Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmidt, Andreas: Das Uber vier Malefitz-Personen ergangene Justitz-Rad. Berlin, 1725.

Bild:
<< vorherige Seite

dannen, lassen die arme Leute gebunden liegen, lauffen draussen sofort von
einander, eine jede Rotte nach ihrem Orte, die Zigeuner, und die sich sonst
nebst dem Kranichfeld zu ihnen gehalten, Pusch ein, und die drey zuletzt zu-
geführte wieder zur vorigen Herberge, zu dem Metzdorffischen Krug, aus wel-
chem sie zusammen ausgegangen waren, nachdem sies verabredet hatten,
bey Rostock herum in dem Mecklenburgischen, sich wieder einzufinden, und
einander zu erwarten, daß das Geraubte unter sie, auf ihre Art ehrlich so-
dann solte partagiret werden, wodurch sie sich nachgehends weiter würden
verbunden haben, solche Frevel-Thaten mit zusammengesetzten Teuffels-
Künsten fortzusetzen und viele Leute noch mehr zu betrüben.

§. 22.

Da es zur Hauß-Suchung kommen war, wurden 6. ver-
dächtige Personen in dieser Gegend, anfänglich nicht als diese Thäter und
Strassen-Räuber, sondern als ein streiffendes Bettel-Volck aufgegriffen,
man hätte aber auch mit leichterer Mühe, sofort auf frischer That, da
zeitig gnug Lerm gemachet wurde, die gantze Bande beschliessen und einho-
len können, wenn man geschwinder sonderlich aus dem Friedländischen
Amte hinter sie nachgesetzet und ein wenig mehr Hertz angezogen hätte, die-
sen losen Gesellen damit auf die Haut zugehen, oder sie zu verfolgen, nach-
dem sie doch zur selben Zeit, da man ihre Hülffe gesuchet hatte, sich so gar weit
nicht konnten entfernet und aus dem Staube gemachet haben.

§. 23.

Viere bekommt man in dem Metzdorffischen Kruge, die sich
daselbst biß auf den andern Tag verspätet hatten, indem die beyden Wei-
ber mit der Wäsche daselbst noch geschäfftig waren, und denen Männern
die Hemden gereiniget hatten, welches der eine von ihnen der göttlichen Di-
rection
nachgehends zuschrieb, daß es GOtt also geordnet hätte, sie nicht
länger in das unordentliche wüste Wesen lauffen zulassen. Zweene solches
Callievers werden Tages hernach etwa, zu Levin in einem Kruge, ungefehr
anderthalbe Meilen von der geplündetten Mühle angetroffen, der so ge-
nandte Schiefer-Decker mit seinem Weibe und Kindern, die beyde nach
der dreyer Coninquisiten ersten Aussage schon unter dem Zigeuner Zeuge im
Gepüsche gestecket, und mit ihnen nach verübter That wieder hinein gegan-
gen waren, nun aber schon sich getrennet hatten, in Meinung nach Rostock
zu gehen, und ihre Beute zu empfahen: Wie wol Fixel nachgehends,
mit Gewißheit Schieffer-Deckers Weib bey oder in der Mühle gesehen
zu haben, über sich nicht behalten wolte. Und da die beyde andere Zeugen
ein tückisches Hertz hatten, resilirten sie auch von ihrer ersten Aussage, daß

also

dannen, laſſen die arme Leute gebunden liegen, lauffen drauſſen ſofort von
einander, eine jede Rotte nach ihrem Orte, die Zigeuner, und die ſich ſonſt
nebſt dem Kranichfeld zu ihnen gehalten, Puſch ein, und die drey zuletzt zu-
gefuͤhrte wieder zur vorigen Herberge, zu dem Metzdorffiſchen Krug, aus wel-
chem ſie zuſammen ausgegangen waren, nachdem ſies verabredet hatten,
bey Roſtock herum in dem Mecklenburgiſchen, ſich wieder einzufinden, und
einander zu erwarten, daß das Geraubte unter ſie, auf ihre Art ehrlich ſo-
dann ſolte partagiret werden, wodurch ſie ſich nachgehends weiter wuͤrden
verbunden haben, ſolche Frevel-Thaten mit zuſammengeſetzten Teuffels-
Kuͤnſten fortzuſetzen und viele Leute noch mehr zu betruͤben.

§. 22.

Da es zur Hauß-Suchung kommen war, wurden 6. ver-
daͤchtige Perſonen in dieſer Gegend, anfaͤnglich nicht als dieſe Thaͤter und
Straſſen-Raͤuber, ſondern als ein ſtreiffendes Bettel-Volck aufgegriffen,
man haͤtte aber auch mit leichterer Muͤhe, ſofort auf friſcher That, da
zeitig gnug Lerm gemachet wurde, die gantze Bande beſchlieſſen und einho-
len koͤnnen, wenn man geſchwinder ſonderlich aus dem Friedlaͤndiſchen
Amte hinter ſie nachgeſetzet und ein wenig mehr Hertz angezogen haͤtte, die-
ſen loſen Geſellen damit auf die Haut zugehen, oder ſie zu verfolgen, nach-
dem ſie doch zur ſelben Zeit, da man ihre Huͤlffe geſuchet hatte, ſich ſo gar weit
nicht konnten entfernet und aus dem Staube gemachet haben.

§. 23.

Viere bekommt man in dem Metzdorffiſchen Kruge, die ſich
daſelbſt biß auf den andern Tag verſpaͤtet hatten, indem die beyden Wei-
ber mit der Waͤſche daſelbſt noch geſchaͤfftig waren, und denen Maͤnnern
die Hemden gereiniget hatten, welches der eine von ihnen der goͤttlichen Di-
rection
nachgehends zuſchrieb, daß es GOtt alſo geordnet haͤtte, ſie nicht
laͤnger in das unordentliche wuͤſte Weſen lauffen zulaſſen. Zweene ſolches
Callievers werden Tages hernach etwa, zu Levin in einem Kruge, ungefehr
anderthalbe Meilen von der gepluͤndetten Muͤhle angetroffen, der ſo ge-
nandte Schiefer-Decker mit ſeinem Weibe und Kindern, die beyde nach
der dreyer Coninquiſiten erſten Auſſage ſchon unter dem Zigeuner Zeuge im
Gepuͤſche geſtecket, und mit ihnen nach veruͤbter That wieder hinein gegan-
gen waren, nun aber ſchon ſich getrennet hatten, in Meinung nach Roſtock
zu gehen, und ihre Beute zu empfahen: Wie wol Fixel nachgehends,
mit Gewißheit Schieffer-Deckers Weib bey oder in der Muͤhle geſehen
zu haben, uͤber ſich nicht behalten wolte. Und da die beyde andere Zeugen
ein tuͤckiſches Hertz hatten, reſilirten ſie auch von ihrer erſten Auſſage, daß

alſo
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0024" n="26[24]"/>
dannen, la&#x017F;&#x017F;en die arme Leute gebunden liegen, lauffen drau&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ofort von<lb/>
einander, eine jede Rotte nach ihrem Orte, die Zigeuner, und die &#x017F;ich &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
neb&#x017F;t dem Kranichfeld zu ihnen gehalten, Pu&#x017F;ch ein, und die drey zuletzt zu-<lb/>
gefu&#x0364;hrte wieder zur vorigen Herberge, zu dem Metzdorffi&#x017F;chen Krug, aus wel-<lb/>
chem &#x017F;ie zu&#x017F;ammen ausgegangen waren, nachdem &#x017F;ies verabredet hatten,<lb/>
bey Ro&#x017F;tock herum in dem Mecklenburgi&#x017F;chen, &#x017F;ich wieder einzufinden, und<lb/>
einander zu erwarten, daß das Geraubte unter &#x017F;ie, auf ihre Art ehrlich &#x017F;o-<lb/>
dann &#x017F;olte <hi rendition="#aq">partagir</hi>et werden, wodurch &#x017F;ie &#x017F;ich nachgehends weiter wu&#x0364;rden<lb/>
verbunden haben, &#x017F;olche Frevel-Thaten mit zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzten Teuffels-<lb/>
Ku&#x0364;n&#x017F;ten fortzu&#x017F;etzen und viele Leute noch mehr zu betru&#x0364;ben.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head>§. 22.</head>
        <p>Da es zur Hauß-Suchung kommen war, wurden 6. ver-<lb/>
da&#x0364;chtige Per&#x017F;onen in die&#x017F;er Gegend, anfa&#x0364;nglich nicht als die&#x017F;e Tha&#x0364;ter und<lb/>
Stra&#x017F;&#x017F;en-Ra&#x0364;uber, &#x017F;ondern als ein &#x017F;treiffendes Bettel-Volck aufgegriffen,<lb/>
man ha&#x0364;tte aber auch mit leichterer Mu&#x0364;he, &#x017F;ofort auf fri&#x017F;cher That, da<lb/>
zeitig gnug Lerm gemachet wurde, die gantze Bande be&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en und einho-<lb/>
len ko&#x0364;nnen, wenn man ge&#x017F;chwinder &#x017F;onderlich aus dem Friedla&#x0364;ndi&#x017F;chen<lb/>
Amte hinter &#x017F;ie nachge&#x017F;etzet und ein wenig mehr Hertz angezogen ha&#x0364;tte, die-<lb/>
&#x017F;en lo&#x017F;en Ge&#x017F;ellen damit auf die Haut zugehen, oder &#x017F;ie zu verfolgen, nach-<lb/>
dem &#x017F;ie doch zur &#x017F;elben Zeit, da man ihre Hu&#x0364;lffe ge&#x017F;uchet hatte, &#x017F;ich &#x017F;o gar weit<lb/>
nicht konnten entfernet und aus dem Staube gemachet haben.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head>§. 23.</head>
        <p>Viere bekommt man in dem Metzdorffi&#x017F;chen Kruge, die &#x017F;ich<lb/>
da&#x017F;elb&#x017F;t biß auf den andern Tag ver&#x017F;pa&#x0364;tet hatten, indem die beyden Wei-<lb/>
ber mit der Wa&#x0364;&#x017F;che da&#x017F;elb&#x017F;t noch ge&#x017F;cha&#x0364;fftig waren, und denen Ma&#x0364;nnern<lb/>
die Hemden gereiniget hatten, welches der eine von ihnen der go&#x0364;ttlichen <hi rendition="#aq">Di-<lb/>
rection</hi> nachgehends zu&#x017F;chrieb, daß es GOtt al&#x017F;o geordnet ha&#x0364;tte, &#x017F;ie nicht<lb/>
la&#x0364;nger in das unordentliche wu&#x0364;&#x017F;te We&#x017F;en lauffen zula&#x017F;&#x017F;en. Zweene &#x017F;olches<lb/><hi rendition="#aq">Callievers</hi> werden Tages hernach etwa, zu Levin in einem Kruge, ungefehr<lb/>
anderthalbe Meilen von der geplu&#x0364;ndetten Mu&#x0364;hle angetroffen, der &#x017F;o ge-<lb/>
nandte Schiefer-Decker mit &#x017F;einem Weibe und Kindern, die beyde nach<lb/>
der dreyer <hi rendition="#aq">Coninqui&#x017F;it</hi>en er&#x017F;ten Au&#x017F;&#x017F;age &#x017F;chon unter dem Zigeuner Zeuge im<lb/>
Gepu&#x0364;&#x017F;che ge&#x017F;tecket, und mit ihnen nach veru&#x0364;bter That wieder hinein gegan-<lb/>
gen waren, nun aber &#x017F;chon &#x017F;ich getrennet hatten, in Meinung nach Ro&#x017F;tock<lb/>
zu gehen, und ihre Beute zu empfahen: Wie wol Fixel nachgehends,<lb/>
mit Gewißheit Schieffer-Deckers Weib bey oder in der Mu&#x0364;hle ge&#x017F;ehen<lb/>
zu haben, u&#x0364;ber &#x017F;ich nicht behalten wolte. Und da die beyde andere Zeugen<lb/>
ein tu&#x0364;cki&#x017F;ches Hertz hatten, <hi rendition="#aq">re&#x017F;ilirt</hi>en &#x017F;ie auch von ihrer er&#x017F;ten Au&#x017F;&#x017F;age, daß<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">al&#x017F;o</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[26[24]/0024] dannen, laſſen die arme Leute gebunden liegen, lauffen drauſſen ſofort von einander, eine jede Rotte nach ihrem Orte, die Zigeuner, und die ſich ſonſt nebſt dem Kranichfeld zu ihnen gehalten, Puſch ein, und die drey zuletzt zu- gefuͤhrte wieder zur vorigen Herberge, zu dem Metzdorffiſchen Krug, aus wel- chem ſie zuſammen ausgegangen waren, nachdem ſies verabredet hatten, bey Roſtock herum in dem Mecklenburgiſchen, ſich wieder einzufinden, und einander zu erwarten, daß das Geraubte unter ſie, auf ihre Art ehrlich ſo- dann ſolte partagiret werden, wodurch ſie ſich nachgehends weiter wuͤrden verbunden haben, ſolche Frevel-Thaten mit zuſammengeſetzten Teuffels- Kuͤnſten fortzuſetzen und viele Leute noch mehr zu betruͤben. §. 22.Da es zur Hauß-Suchung kommen war, wurden 6. ver- daͤchtige Perſonen in dieſer Gegend, anfaͤnglich nicht als dieſe Thaͤter und Straſſen-Raͤuber, ſondern als ein ſtreiffendes Bettel-Volck aufgegriffen, man haͤtte aber auch mit leichterer Muͤhe, ſofort auf friſcher That, da zeitig gnug Lerm gemachet wurde, die gantze Bande beſchlieſſen und einho- len koͤnnen, wenn man geſchwinder ſonderlich aus dem Friedlaͤndiſchen Amte hinter ſie nachgeſetzet und ein wenig mehr Hertz angezogen haͤtte, die- ſen loſen Geſellen damit auf die Haut zugehen, oder ſie zu verfolgen, nach- dem ſie doch zur ſelben Zeit, da man ihre Huͤlffe geſuchet hatte, ſich ſo gar weit nicht konnten entfernet und aus dem Staube gemachet haben. §. 23.Viere bekommt man in dem Metzdorffiſchen Kruge, die ſich daſelbſt biß auf den andern Tag verſpaͤtet hatten, indem die beyden Wei- ber mit der Waͤſche daſelbſt noch geſchaͤfftig waren, und denen Maͤnnern die Hemden gereiniget hatten, welches der eine von ihnen der goͤttlichen Di- rection nachgehends zuſchrieb, daß es GOtt alſo geordnet haͤtte, ſie nicht laͤnger in das unordentliche wuͤſte Weſen lauffen zulaſſen. Zweene ſolches Callievers werden Tages hernach etwa, zu Levin in einem Kruge, ungefehr anderthalbe Meilen von der gepluͤndetten Muͤhle angetroffen, der ſo ge- nandte Schiefer-Decker mit ſeinem Weibe und Kindern, die beyde nach der dreyer Coninquiſiten erſten Auſſage ſchon unter dem Zigeuner Zeuge im Gepuͤſche geſtecket, und mit ihnen nach veruͤbter That wieder hinein gegan- gen waren, nun aber ſchon ſich getrennet hatten, in Meinung nach Roſtock zu gehen, und ihre Beute zu empfahen: Wie wol Fixel nachgehends, mit Gewißheit Schieffer-Deckers Weib bey oder in der Muͤhle geſehen zu haben, uͤber ſich nicht behalten wolte. Und da die beyde andere Zeugen ein tuͤckiſches Hertz hatten, reſilirten ſie auch von ihrer erſten Auſſage, daß alſo

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmid_justitzrad_1725
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmid_justitzrad_1725/24
Zitationshilfe: Schmidt, Andreas: Das Uber vier Malefitz-Personen ergangene Justitz-Rad. Berlin, 1725, S. 26[24]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmid_justitzrad_1725/24>, abgerufen am 21.12.2024.