Aberglauben. nem frischen Vasse zu kommen. Wie sich aberdiese Meynung mit der ersten vergleichen lasse/ kan ich nicht begreiffen/ denn die ersten sollen schnell mit dem Biere fortlauffen/ und die andern sollen dargegen stille stehen und sauffen; und das beydes soll doch gleich wohl einerley Würckung haben. Ob nun lauffen und stille stehen einerley sey/ das wird wohl der allerklügste Bauer in dem grössesten Dorffe schwerlich können ergründen. Bleibt demnach wohl dabey/ daß das beste Bier am besten abgehe. Gut Gettäncke geht schnell ab/ mit dem schlimmen bleibt man sitzen/ Ob auch lieffe noch so sehr/ daß er möchte drüber schwitzen/ Der die erste Kanne kriegt aus dem schlim- men; aber besser/ Wenn das Bier ist gutes Schmacks/ wer- den leer dieselben Vässer. Das 73. Capitel. Man soll die kleinen Kinder nicht EIn klein Kind/ das noch ins Küssen und demnach Z 2
Weibern hochgehaltenen Aberglauben. nem friſchen Vaſſe zu kommen. Wie ſich aberdieſe Meynung mit der erſten vergleichen laſſe/ kan ich nicht begreiffen/ denn die erſten ſollen ſchnell mit dem Biere fortlauffen/ und die andern ſollen dargegen ſtille ſtehen und ſauffen; und das beydes ſoll doch gleich wohl einerley Wuͤrckung haben. Ob nun lauffen und ſtille ſtehen einerley ſey/ das wird wohl der allerkluͤgſte Bauer in dem groͤſſeſten Dorffe ſchwerlich koͤnnen ergruͤnden. Bleibt demnach wohl dabey/ daß das beſte Bier am beſten abgehe. Gut Gettaͤncke geht ſchnell ab/ mit dem ſchlimmen bleibt man ſitzen/ Ob auch lieffe noch ſo ſehr/ daß er moͤchte druͤber ſchwitzen/ Der die erſte Kanne kriegt aus dem ſchlim- men; aber beſſer/ Wenn das Bier iſt gutes Schmacks/ wer- den leer dieſelben Vaͤſſer. Das 73. Capitel. Man ſoll die kleinen Kinder nicht EIn klein Kind/ das noch ins Kuͤſſen und demnach Z 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb n="355" facs="#f0179"/><fw type="header" place="top">Weibern hochgehaltenen Aberglauben.</fw><lb/> nem friſchen Vaſſe zu kommen. Wie ſich aber<lb/> dieſe Meynung mit der erſten vergleichen laſſe/<lb/> kan ich nicht begreiffen/ denn die erſten ſollen<lb/> ſchnell mit dem Biere fortlauffen/ und die andern<lb/> ſollen dargegen ſtille ſtehen und ſauffen; und das<lb/> beydes ſoll doch gleich wohl einerley Wuͤrckung<lb/> haben. Ob nun lauffen und ſtille ſtehen einerley<lb/> ſey/ das wird wohl der allerkluͤgſte Bauer in dem<lb/> groͤſſeſten Dorffe ſchwerlich koͤnnen ergruͤnden.<lb/> Bleibt demnach wohl dabey/ daß das beſte Bier<lb/> am beſten abgehe.</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Gut Gettaͤncke geht ſchnell ab/ mit dem</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">ſchlimmen bleibt man ſitzen/</hi> </l><lb/> <l>Ob auch lieffe noch ſo ſehr/ daß er moͤchte</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">druͤber ſchwitzen/</hi> </l><lb/> <l>Der die erſte Kanne kriegt aus dem ſchlim-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">men; aber beſſer/</hi> </l><lb/> <l>Wenn das Bier iſt gutes Schmacks/ wer-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">den leer dieſelben Vaͤſſer.</hi> </l> </lg> </div><lb/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Das 73. Capitel.</hi> </head><lb/> <argument> <p>Man ſoll die kleinen Kinder nicht<lb/> mit bloſſen Fuͤſſen auff den Tiſch treten laſ-<lb/><hi rendition="#c">ſen/ denn ſie bekommen davon boͤſe<lb/> Fuͤſſe.</hi></p> </argument><lb/> <p><hi rendition="#in">E</hi>In klein Kind/ das noch ins Kuͤſſen und<lb/> Windeln gewickelt wird/ das wird wenig<lb/> auff den Tiſch tantzen gehen/ und trit<supplied>t</supplied><lb/> <fw type="sig" place="bottom">Z 2</fw><fw type="catch" place="bottom">demnach</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [355/0179]
Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
nem friſchen Vaſſe zu kommen. Wie ſich aber
dieſe Meynung mit der erſten vergleichen laſſe/
kan ich nicht begreiffen/ denn die erſten ſollen
ſchnell mit dem Biere fortlauffen/ und die andern
ſollen dargegen ſtille ſtehen und ſauffen; und das
beydes ſoll doch gleich wohl einerley Wuͤrckung
haben. Ob nun lauffen und ſtille ſtehen einerley
ſey/ das wird wohl der allerkluͤgſte Bauer in dem
groͤſſeſten Dorffe ſchwerlich koͤnnen ergruͤnden.
Bleibt demnach wohl dabey/ daß das beſte Bier
am beſten abgehe.
Gut Gettaͤncke geht ſchnell ab/ mit dem
ſchlimmen bleibt man ſitzen/
Ob auch lieffe noch ſo ſehr/ daß er moͤchte
druͤber ſchwitzen/
Der die erſte Kanne kriegt aus dem ſchlim-
men; aber beſſer/
Wenn das Bier iſt gutes Schmacks/ wer-
den leer dieſelben Vaͤſſer.
Das 73. Capitel.
Man ſoll die kleinen Kinder nicht
mit bloſſen Fuͤſſen auff den Tiſch treten laſ-
ſen/ denn ſie bekommen davon boͤſe
Fuͤſſe.
EIn klein Kind/ das noch ins Kuͤſſen und
Windeln gewickelt wird/ das wird wenig
auff den Tiſch tantzen gehen/ und tritt
demnach
Z 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/179 |
Zitationshilfe: | Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/179>, abgerufen am 03.03.2025. |