Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.

Bild:
<< vorherige Seite
Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
So trägt es etwas bey/ daß Seegen und Ge-
deyen
Muß einem GOttes-Freund das Hertze
recht erfreuen.
Wo aber Phantasey und abergläub'sche
Sachen
Man auch mit untermengt/ so werden diese
machen/
Daß alles wird verkehrt/ die Hoffnung
wird zunichte/
Weil es ein Greuel ist für GOttes Angesich-
te.
Das 42. Capitel.

Wem frühmorgens eine Spinne
auff dem Rocke kreucht/ der wird des Ta-
ges glückselig seyn.

ES ist eine allgemeine Gewohnheit/ daß
wenn man das Gemüthe entdecken will/
daß man einem recht gram und feind sey/
so spricht man: Ich bin ihm Spinnen-feind; o-
der: Der ist dem und dem so feind als einer
Spinnen. Woraus zur Gnüge abzunehmen
ist/ daß zwischen den Menschen und denen Spin-
nen eine natürliche Feindschafft seyn müsse. Wie
reimet sich aber denn nun eine Glück-anzeigende
Creatur auch zugleich eine feindselige zu nennen?
Ich kan es/ nach meiner Einfalt und Vernunfft/

nicht
Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
So traͤgt es etwas bey/ daß Seegen und Ge-
deyen
Muß einem GOttes-Freund das Hertze
recht erfreuen.
Wo aber Phantaſey und aberglaͤub’ſche
Sachen
Man auch mit untermengt/ ſo werden dieſe
machen/
Daß alles wird verkehrt/ die Hoffnung
wird zunichte/
Weil es ein Greuel iſt fuͤr GOttes Angeſich-
te.
Das 42. Capitel.

Wem fruͤhmorgens eine Spinne
auff dem Rocke kreucht/ der wird des Ta-
ges gluͤckſelig ſeyn.

ES iſt eine allgemeine Gewohnheit/ daß
wenn man das Gemuͤthe entdecken will/
daß man einem recht gram und feind ſey/
ſo ſpricht man: Ich bin ihm Spinnen-feind; o-
der: Der iſt dem und dem ſo feind als einer
Spinnen. Woraus zur Gnuͤge abzunehmen
iſt/ daß zwiſchen den Menſchen und denen Spin-
nen eine natuͤrliche Feindſchafft ſeyn muͤſſe. Wie
reimet ſich aber denn nun eine Gluͤck-anzeigende
Creatur auch zugleich eine feindſelige zu nennen?
Ich kan es/ nach meiner Einfalt und Vernunfft/

nicht
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0107" n="283"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#fr">Weibern hochgehaltenen Aberglauben.</hi> </fw><lb/>
          <l>So tra&#x0364;gt es etwas bey/ daß Seegen und Ge-</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">deyen</hi> </l><lb/>
          <l>Muß einem GOttes-Freund das Hertze</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">recht erfreuen.</hi> </l><lb/>
          <l>Wo aber Phanta&#x017F;ey und abergla&#x0364;ub&#x2019;&#x017F;che</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">Sachen</hi> </l><lb/>
          <l>Man auch mit untermengt/ &#x017F;o werden die&#x017F;e</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">machen/</hi> </l><lb/>
          <l>Daß alles wird verkehrt/ die Hoffnung</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">wird zunichte/</hi> </l><lb/>
          <l>Weil es ein Greuel i&#x017F;t fu&#x0364;r GOttes Ange&#x017F;ich-</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">te.</hi> </l>
        </lg>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Das 42. Capitel.</hi> </head><lb/>
        <argument>
          <p>Wem fru&#x0364;hmorgens eine Spinne<lb/><hi rendition="#c">auff dem Rocke kreucht/ der wird des Ta-<lb/>
ges glu&#x0364;ck&#x017F;elig &#x017F;eyn.</hi></p>
        </argument><lb/>
        <p><hi rendition="#in">E</hi>S i&#x017F;t eine allgemeine Gewohnheit/ daß<lb/>
wenn man das Gemu&#x0364;the entdecken will/<lb/>
daß man einem recht gram und feind &#x017F;ey/<lb/>
&#x017F;o &#x017F;pricht man: Ich bin ihm Spinnen-feind; o-<lb/>
der: Der i&#x017F;t dem und dem &#x017F;o feind als einer<lb/>
Spinnen. Woraus zur Gnu&#x0364;ge abzunehmen<lb/>
i&#x017F;t/ daß zwi&#x017F;chen den Men&#x017F;chen und denen Spin-<lb/>
nen eine natu&#x0364;rliche Feind&#x017F;chafft &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e. Wie<lb/>
reimet &#x017F;ich aber denn nun eine Glu&#x0364;ck-anzeigende<lb/>
Creatur auch zugleich eine feind&#x017F;elige zu nennen?<lb/>
Ich kan es/ nach meiner Einfalt und Vernunfft/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nicht</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[283/0107] Weibern hochgehaltenen Aberglauben. So traͤgt es etwas bey/ daß Seegen und Ge- deyen Muß einem GOttes-Freund das Hertze recht erfreuen. Wo aber Phantaſey und aberglaͤub’ſche Sachen Man auch mit untermengt/ ſo werden dieſe machen/ Daß alles wird verkehrt/ die Hoffnung wird zunichte/ Weil es ein Greuel iſt fuͤr GOttes Angeſich- te. Das 42. Capitel. Wem fruͤhmorgens eine Spinne auff dem Rocke kreucht/ der wird des Ta- ges gluͤckſelig ſeyn. ES iſt eine allgemeine Gewohnheit/ daß wenn man das Gemuͤthe entdecken will/ daß man einem recht gram und feind ſey/ ſo ſpricht man: Ich bin ihm Spinnen-feind; o- der: Der iſt dem und dem ſo feind als einer Spinnen. Woraus zur Gnuͤge abzunehmen iſt/ daß zwiſchen den Menſchen und denen Spin- nen eine natuͤrliche Feindſchafft ſeyn muͤſſe. Wie reimet ſich aber denn nun eine Gluͤck-anzeigende Creatur auch zugleich eine feindſelige zu nennen? Ich kan es/ nach meiner Einfalt und Vernunfft/ nicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/107
Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/107>, abgerufen am 21.11.2024.