Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705.Untersuchung/ derer von super-klugen man sich nicht an das Lauten/ sondern isset ohneSorge und Unfall/ ohne daß hiervon iemanden die Zähne weh thun. Ich bilde mir aber ein/ es habe diese Meynung ihren Ursprung von einer Schertz-Rede/ wenn irgend einer mag gesagt ha- ben: Wenn man zu der Zeit/ wenn zu Grabe gelautet wird/ isset/ so thun einem die Zähne weh/ es sey nun wer/ und wo es wolle. Denn es wird keine Zeit seyn/ da nicht einem hie oder da im gan- tzen Lande die Zähne solten weh thun. Und kömmt mir eben vor/ als wenn einer sagt: Da der und jener reiche Mann ist begraben worden/ und man auff dem Gottes-Acker seinen Sarg nochmahls eröffnet hat/ so hat ein Rabe auff sei- nen Beinen gesessen. Ja freylich kan ein Rabe nicht auff seinen Flügeln gesessen haben/ sondern auff seinen Beinen/ aber nicht auff des verstor- benen Mannes/ sondern auff seinen eigenen Bei- nen. Also kan ich auch sagen: Wenn man is- set/ da zu Grabe gelautet wird/ so thun einem die Zähne weh. Das 40. Capitel. Wenn einem Kinde unter einem Jah- Man
Unterſuchung/ derer von ſuper-klugen man ſich nicht an das Lauten/ ſondern iſſet ohneSorge und Unfall/ ohne daß hiervon iemanden die Zaͤhne weh thun. Ich bilde mir aber ein/ es habe dieſe Meynung ihren Urſprung von einer Schertz-Rede/ wenn irgend einer mag geſagt ha- ben: Wenn man zu der Zeit/ wenn zu Grabe gelautet wird/ iſſet/ ſo thun einem die Zaͤhne weh/ es ſey nun wer/ und wo es wolle. Denn es wird keine Zeit ſeyn/ da nicht einem hie oder da im gan- tzen Lande die Zaͤhne ſolten weh thun. Und koͤmmt mir eben vor/ als wenn einer ſagt: Da der und jener reiche Mann iſt begraben worden/ und man auff dem Gottes-Acker ſeinen Sarg nochmahls eroͤffnet hat/ ſo hat ein Rabe auff ſei- nen Beinen geſeſſen. Ja freylich kan ein Rabe nicht auff ſeinen Fluͤgeln geſeſſen haben/ ſondern auff ſeinen Beinen/ aber nicht auff des verſtor- benen Mannes/ ſondern auff ſeinen eigenen Bei- nen. Alſo kan ich auch ſagen: Wenn man iſ- ſet/ da zu Grabe gelautet wird/ ſo thun einem die Zaͤhne weh. Das 40. Capitel. Wenn einem Kinde unter einem Jah- Man
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Unterſuchung/ derer von ſuper-klugen
man ſich nicht an das Lauten/ ſondern iſſet ohne
Sorge und Unfall/ ohne daß hiervon iemanden
die Zaͤhne weh thun. Ich bilde mir aber ein/ es
habe dieſe Meynung ihren Urſprung von einer
Schertz-Rede/ wenn irgend einer mag geſagt ha-
ben: Wenn man zu der Zeit/ wenn zu Grabe
gelautet wird/ iſſet/ ſo thun einem die Zaͤhne weh/
es ſey nun wer/ und wo es wolle. Denn es wird
keine Zeit ſeyn/ da nicht einem hie oder da im gan-
tzen Lande die Zaͤhne ſolten weh thun. Und
koͤmmt mir eben vor/ als wenn einer ſagt: Da
der und jener reiche Mann iſt begraben worden/
und man auff dem Gottes-Acker ſeinen Sarg
nochmahls eroͤffnet hat/ ſo hat ein Rabe auff ſei-
nen Beinen geſeſſen. Ja freylich kan ein Rabe
nicht auff ſeinen Fluͤgeln geſeſſen haben/ ſondern
auff ſeinen Beinen/ aber nicht auff des verſtor-
benen Mannes/ ſondern auff ſeinen eigenen Bei-
nen. Alſo kan ich auch ſagen: Wenn man iſ-
ſet/ da zu Grabe gelautet wird/ ſo thun einem die
Zaͤhne weh.
Das 40. Capitel.
Wenn einem Kinde unter einem Jah-
re rothe Schuhe angezogen werden/ kan
es hernach/ wenn es erwaͤchſet/ kein
Blut ſehen.
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