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Schmidt, Andreas: Das Uber vier Malefitz-Personen ergangene Justitz-Rad. Berlin, 1725.

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trübte Geschichte sehen, lesen oder davon hören, daß sie es sich unter einan-
der und ihren Kindern einschärffen: Schertzet nicht mit den Straffen.

§. 187.

Unsre gantze Bande mochte wol meistentheils ihr Unglück
ursprünglich der üblen Kinderzucht unter ihren Eltern zuzuschreiben und zu
dancken haben, in dem sie zu keinem Guten, weder zur Schulen und Furcht
Gottes, noch zur löblichen Arbeit angehalten worden, zu dem das böse
Exempel und ärgerliche Leben der Eltern vor Augen gehabt, wol gar zum
Bösen von ihnen unterrichtet worden, wie diese arme Kinder solches auch
wol erkanten und zum Theil schmertzlich bedaureten.

§. 188.

Demnach mögen solcherley Eltern durch diese Geschichte zum
Nachsinnen sich bringen lassen, zu erkennen, daß die grösseste Schuld auf sie
falle, wenn ihre arme Kinder an Seel und Leibe verwarloset und verderbet
werden. Können sie es verbessern und einbringen, was von ihnen versäu-
met worden, so nehmen sie solcher Gnaden-Zeit wahr, ehe sie in so schwere
Versuchung kommen, und über ihrer eigenen Kinder Unglück in Zeit und
Ewigkeit gebeuget werden.

§. 189.

Einer unter unsern executirten kam auf solche Gedancken,
und wenn er darauf kam, war des Seufftzens und Weinens bey ihm kein
Ende. Dieweil es aber von seinem bereits verstorbenen Vater nicht konte
redressiret werden, prieß er seine nochlebende Mutter denen Gerichten an,
Sorge zu haben, daß dieselbe aufgegriffen und auf bessere Wege gebracht
würde, sonst er besorgen müste, sie würde sich, wenn sie in ihrer Blindheit da-
hin ginge und stürbe, ein schweres Gerichte Gottes über ihre Seele ziehen.

§. 190.

Verborgene Sünden wollen wir an ihnen zugedecket liegen
lassen und zufrieden seyn mit denen, die in den Gerichten offenbahr worden,
die an sich schon abscheulich und arg gnug betrieben sind: Dis aber mö-
gen wir sicher glauben, es kan so arg nicht etwas ersonnen werden, man konte
es auch bey ihnen gefunden haben. Und was wunder? Es muste bey ih-
nen eintreffen, was Paulus geschrieben: Darum, daß sie GOtt nicht erkan-
ten noch fürchteten, hat sie auch GOtt dahin gegeben in ihrer Hertzen-Gelüste.

§. 191.

Anbey warnen wir auch hertzlich einen jeden, daß er sich mit
seiner Busse nicht verspäte, und sie durch Betrug des Satans in seinen Ge-
dancken aufschiebe. Die Ursache zu dieser Warnung ist, weil wir eines spät-
reuenden in unsrer Historischen Beschreibung alhie gedencken müssen. Wer
ihme denselben zur Nachfolge aussetzen wolte, möchte sich schändlich betrie-

gen;

truͤbte Geſchichte ſehen, leſen oder davon hoͤren, daß ſie es ſich unter einan-
der und ihren Kindern einſchaͤrffen: Schertzet nicht mit den Straffen.

§. 187.

Unſre gantze Bande mochte wol meiſtentheils ihr Ungluͤck
urſpruͤnglich der uͤblen Kinderzucht unter ihren Eltern zuzuſchreiben und zu
dancken haben, in dem ſie zu keinem Guten, weder zur Schulen und Furcht
Gottes, noch zur loͤblichen Arbeit angehalten worden, zu dem das boͤſe
Exempel und aͤrgerliche Leben der Eltern vor Augen gehabt, wol gar zum
Boͤſen von ihnen unterrichtet worden, wie dieſe arme Kinder ſolches auch
wol erkanten und zum Theil ſchmertzlich bedaureten.

§. 188.

Demnach moͤgen ſolcherley Eltern durch dieſe Geſchichte zum
Nachſinnen ſich bringen laſſen, zu erkennen, daß die groͤſſeſte Schuld auf ſie
falle, wenn ihre arme Kinder an Seel und Leibe verwarloſet und verderbet
werden. Koͤnnen ſie es verbeſſern und einbringen, was von ihnen verſaͤu-
met worden, ſo nehmen ſie ſolcher Gnaden-Zeit wahr, ehe ſie in ſo ſchwere
Verſuchung kommen, und uͤber ihrer eigenen Kinder Ungluͤck in Zeit und
Ewigkeit gebeuget werden.

§. 189.

Einer unter unſern executirten kam auf ſolche Gedancken,
und wenn er darauf kam, war des Seufftzens und Weinens bey ihm kein
Ende. Dieweil es aber von ſeinem bereits verſtorbenen Vater nicht konte
redreſſiret werden, prieß er ſeine nochlebende Mutter denen Gerichten an,
Sorge zu haben, daß dieſelbe aufgegriffen und auf beſſere Wege gebracht
wuͤrde, ſonſt er beſorgen muͤſte, ſie wuͤrde ſich, wenn ſie in ihrer Blindheit da-
hin ginge und ſtuͤrbe, ein ſchweres Gerichte Gottes uͤber ihre Seele ziehen.

§. 190.

Verborgene Suͤnden wollen wir an ihnen zugedecket liegen
laſſen und zufrieden ſeyn mit denen, die in den Gerichten offenbahr worden,
die an ſich ſchon abſcheulich und arg gnug betrieben ſind: Dis aber moͤ-
gen wir ſicher glauben, es kan ſo arg nicht etwas erſonnen werden, man konte
es auch bey ihnen gefunden haben. Und was wunder? Es muſte bey ih-
nen eintreffen, was Paulus geſchrieben: Darum, daß ſie GOtt nicht erkan-
ten noch fuͤrchteten, hat ſie auch GOtt dahin gegeben in ihrer Hertzen-Geluͤſte.

§. 191.

Anbey warnen wir auch hertzlich einen jeden, daß er ſich mit
ſeiner Buſſe nicht verſpaͤte, und ſie durch Betrug des Satans in ſeinen Ge-
dancken aufſchiebe. Die Urſache zu dieſer Warnung iſt, weil wir eines ſpaͤt-
reuenden in unſrer Hiſtoriſchen Beſchreibung alhie gedencken muͤſſen. Wer
ihme denſelben zur Nachfolge ausſetzen wolte, moͤchte ſich ſchaͤndlich betrie-

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[110[108]/0116] truͤbte Geſchichte ſehen, leſen oder davon hoͤren, daß ſie es ſich unter einan- der und ihren Kindern einſchaͤrffen: Schertzet nicht mit den Straffen. §. 187. Unſre gantze Bande mochte wol meiſtentheils ihr Ungluͤck urſpruͤnglich der uͤblen Kinderzucht unter ihren Eltern zuzuſchreiben und zu dancken haben, in dem ſie zu keinem Guten, weder zur Schulen und Furcht Gottes, noch zur loͤblichen Arbeit angehalten worden, zu dem das boͤſe Exempel und aͤrgerliche Leben der Eltern vor Augen gehabt, wol gar zum Boͤſen von ihnen unterrichtet worden, wie dieſe arme Kinder ſolches auch wol erkanten und zum Theil ſchmertzlich bedaureten. §. 188. Demnach moͤgen ſolcherley Eltern durch dieſe Geſchichte zum Nachſinnen ſich bringen laſſen, zu erkennen, daß die groͤſſeſte Schuld auf ſie falle, wenn ihre arme Kinder an Seel und Leibe verwarloſet und verderbet werden. Koͤnnen ſie es verbeſſern und einbringen, was von ihnen verſaͤu- met worden, ſo nehmen ſie ſolcher Gnaden-Zeit wahr, ehe ſie in ſo ſchwere Verſuchung kommen, und uͤber ihrer eigenen Kinder Ungluͤck in Zeit und Ewigkeit gebeuget werden. §. 189. Einer unter unſern executirten kam auf ſolche Gedancken, und wenn er darauf kam, war des Seufftzens und Weinens bey ihm kein Ende. Dieweil es aber von ſeinem bereits verſtorbenen Vater nicht konte redreſſiret werden, prieß er ſeine nochlebende Mutter denen Gerichten an, Sorge zu haben, daß dieſelbe aufgegriffen und auf beſſere Wege gebracht wuͤrde, ſonſt er beſorgen muͤſte, ſie wuͤrde ſich, wenn ſie in ihrer Blindheit da- hin ginge und ſtuͤrbe, ein ſchweres Gerichte Gottes uͤber ihre Seele ziehen. §. 190. Verborgene Suͤnden wollen wir an ihnen zugedecket liegen laſſen und zufrieden ſeyn mit denen, die in den Gerichten offenbahr worden, die an ſich ſchon abſcheulich und arg gnug betrieben ſind: Dis aber moͤ- gen wir ſicher glauben, es kan ſo arg nicht etwas erſonnen werden, man konte es auch bey ihnen gefunden haben. Und was wunder? Es muſte bey ih- nen eintreffen, was Paulus geſchrieben: Darum, daß ſie GOtt nicht erkan- ten noch fuͤrchteten, hat ſie auch GOtt dahin gegeben in ihrer Hertzen-Geluͤſte. §. 191. Anbey warnen wir auch hertzlich einen jeden, daß er ſich mit ſeiner Buſſe nicht verſpaͤte, und ſie durch Betrug des Satans in ſeinen Ge- dancken aufſchiebe. Die Urſache zu dieſer Warnung iſt, weil wir eines ſpaͤt- reuenden in unſrer Hiſtoriſchen Beſchreibung alhie gedencken muͤſſen. Wer ihme denſelben zur Nachfolge ausſetzen wolte, moͤchte ſich ſchaͤndlich betrie- gen;

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Zitationshilfe: Schmidt, Andreas: Das Uber vier Malefitz-Personen ergangene Justitz-Rad. Berlin, 1725, S. 110[108]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmid_justitzrad_1725/116>, abgerufen am 21.11.2024.