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Schmidt, Andreas: Das Uber vier Malefitz-Personen ergangene Justitz-Rad. Berlin, 1725.

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also gedachte Schiefer-Deckerin zur würcklichen Plünderung im Gerichte
nicht konnte heran gebracht werden, ohngeachtet dieselbe allem Ansehen
nach sich nicht purgiren und bey denen Herren Räthen ausser allem Ver-
dacht setzen konnte.

§. 24.

Jndessen wollen wir sie doch alle 6. nach einander kürtzlich
vernehmen, und ihre Lebens-Art, womit sie auf dem Erdboden gewancket
haben, so viel wir erforschen können, etwas genauer beschreiben, müssen
aber zum voraus melden, an ihnen einen Ausbund unordentlicher Leute an-
getroffen zu haben, aus welchen, weil sie verschmitzt und grund boßhafftig
waren, wir nicht, oder doch kaum glauben können, (Fixeln ausgenommen,)
daß sie uns ihre gefährliche Wege allesammt solten entdecket, und ihre
Greuel ausgespien haben. Und obschon im Gerichte von den Inquisiten
was bekannt gemachet wurde; damit man dem andern hätte näher auf sein
böses Hertz graben können, so war der Unterscheid der Religion unter ihnen
ihre Decke, in dem sie uns mit allen guten Zureden, schnöde abwiesen, vor-
gebende, ihre Sache mit dem Pater auszumachen, ohngeacht es die Noth
mehrmals und der Zustand ihrer Seelen es trifftig erfoderte, daß man aus
einem und dem andern mit ihnen gesprochen, und das Bekehrungs-Werck
als eine communem causam tractiret hätte; Allein dazu war es nicht zu
bringen, obgleich dasselbe mehrmals vorgeschlagen wurde.

§. 25.

Uberhaupt sind sie unter die Vaganten zurechnen, die zu kei-
ner honetten und sittsamen Lebens-Art sich weder bequemet noch je beque-
men wollen, zum Theil aber auch von ihren unglücklichen Eltern keine an-
dere Anführung gehabt, als zum Stehlen, Betteln, falsche Brand-Brieffe
tragen. Solches Schlages waren alle 6. deren jeden besonders solcherley
Brieffe und Bücher abgenommen wurden, nachdem sie in der ersten Ver-
hör auch bald zu dieser Büberey und Betruge sich bekandten, aber sonst von
einander nichts wissen wolten, sich weiter gesehen zu haben, als im Kruge,
da sie doch ein zusammen gekrochenes Volck, und die meisten unter einander
schwägerlich verwandt waren, und fehlet nicht viele, daß man dieselbe nicht
denen Fahrenden Schülern, die vor Zeiten schon solches Gewerbe betrie-
ben, zur Site setze. Und wer weiß, wenn sie beeyde gegen einander stünden,
ob jene nicht noch diesen in der Boßheit überlegen seyn möchten?

Jacobus Thomasius discursum conscripfit Historico-Philologicum de va-
gantibus Scholasticis, eumque sic exorditur: Si quoquam tempore
alio, hoc sane peragravit nostram Germaniam, & peragrat etiam-

num
D 2

alſo gedachte Schiefer-Deckerin zur wuͤrcklichen Pluͤnderung im Gerichte
nicht konnte heran gebracht werden, ohngeachtet dieſelbe allem Anſehen
nach ſich nicht purgiren und bey denen Herren Raͤthen auſſer allem Ver-
dacht ſetzen konnte.

§. 24.

Jndeſſen wollen wir ſie doch alle 6. nach einander kuͤrtzlich
vernehmen, und ihre Lebens-Art, womit ſie auf dem Erdboden gewancket
haben, ſo viel wir erforſchen koͤnnen, etwas genauer beſchreiben, muͤſſen
aber zum voraus melden, an ihnen einen Ausbund unordentlicher Leute an-
getroffen zu haben, aus welchen, weil ſie verſchmitzt und grund boßhafftig
waren, wir nicht, oder doch kaum glauben koͤnnen, (Fixeln ausgenommen,)
daß ſie uns ihre gefaͤhrliche Wege alleſammt ſolten entdecket, und ihre
Greuel ausgeſpien haben. Und obſchon im Gerichte von den Inquiſiten
was bekannt gemachet wurde; damit man dem andern haͤtte naͤher auf ſein
boͤſes Hertz graben koͤnnen, ſo war der Unterſcheid der Religion unter ihnen
ihre Decke, in dem ſie uns mit allen guten Zureden, ſchnoͤde abwieſen, vor-
gebende, ihre Sache mit dem Pater auszumachen, ohngeacht es die Noth
mehrmals und der Zuſtand ihrer Seelen es trifftig erfoderte, daß man aus
einem und dem andern mit ihnen geſprochen, und das Bekehrungs-Werck
als eine communem cauſam tractiret haͤtte; Allein dazu war es nicht zu
bringen, obgleich daſſelbe mehrmals vorgeſchlagen wurde.

§. 25.

Uberhaupt ſind ſie unter die Vaganten zurechnen, die zu kei-
ner honetten und ſittſamen Lebens-Art ſich weder bequemet noch je beque-
men wollen, zum Theil aber auch von ihren ungluͤcklichen Eltern keine an-
dere Anfuͤhrung gehabt, als zum Stehlen, Betteln, falſche Brand-Brieffe
tragen. Solches Schlages waren alle 6. deren jeden beſonders ſolcherley
Brieffe und Buͤcher abgenommen wurden, nachdem ſie in der erſten Ver-
hoͤr auch bald zu dieſer Buͤberey und Betruge ſich bekandten, aber ſonſt von
einander nichts wiſſen wolten, ſich weiter geſehen zu haben, als im Kruge,
da ſie doch ein zuſammen gekrochenes Volck, und die meiſten unter einander
ſchwaͤgerlich verwandt waren, und fehlet nicht viele, daß man dieſelbe nicht
denen Fahrenden Schuͤlern, die vor Zeiten ſchon ſolches Gewerbe betrie-
ben, zur Site ſetze. Und wer weiß, wenn ſie beeyde gegen einander ſtuͤnden,
ob jene nicht noch dieſen in der Boßheit uͤberlegen ſeyn moͤchten?

Jacobus Thomaſius diſcurſum conſcripfit Hiſtorico-Philologicum de va-
gantibus Scholaſticis, eumque ſic exorditur: Si quoquam tempore
aliô, hoc ſane peragravit noſtram Germaniam, & peragrat etiam-

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[27[25]/0025] alſo gedachte Schiefer-Deckerin zur wuͤrcklichen Pluͤnderung im Gerichte nicht konnte heran gebracht werden, ohngeachtet dieſelbe allem Anſehen nach ſich nicht purgiren und bey denen Herren Raͤthen auſſer allem Ver- dacht ſetzen konnte. §. 24.Jndeſſen wollen wir ſie doch alle 6. nach einander kuͤrtzlich vernehmen, und ihre Lebens-Art, womit ſie auf dem Erdboden gewancket haben, ſo viel wir erforſchen koͤnnen, etwas genauer beſchreiben, muͤſſen aber zum voraus melden, an ihnen einen Ausbund unordentlicher Leute an- getroffen zu haben, aus welchen, weil ſie verſchmitzt und grund boßhafftig waren, wir nicht, oder doch kaum glauben koͤnnen, (Fixeln ausgenommen,) daß ſie uns ihre gefaͤhrliche Wege alleſammt ſolten entdecket, und ihre Greuel ausgeſpien haben. Und obſchon im Gerichte von den Inquiſiten was bekannt gemachet wurde; damit man dem andern haͤtte naͤher auf ſein boͤſes Hertz graben koͤnnen, ſo war der Unterſcheid der Religion unter ihnen ihre Decke, in dem ſie uns mit allen guten Zureden, ſchnoͤde abwieſen, vor- gebende, ihre Sache mit dem Pater auszumachen, ohngeacht es die Noth mehrmals und der Zuſtand ihrer Seelen es trifftig erfoderte, daß man aus einem und dem andern mit ihnen geſprochen, und das Bekehrungs-Werck als eine communem cauſam tractiret haͤtte; Allein dazu war es nicht zu bringen, obgleich daſſelbe mehrmals vorgeſchlagen wurde. §. 25.Uberhaupt ſind ſie unter die Vaganten zurechnen, die zu kei- ner honetten und ſittſamen Lebens-Art ſich weder bequemet noch je beque- men wollen, zum Theil aber auch von ihren ungluͤcklichen Eltern keine an- dere Anfuͤhrung gehabt, als zum Stehlen, Betteln, falſche Brand-Brieffe tragen. Solches Schlages waren alle 6. deren jeden beſonders ſolcherley Brieffe und Buͤcher abgenommen wurden, nachdem ſie in der erſten Ver- hoͤr auch bald zu dieſer Buͤberey und Betruge ſich bekandten, aber ſonſt von einander nichts wiſſen wolten, ſich weiter geſehen zu haben, als im Kruge, da ſie doch ein zuſammen gekrochenes Volck, und die meiſten unter einander ſchwaͤgerlich verwandt waren, und fehlet nicht viele, daß man dieſelbe nicht denen Fahrenden Schuͤlern, die vor Zeiten ſchon ſolches Gewerbe betrie- ben, zur Site ſetze. Und wer weiß, wenn ſie beeyde gegen einander ſtuͤnden, ob jene nicht noch dieſen in der Boßheit uͤberlegen ſeyn moͤchten? Jacobus Thomaſius diſcurſum conſcripfit Hiſtorico-Philologicum de va- gantibus Scholaſticis, eumque ſic exorditur: Si quoquam tempore aliô, hoc ſane peragravit noſtram Germaniam, & peragrat etiam- num D 2

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Zitationshilfe: Schmidt, Andreas: Das Uber vier Malefitz-Personen ergangene Justitz-Rad. Berlin, 1725, S. 27[25]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmid_justitzrad_1725/25>, abgerufen am 23.11.2024.