Summa, es war lauter nichts, und wenn es etwas nach der Fixelin Begehren werden solte, mochte sie wol gedacht haben, den Fixel mit dieser praetendirten Versöhnung nochmals zu bezaubern, daß er wiederum auf vorige Verleugnung fallen und ihrer schonen solte; Aber es wolt ihr dißmal gar nicht gelingen, Fixel blieb in der Warheit, und solches war die Ursache, daß auf des Weibes Seiten sich mehr Verbitterung als Versöh- nung fand.
§. 116.
Der Kranichfeld hielt an diesem Tage ein neues Taschen- Spiel, hatte schon unten zu seinen Beicht-Vater gesprochen: Den Tod habe ich wol mit meinen vielen Sünden verdienet, aber an der Damm- Mühle sey er unschuldig, er wolle seine Unschuld, gar nicht da gewesen zu seyn, bey der Communion, und zuletzt auf den Richt-Platz öffentlich bezeugen. Ohne Zweiffel solte solche desperate Entschliessung uns müde machen, daß wir von der Gewissens-Rüge wegen der Damm-Mühlen ablassen solten, er aber auch das Leben noch zu behalten arbeiten wolte, sintemalen er keinen Zeugen als den eintzigen Fixel, wider sich behielt. Denn so weit er weiland schon anderswo im Gerichte gewesen, daß er bey Ermangelung zulänglicher Zeugen sich loßgelogen hatte.
§. 117.
Diß Ding gieng uns erbärmlich zu Kopffe, daß wir ihn auch vors Gericht kommen liessen, um solche noch heimliche Künste hermachen zu lassen, damit wir wüsten, ob wir noch fernerhin mit ihme umgehen oder ihn dahin geben solten? Jndessen musten wir Prediger wol nothwendig so nahe ihm auf den Hacken in der Gerichts-Stube bleiben, damit wirs selbst aus seinem Munde höreten, was er forthin selbst aus sich machen wolte; Denn solches Vorgeben des Mannes der gröste Riegel war, so fern dieser uns nicht weggeschoben würde, konnten wirs nicht absehen, ihm näher an sein Hertz mit aller unsrer Mühe und Arbeit zu kommen. Uns aber mit ihme nicht in Hencker-Arbeit einzulassen, meineten wir die Gerichte wüsten einen nähern Weg zu finden, deßwegen wir nirgend anders als dahin zu gehen wusten, die uns einen Damm-Mühlen-Plünderer überliefert hatten, den wir, Vermöge unsers Amts zum Tode sich anschicken helffen solten.
§. 118.
Er spielete gewaltiglich wieder vor Gerichte, antwortete und antwortete auch nicht, hielt zurücke, wo er heraus gehen solte, und gieng mit andern Dingen hervor, die gar zur Sache nicht gehöreten, nur daß die Zeit versplittert würde, und er fernerhin sein angelegtes Spinne- Gewebe drunter fort arbeiten wolte. Kamen wir Prediger aufs Punctum
&
§. 115.
Summa, es war lauter nichts, und wenn es etwas nach der Fixelin Begehren werden ſolte, mochte ſie wol gedacht haben, den Fixel mit dieſer prætendirten Verſoͤhnung nochmals zu bezaubern, daß er wiederum auf vorige Verleugnung fallen und ihrer ſchonen ſolte; Aber es wolt ihr dißmal gar nicht gelingen, Fixel blieb in der Warheit, und ſolches war die Urſache, daß auf des Weibes Seiten ſich mehr Verbitterung als Verſoͤh- nung fand.
§. 116.
Der Kranichfeld hielt an dieſem Tage ein neues Taſchen- Spiel, hatte ſchon unten zu ſeinen Beicht-Vater geſprochen: Den Tod habe ich wol mit meinen vielen Suͤnden verdienet, aber an der Damm- Muͤhle ſey er unſchuldig, er wolle ſeine Unſchuld, gar nicht da geweſen zu ſeyn, bey der Communion, und zuletzt auf den Richt-Platz oͤffentlich bezeugen. Ohne Zweiffel ſolte ſolche deſperate Entſchlieſſung uns muͤde machen, daß wir von der Gewiſſens-Ruͤge wegen der Damm-Muͤhlen ablaſſen ſolten, er aber auch das Leben noch zu behalten arbeiten wolte, ſintemalen er keinen Zeugen als den eintzigen Fixel, wider ſich behielt. Denn ſo weit er weiland ſchon anderswo im Gerichte geweſen, daß er bey Ermangelung zulaͤnglicher Zeugen ſich loßgelogen hatte.
§. 117.
Diß Ding gieng uns erbaͤrmlich zu Kopffe, daß wir ihn auch vors Gericht kommen lieſſen, um ſolche noch heimliche Kuͤnſte hermachen zu laſſen, damit wir wuͤſten, ob wir noch fernerhin mit ihme umgehen oder ihn dahin geben ſolten? Jndeſſen muſten wir Prediger wol nothwendig ſo nahe ihm auf den Hacken in der Gerichts-Stube bleiben, damit wirs ſelbſt aus ſeinem Munde hoͤreten, was er forthin ſelbſt aus ſich machen wolte; Denn ſolches Vorgeben des Mannes der groͤſte Riegel war, ſo fern dieſer uns nicht weggeſchoben wuͤrde, konnten wirs nicht abſehen, ihm naͤher an ſein Hertz mit aller unſrer Muͤhe und Arbeit zu kommen. Uns aber mit ihme nicht in Hencker-Arbeit einzulaſſen, meineten wir die Gerichte wuͤſten einen naͤhern Weg zu finden, deßwegen wir nirgend anders als dahin zu gehen wuſten, die uns einen Damm-Muͤhlen-Pluͤnderer uͤberliefert hatten, den wir, Vermoͤge unſers Amts zum Tode ſich anſchicken helffen ſolten.
§. 118.
Er ſpielete gewaltiglich wieder vor Gerichte, antwortete und antwortete auch nicht, hielt zuruͤcke, wo er heraus gehen ſolte, und gieng mit andern Dingen hervor, die gar zur Sache nicht gehoͤreten, nur daß die Zeit verſplittert wuͤrde, und er fernerhin ſein angelegtes Spinne- Gewebe drunter fort arbeiten wolte. Kamen wir Prediger aufs Punctum
&
<TEI><text><body><pbn="88[86]"facs="#f0094"/><divn="1"><head>§. 115.</head><p><hirendition="#aq">Summa,</hi> es war lauter nichts, und wenn es etwas nach der<lb/>
Fixelin Begehren werden ſolte, mochte ſie wol gedacht haben, den Fixel mit<lb/>
dieſer <hirendition="#aq">prætendirt</hi>en Verſoͤhnung nochmals zu bezaubern, daß er wiederum<lb/>
auf vorige Verleugnung fallen und ihrer ſchonen ſolte; Aber es wolt ihr<lb/>
dißmal gar nicht gelingen, Fixel blieb in der Warheit, und ſolches war die<lb/>
Urſache, daß auf des Weibes Seiten ſich mehr Verbitterung als Verſoͤh-<lb/>
nung fand.</p></div><lb/><divn="1"><head>§. 116.</head><p>Der Kranichfeld hielt an dieſem Tage ein neues Taſchen-<lb/>
Spiel, hatte ſchon unten zu ſeinen Beicht-Vater geſprochen: Den Tod<lb/>
habe ich wol mit meinen vielen Suͤnden verdienet, aber an der Damm-<lb/>
Muͤhle ſey er unſchuldig, er wolle ſeine Unſchuld, gar nicht da geweſen zu ſeyn,<lb/>
bey der <hirendition="#aq">Communion,</hi> und zuletzt auf den Richt-Platz oͤffentlich bezeugen.<lb/>
Ohne Zweiffel ſolte ſolche <hirendition="#aq">deſperat</hi>e Entſchlieſſung uns muͤde machen, daß<lb/>
wir von der Gewiſſens-Ruͤge wegen der Damm-Muͤhlen ablaſſen ſolten,<lb/>
er aber auch das Leben noch zu behalten arbeiten wolte, ſintemalen er keinen<lb/>
Zeugen als den eintzigen Fixel, wider ſich behielt. Denn ſo weit er weiland<lb/>ſchon anderswo im Gerichte geweſen, daß er bey Ermangelung zulaͤnglicher<lb/>
Zeugen ſich loßgelogen hatte.</p></div><lb/><divn="1"><head>§. 117.</head><p>Diß Ding gieng uns erbaͤrmlich zu Kopffe, daß wir ihn<lb/>
auch vors Gericht kommen lieſſen, um ſolche noch heimliche Kuͤnſte hermachen zu<lb/>
laſſen, damit wir wuͤſten, ob wir noch fernerhin mit ihme umgehen oder<lb/>
ihn dahin geben ſolten? Jndeſſen muſten wir Prediger wol nothwendig<lb/>ſo nahe ihm auf den Hacken in der Gerichts-Stube bleiben, damit wirs ſelbſt<lb/>
aus ſeinem Munde hoͤreten, was er forthin ſelbſt aus ſich machen wolte;<lb/>
Denn ſolches Vorgeben des Mannes der groͤſte Riegel war, ſo fern dieſer<lb/>
uns nicht weggeſchoben wuͤrde, konnten wirs nicht abſehen, ihm naͤher an<lb/>ſein Hertz mit aller unſrer Muͤhe und Arbeit zu kommen. Uns aber mit<lb/>
ihme nicht in Hencker-Arbeit einzulaſſen, meineten wir die Gerichte wuͤſten<lb/>
einen naͤhern Weg zu finden, deßwegen wir nirgend anders als dahin zu<lb/>
gehen wuſten, die uns einen Damm-Muͤhlen-Pluͤnderer uͤberliefert hatten,<lb/>
den wir, Vermoͤge unſers Amts zum Tode ſich anſchicken helffen ſolten.</p></div><lb/><divn="1"><head>§. 118.</head><p>Er ſpielete gewaltiglich wieder vor Gerichte, antwortete<lb/>
und antwortete auch nicht, hielt zuruͤcke, wo er heraus gehen ſolte, und<lb/>
gieng mit andern Dingen hervor, die gar zur Sache nicht gehoͤreten, nur<lb/>
daß die Zeit verſplittert wuͤrde, und er fernerhin ſein angelegtes Spinne-<lb/>
Gewebe drunter fort arbeiten wolte. Kamen wir Prediger aufs <hirendition="#aq">Punctum</hi><lb/><fwtype="catch"place="bottom">&</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[88[86]/0094]
§. 115. Summa, es war lauter nichts, und wenn es etwas nach der
Fixelin Begehren werden ſolte, mochte ſie wol gedacht haben, den Fixel mit
dieſer prætendirten Verſoͤhnung nochmals zu bezaubern, daß er wiederum
auf vorige Verleugnung fallen und ihrer ſchonen ſolte; Aber es wolt ihr
dißmal gar nicht gelingen, Fixel blieb in der Warheit, und ſolches war die
Urſache, daß auf des Weibes Seiten ſich mehr Verbitterung als Verſoͤh-
nung fand.
§. 116. Der Kranichfeld hielt an dieſem Tage ein neues Taſchen-
Spiel, hatte ſchon unten zu ſeinen Beicht-Vater geſprochen: Den Tod
habe ich wol mit meinen vielen Suͤnden verdienet, aber an der Damm-
Muͤhle ſey er unſchuldig, er wolle ſeine Unſchuld, gar nicht da geweſen zu ſeyn,
bey der Communion, und zuletzt auf den Richt-Platz oͤffentlich bezeugen.
Ohne Zweiffel ſolte ſolche deſperate Entſchlieſſung uns muͤde machen, daß
wir von der Gewiſſens-Ruͤge wegen der Damm-Muͤhlen ablaſſen ſolten,
er aber auch das Leben noch zu behalten arbeiten wolte, ſintemalen er keinen
Zeugen als den eintzigen Fixel, wider ſich behielt. Denn ſo weit er weiland
ſchon anderswo im Gerichte geweſen, daß er bey Ermangelung zulaͤnglicher
Zeugen ſich loßgelogen hatte.
§. 117. Diß Ding gieng uns erbaͤrmlich zu Kopffe, daß wir ihn
auch vors Gericht kommen lieſſen, um ſolche noch heimliche Kuͤnſte hermachen zu
laſſen, damit wir wuͤſten, ob wir noch fernerhin mit ihme umgehen oder
ihn dahin geben ſolten? Jndeſſen muſten wir Prediger wol nothwendig
ſo nahe ihm auf den Hacken in der Gerichts-Stube bleiben, damit wirs ſelbſt
aus ſeinem Munde hoͤreten, was er forthin ſelbſt aus ſich machen wolte;
Denn ſolches Vorgeben des Mannes der groͤſte Riegel war, ſo fern dieſer
uns nicht weggeſchoben wuͤrde, konnten wirs nicht abſehen, ihm naͤher an
ſein Hertz mit aller unſrer Muͤhe und Arbeit zu kommen. Uns aber mit
ihme nicht in Hencker-Arbeit einzulaſſen, meineten wir die Gerichte wuͤſten
einen naͤhern Weg zu finden, deßwegen wir nirgend anders als dahin zu
gehen wuſten, die uns einen Damm-Muͤhlen-Pluͤnderer uͤberliefert hatten,
den wir, Vermoͤge unſers Amts zum Tode ſich anſchicken helffen ſolten.
§. 118. Er ſpielete gewaltiglich wieder vor Gerichte, antwortete
und antwortete auch nicht, hielt zuruͤcke, wo er heraus gehen ſolte, und
gieng mit andern Dingen hervor, die gar zur Sache nicht gehoͤreten, nur
daß die Zeit verſplittert wuͤrde, und er fernerhin ſein angelegtes Spinne-
Gewebe drunter fort arbeiten wolte. Kamen wir Prediger aufs Punctum
&
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schmidt, Andreas: Das Uber vier Malefitz-Personen ergangene Justitz-Rad. Berlin, 1725, S. 88[86]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmid_justitzrad_1725/94>, abgerufen am 03.03.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.