Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmidt, Andreas: Das Uber vier Malefitz-Personen ergangene Justitz-Rad. Berlin, 1725.

Bild:
<< vorherige Seite

wünschten Durchbruche kommen wolte, nachdem doch obgedachte Hinder-
nisse ziemlich aufgeräumet waren.

§. 145.

Jch muß doch hiebey gedencken, was annoch am Freytags
Morgen mit dem Schieffer-Decker passirete: Jch hatte erfahren, daß un-
ser ordentlicher Nachrichter Klein aus unpäßlichkeit die an dem damahligen
Tage vorgewesene Execution an einer Kindermörderin mit der Säckung
oder Ersäuffung nicht selbst verrichten können/ auch daß er zu der Stunde
selbst gestorben wäre, dahero trat ich zu dem Schiefferdecker ein/ dachte ihm
solche Zeitung zu einer unschuldigen Erweckung zugeben, weil ich wuste, daß
er wider gedachten Klein einen grossen Groll hegete/ der seiner auf der Fol-
ter mit harten Worten und thätlichem Angriffe nicht geschonet hatte, sprach
zu ihm: Schiefferdecker, ich will euch was neues sagen, dieser spitzete die
Ohren und dachte was es wäre, foderte mich an, daß ichs ihm sagen solte,
und da ich zu ihme Pauli Worte redete: Der Tod ist verschlungen in den
Sieg! Wolte er wissen, wie ichs verstünde; Jch sagte ihm die Sache,
der Scharffrichter, über dessen harte tractamente er immer sich beschweret
hätte, wäre vor einer Stunde gestorben; Er antwortete mir mit schnöden
Mienen: Jch dächte er hätte mir sagen wollen, daß ich nicht sterben würde,
allein das ist mir ein schlechter Trost, seines gleichen werden sich schon an-
dere finden, die mich tödten können, indessen ist mirs doch ein Trost, daß
der etc. mich nicht tödten kan.

§. 146.

Am Sonnabend des Morgens, just um die Zeit, da von
Stettin der Corporal Otter zusammen geschlossen mit dem Windmüller vor
Stettin ins Hoffgerichte gebracht wurde, daß sie beyde weiter von dem Ver-
ständnisse mit dem Schiefferdecker repondireten, nach dem dieser Schieffer-
decker mit der rechten Warheit nicht heraus wolte, ward Fixel auf einen
Wagen besonders, und der Schiefferdecker auch besonders auf einem Wa-
gen nach Spandow gebracht, um daselbst eine versamlete und aufgeraffte
Landlauffer Rotte zu beschauen, ob sie welche von ihren Bekanten oder
Mitgenossen bey der Windmühle antreffen würden.

§. 147.

Am Abend dieses Tages, da sie wieder kamen, erfuhr man,
daß Fixel unter der grossen Arrestanten Menge zu Spandow 4. als Marckt-
Diebe und falsche Brandt-Bettler erkant, die sich in sothaner Confrontation
nicht lange gewegert, sothane Beschuldigung zu bekennen, wiewol keiner
von denen Consorten bey der Damm-Mühlen erfunden worden: Der
Schiefferdecker aber wolte von keinem etwas besonders wissen, sondern da er

über
N

wuͤnſchten Durchbruche kommen wolte, nachdem doch obgedachte Hinder-
niſſe ziemlich aufgeraͤumet waren.

§. 145.

Jch muß doch hiebey gedencken, was annoch am Freytags
Morgen mit dem Schieffer-Decker paſſirete: Jch hatte erfahren, daß un-
ſer ordentlicher Nachrichter Klein aus unpaͤßlichkeit die an dem damahligen
Tage vorgeweſene Execution an einer Kindermoͤrderin mit der Saͤckung
oder Erſaͤuffung nicht ſelbſt verrichten koͤnnen/ auch daß er zu der Stunde
ſelbſt geſtorben waͤre, dahero trat ich zu dem Schiefferdecker ein/ dachte ihm
ſolche Zeitung zu einer unſchuldigen Erweckung zugeben, weil ich wuſte, daß
er wider gedachten Klein einen groſſen Groll hegete/ der ſeiner auf der Fol-
ter mit harten Worten und thaͤtlichem Angriffe nicht geſchonet hatte, ſprach
zu ihm: Schiefferdecker, ich will euch was neues ſagen, dieſer ſpitzete die
Ohren und dachte was es waͤre, foderte mich an, daß ichs ihm ſagen ſolte,
und da ich zu ihme Pauli Worte redete: Der Tod iſt verſchlungen in den
Sieg! Wolte er wiſſen, wie ichs verſtuͤnde; Jch ſagte ihm die Sache,
der Scharffrichter, uͤber deſſen harte tractamente er immer ſich beſchweret
haͤtte, waͤre vor einer Stunde geſtorben; Er antwortete mir mit ſchnoͤden
Mienen: Jch daͤchte er haͤtte mir ſagen wollen, daß ich nicht ſterben wuͤrde,
allein das iſt mir ein ſchlechter Troſt, ſeines gleichen werden ſich ſchon an-
dere finden, die mich toͤdten koͤnnen, indeſſen iſt mirs doch ein Troſt, daß
der etc. mich nicht toͤdten kan.

§. 146.

Am Sonnabend des Morgens, juſt um die Zeit, da von
Stettin der Corporal Otter zuſammen geſchloſſen mit dem Windmuͤller vor
Stettin ins Hoffgerichte gebracht wurde, daß ſie beyde weiter von dem Ver-
ſtaͤndniſſe mit dem Schiefferdecker repondireten, nach dem dieſer Schieffer-
decker mit der rechten Warheit nicht heraus wolte, ward Fixel auf einen
Wagen beſonders, und der Schiefferdecker auch beſonders auf einem Wa-
gen nach Spandow gebracht, um daſelbſt eine verſamlete und aufgeraffte
Landlauffer Rotte zu beſchauen, ob ſie welche von ihren Bekanten oder
Mitgenoſſen bey der Windmuͤhle antreffen wuͤrden.

§. 147.

Am Abend dieſes Tages, da ſie wieder kamen, erfuhr man,
daß Fixel unter der groſſen Arreſtanten Menge zu Spandow 4. als Marckt-
Diebe und falſche Brandt-Bettler erkant, die ſich in ſothaner Confrontation
nicht lange gewegert, ſothane Beſchuldigung zu bekennen, wiewol keiner
von denen Conſorten bey der Damm-Muͤhlen erfunden worden: Der
Schiefferdecker aber wolte von keinem etwas beſonders wiſſen, ſondern da er

uͤber
N
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0103" n="97[95]"/>
wu&#x0364;n&#x017F;chten Durchbruche kommen wolte, nachdem doch obgedachte Hinder-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;e ziemlich aufgera&#x0364;umet waren.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head>§. 145.</head>
        <p>Jch muß doch hiebey gedencken, was annoch am Freytags<lb/>
Morgen mit dem Schieffer-Decker <hi rendition="#aq">pa&#x017F;&#x017F;i</hi>rete: Jch hatte erfahren, daß un-<lb/>
&#x017F;er ordentlicher Nachrichter Klein aus unpa&#x0364;ßlichkeit die an dem damahligen<lb/>
Tage vorgewe&#x017F;ene <hi rendition="#aq">Execution</hi> an einer Kindermo&#x0364;rderin mit der Sa&#x0364;ckung<lb/>
oder Er&#x017F;a&#x0364;uffung nicht &#x017F;elb&#x017F;t verrichten ko&#x0364;nnen/ auch daß er zu der Stunde<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;torben wa&#x0364;re, dahero trat ich zu dem Schiefferdecker ein/ dachte ihm<lb/>
&#x017F;olche Zeitung zu einer un&#x017F;chuldigen Erweckung zugeben, weil ich wu&#x017F;te, daß<lb/>
er wider gedachten Klein einen gro&#x017F;&#x017F;en Groll hegete/ der &#x017F;einer auf der Fol-<lb/>
ter mit harten Worten und tha&#x0364;tlichem Angriffe nicht ge&#x017F;chonet hatte, &#x017F;prach<lb/>
zu ihm: Schiefferdecker, ich will euch was neues &#x017F;agen, die&#x017F;er &#x017F;pitzete die<lb/>
Ohren und dachte was es wa&#x0364;re, foderte mich an, daß ichs ihm &#x017F;agen &#x017F;olte,<lb/>
und da ich zu ihme Pauli Worte redete: Der Tod i&#x017F;t ver&#x017F;chlungen in den<lb/>
Sieg! Wolte er wi&#x017F;&#x017F;en, wie ichs ver&#x017F;tu&#x0364;nde; Jch &#x017F;agte ihm die Sache,<lb/>
der Scharffrichter, u&#x0364;ber de&#x017F;&#x017F;en harte <hi rendition="#aq">tractamen</hi>te er immer &#x017F;ich be&#x017F;chweret<lb/>
ha&#x0364;tte, wa&#x0364;re vor einer Stunde ge&#x017F;torben; Er antwortete mir mit &#x017F;chno&#x0364;den<lb/>
Mienen: Jch da&#x0364;chte er ha&#x0364;tte mir &#x017F;agen wollen, daß ich nicht &#x017F;terben wu&#x0364;rde,<lb/>
allein das i&#x017F;t mir ein &#x017F;chlechter Tro&#x017F;t, &#x017F;eines gleichen werden &#x017F;ich &#x017F;chon an-<lb/>
dere finden, die mich to&#x0364;dten ko&#x0364;nnen, inde&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t mirs doch ein Tro&#x017F;t, daß<lb/>
der etc. mich nicht to&#x0364;dten kan.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head>§. 146.</head>
        <p>Am Sonnabend des Morgens, ju&#x017F;t um die Zeit, da von<lb/>
Stettin der Corporal Otter zu&#x017F;ammen ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en mit dem Windmu&#x0364;ller vor<lb/>
Stettin ins Hoffgerichte gebracht wurde, daß &#x017F;ie beyde weiter von dem Ver-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndni&#x017F;&#x017F;e mit dem Schiefferdecker <hi rendition="#aq">repondire</hi>ten, nach dem die&#x017F;er Schieffer-<lb/>
decker mit der rechten Warheit nicht heraus wolte, ward Fixel auf einen<lb/>
Wagen be&#x017F;onders, und der Schiefferdecker auch be&#x017F;onders auf einem Wa-<lb/>
gen nach Spandow gebracht, um da&#x017F;elb&#x017F;t eine ver&#x017F;amlete und aufgeraffte<lb/>
Landlauffer Rotte zu be&#x017F;chauen, ob &#x017F;ie welche von ihren Bekanten oder<lb/>
Mitgeno&#x017F;&#x017F;en bey der Windmu&#x0364;hle antreffen wu&#x0364;rden.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head>§. 147.</head>
        <p>Am Abend die&#x017F;es Tages, da &#x017F;ie wieder kamen, erfuhr man,<lb/>
daß Fixel unter der gro&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#aq">Arre&#x017F;tan</hi>ten Menge zu Spandow 4. als Marckt-<lb/>
Diebe und fal&#x017F;che Brandt-Bettler erkant, die &#x017F;ich in &#x017F;othaner <hi rendition="#aq">Confrontation</hi><lb/>
nicht lange gewegert, &#x017F;othane Be&#x017F;chuldigung zu bekennen, wiewol keiner<lb/>
von denen <hi rendition="#aq">Con&#x017F;or</hi>ten bey der Damm-Mu&#x0364;hlen erfunden worden: Der<lb/>
Schiefferdecker aber wolte von keinem etwas be&#x017F;onders wi&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ondern da er<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">N</fw><fw place="bottom" type="catch">u&#x0364;ber</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[97[95]/0103] wuͤnſchten Durchbruche kommen wolte, nachdem doch obgedachte Hinder- niſſe ziemlich aufgeraͤumet waren. §. 145. Jch muß doch hiebey gedencken, was annoch am Freytags Morgen mit dem Schieffer-Decker paſſirete: Jch hatte erfahren, daß un- ſer ordentlicher Nachrichter Klein aus unpaͤßlichkeit die an dem damahligen Tage vorgeweſene Execution an einer Kindermoͤrderin mit der Saͤckung oder Erſaͤuffung nicht ſelbſt verrichten koͤnnen/ auch daß er zu der Stunde ſelbſt geſtorben waͤre, dahero trat ich zu dem Schiefferdecker ein/ dachte ihm ſolche Zeitung zu einer unſchuldigen Erweckung zugeben, weil ich wuſte, daß er wider gedachten Klein einen groſſen Groll hegete/ der ſeiner auf der Fol- ter mit harten Worten und thaͤtlichem Angriffe nicht geſchonet hatte, ſprach zu ihm: Schiefferdecker, ich will euch was neues ſagen, dieſer ſpitzete die Ohren und dachte was es waͤre, foderte mich an, daß ichs ihm ſagen ſolte, und da ich zu ihme Pauli Worte redete: Der Tod iſt verſchlungen in den Sieg! Wolte er wiſſen, wie ichs verſtuͤnde; Jch ſagte ihm die Sache, der Scharffrichter, uͤber deſſen harte tractamente er immer ſich beſchweret haͤtte, waͤre vor einer Stunde geſtorben; Er antwortete mir mit ſchnoͤden Mienen: Jch daͤchte er haͤtte mir ſagen wollen, daß ich nicht ſterben wuͤrde, allein das iſt mir ein ſchlechter Troſt, ſeines gleichen werden ſich ſchon an- dere finden, die mich toͤdten koͤnnen, indeſſen iſt mirs doch ein Troſt, daß der etc. mich nicht toͤdten kan. §. 146. Am Sonnabend des Morgens, juſt um die Zeit, da von Stettin der Corporal Otter zuſammen geſchloſſen mit dem Windmuͤller vor Stettin ins Hoffgerichte gebracht wurde, daß ſie beyde weiter von dem Ver- ſtaͤndniſſe mit dem Schiefferdecker repondireten, nach dem dieſer Schieffer- decker mit der rechten Warheit nicht heraus wolte, ward Fixel auf einen Wagen beſonders, und der Schiefferdecker auch beſonders auf einem Wa- gen nach Spandow gebracht, um daſelbſt eine verſamlete und aufgeraffte Landlauffer Rotte zu beſchauen, ob ſie welche von ihren Bekanten oder Mitgenoſſen bey der Windmuͤhle antreffen wuͤrden. §. 147. Am Abend dieſes Tages, da ſie wieder kamen, erfuhr man, daß Fixel unter der groſſen Arreſtanten Menge zu Spandow 4. als Marckt- Diebe und falſche Brandt-Bettler erkant, die ſich in ſothaner Confrontation nicht lange gewegert, ſothane Beſchuldigung zu bekennen, wiewol keiner von denen Conſorten bey der Damm-Muͤhlen erfunden worden: Der Schiefferdecker aber wolte von keinem etwas beſonders wiſſen, ſondern da er uͤber N

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmid_justitzrad_1725
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmid_justitzrad_1725/103
Zitationshilfe: Schmidt, Andreas: Das Uber vier Malefitz-Personen ergangene Justitz-Rad. Berlin, 1725, S. 97[95]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmid_justitzrad_1725/103>, abgerufen am 30.12.2024.