Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schleiermacher, Friedrich: Hermeneutik und Kritik. Berlin, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

dern im Aufsuchen der Hauptgedanken und ihrer Verbindungen
fortzufahren und das Verhältniß zwischen den Ausdrucksweisen
des einen und des andern Schriftstellers genau zu construiren 1).


Was die Bestimmung des formellen Elements 2) be-
trifft, so muß man dabei wieder zurückgehen auf den Saz, als
Verbindung von Haupt- und Zeitwort. Die einfachste Form des-
selben ist die, daß das Hauptwort im Nominativ steht und das
Zeitwort sich demselben anschließt. Je nachdem nun das Zeitwort
personell oder temporell verschieden bestimmt ist, ist auch das Ver-
hältniß zum Hauptwort und somit der Gehalt des Sazes ver-
schieden. Dieß ist kein abgesondertes Sprachelement, sondern die
allgemeine Bedingung in der Sprache, unter der die nähere Be-
stimmtheit des Sazes allein möglich ist.

Besteht der Saz aus mehreren Elementen, so werden da-
durch die Glieder desselben unter einander verbunden, ohne daß
der Saz aufhörte ein einfacher zu sein. Wird dem Hauptworte
etwas beigefügt, wodurch ein Verhältniß zu andern bezeichnet
werden soll, so tritt die Präposition ein, oder fehlt sie die Struc-
tur der andern Hauptworte. Beides kann aber auch zusammen
sein. So lange wir aber eine organische Verbindung zwischen
einem Hauptworte und einem Zeitworte haben, mögen sie auch
noch so viel bestimmt sein, bleibt der Saz einfach 3).

Die Verbindung der Säze unter einander kann eine an-
reihende und eine organische sein 4). Werden zwei Säze
organisch verbunden so daß Ein Ganzes entsteht und man bei
dem einen gleich das Bewußtsein bekommt, daß er nur ein Theil
des Ganzen ist, so entsteht die Periode, deren Hauptform die

1) Alles bisherige von S. 91. an, ist Erläuterung der Säze von §. 10 an. S. 77 ff.
2) Von hier an vergl. §. 4 ff. S. 71 ff.
3) Vergl. §. 8. S. 76 ff.
4) Vergl. §. 4. S. 71 ff.

dern im Aufſuchen der Hauptgedanken und ihrer Verbindungen
fortzufahren und das Verhaͤltniß zwiſchen den Ausdrucksweiſen
des einen und des andern Schriftſtellers genau zu conſtruiren 1).


Was die Beſtimmung des formellen Elements 2) be-
trifft, ſo muß man dabei wieder zuruͤckgehen auf den Saz, als
Verbindung von Haupt- und Zeitwort. Die einfachſte Form des-
ſelben iſt die, daß das Hauptwort im Nominativ ſteht und das
Zeitwort ſich demſelben anſchließt. Je nachdem nun das Zeitwort
perſonell oder temporell verſchieden beſtimmt iſt, iſt auch das Ver-
haͤltniß zum Hauptwort und ſomit der Gehalt des Sazes ver-
ſchieden. Dieß iſt kein abgeſondertes Sprachelement, ſondern die
allgemeine Bedingung in der Sprache, unter der die naͤhere Be-
ſtimmtheit des Sazes allein moͤglich iſt.

Beſteht der Saz aus mehreren Elementen, ſo werden da-
durch die Glieder deſſelben unter einander verbunden, ohne daß
der Saz aufhoͤrte ein einfacher zu ſein. Wird dem Hauptworte
etwas beigefuͤgt, wodurch ein Verhaͤltniß zu andern bezeichnet
werden ſoll, ſo tritt die Praͤpoſition ein, oder fehlt ſie die Struc-
tur der andern Hauptworte. Beides kann aber auch zuſammen
ſein. So lange wir aber eine organiſche Verbindung zwiſchen
einem Hauptworte und einem Zeitworte haben, moͤgen ſie auch
noch ſo viel beſtimmt ſein, bleibt der Saz einfach 3).

Die Verbindung der Saͤze unter einander kann eine an-
reihende und eine organiſche ſein 4). Werden zwei Saͤze
organiſch verbunden ſo daß Ein Ganzes entſteht und man bei
dem einen gleich das Bewußtſein bekommt, daß er nur ein Theil
des Ganzen iſt, ſo entſteht die Periode, deren Hauptform die

1) Alles bisherige von S. 91. an, iſt Erlaͤuterung der Saͤze von §. 10 an. S. 77 ff.
2) Von hier an vergl. §. 4 ff. S. 71 ff.
3) Vergl. §. 8. S. 76 ff.
4) Vergl. §. 4. S. 71 ff.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0140" n="116"/>
dern im Auf&#x017F;uchen der Hauptgedanken und ihrer Verbindungen<lb/>
fortzufahren und das Verha&#x0364;ltniß zwi&#x017F;chen den Ausdruckswei&#x017F;en<lb/>
des einen und des andern Schrift&#x017F;tellers genau zu con&#x017F;truiren <note place="foot" n="1)">Alles bisherige von S. 91. an, i&#x017F;t Erla&#x0364;uterung der Sa&#x0364;ze von §. 10 an. S. 77 ff.</note>.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <p>Was die Be&#x017F;timmung des <hi rendition="#g">formellen Elements</hi> <note place="foot" n="2)">Von hier an vergl. §. 4 ff. S. 71 ff.</note> be-<lb/>
trifft, &#x017F;o muß man dabei wieder zuru&#x0364;ckgehen auf den Saz, als<lb/>
Verbindung von Haupt- und Zeitwort. Die einfach&#x017F;te Form des-<lb/>
&#x017F;elben i&#x017F;t die, daß das Hauptwort im Nominativ &#x017F;teht und das<lb/>
Zeitwort &#x017F;ich dem&#x017F;elben an&#x017F;chließt. Je nachdem nun das Zeitwort<lb/>
per&#x017F;onell oder temporell ver&#x017F;chieden be&#x017F;timmt i&#x017F;t, i&#x017F;t auch das Ver-<lb/>
ha&#x0364;ltniß zum Hauptwort und &#x017F;omit der Gehalt des Sazes ver-<lb/>
&#x017F;chieden. Dieß i&#x017F;t kein abge&#x017F;ondertes Sprachelement, &#x017F;ondern die<lb/>
allgemeine Bedingung in der Sprache, unter der die na&#x0364;here Be-<lb/>
&#x017F;timmtheit des Sazes allein mo&#x0364;glich i&#x017F;t.</p><lb/>
            <p>Be&#x017F;teht der Saz aus mehreren Elementen, &#x017F;o werden da-<lb/>
durch die Glieder de&#x017F;&#x017F;elben unter einander verbunden, ohne daß<lb/>
der Saz aufho&#x0364;rte ein einfacher zu &#x017F;ein. Wird dem Hauptworte<lb/>
etwas beigefu&#x0364;gt, wodurch ein Verha&#x0364;ltniß zu andern bezeichnet<lb/>
werden &#x017F;oll, &#x017F;o tritt die Pra&#x0364;po&#x017F;ition ein, oder fehlt &#x017F;ie die Struc-<lb/>
tur der andern Hauptworte. Beides kann aber auch zu&#x017F;ammen<lb/>
&#x017F;ein. So lange wir aber eine organi&#x017F;che Verbindung zwi&#x017F;chen<lb/>
einem Hauptworte und einem Zeitworte haben, mo&#x0364;gen &#x017F;ie auch<lb/>
noch &#x017F;o viel be&#x017F;timmt &#x017F;ein, bleibt der Saz einfach <note place="foot" n="3)">Vergl. §. 8. S. 76 ff.</note>.</p><lb/>
            <p>Die Verbindung der Sa&#x0364;ze unter einander kann eine <hi rendition="#g">an</hi>-<lb/><hi rendition="#g">reihende</hi> und eine <hi rendition="#g">organi&#x017F;che</hi> &#x017F;ein <note place="foot" n="4)">Vergl. §. 4. S. 71 ff.</note>. Werden zwei Sa&#x0364;ze<lb/>
organi&#x017F;ch verbunden &#x017F;o daß Ein Ganzes ent&#x017F;teht und man bei<lb/>
dem einen gleich das Bewußt&#x017F;ein bekommt, daß er nur ein Theil<lb/>
des Ganzen i&#x017F;t, &#x017F;o ent&#x017F;teht die Periode, deren Hauptform die<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[116/0140] dern im Aufſuchen der Hauptgedanken und ihrer Verbindungen fortzufahren und das Verhaͤltniß zwiſchen den Ausdrucksweiſen des einen und des andern Schriftſtellers genau zu conſtruiren 1). Was die Beſtimmung des formellen Elements 2) be- trifft, ſo muß man dabei wieder zuruͤckgehen auf den Saz, als Verbindung von Haupt- und Zeitwort. Die einfachſte Form des- ſelben iſt die, daß das Hauptwort im Nominativ ſteht und das Zeitwort ſich demſelben anſchließt. Je nachdem nun das Zeitwort perſonell oder temporell verſchieden beſtimmt iſt, iſt auch das Ver- haͤltniß zum Hauptwort und ſomit der Gehalt des Sazes ver- ſchieden. Dieß iſt kein abgeſondertes Sprachelement, ſondern die allgemeine Bedingung in der Sprache, unter der die naͤhere Be- ſtimmtheit des Sazes allein moͤglich iſt. Beſteht der Saz aus mehreren Elementen, ſo werden da- durch die Glieder deſſelben unter einander verbunden, ohne daß der Saz aufhoͤrte ein einfacher zu ſein. Wird dem Hauptworte etwas beigefuͤgt, wodurch ein Verhaͤltniß zu andern bezeichnet werden ſoll, ſo tritt die Praͤpoſition ein, oder fehlt ſie die Struc- tur der andern Hauptworte. Beides kann aber auch zuſammen ſein. So lange wir aber eine organiſche Verbindung zwiſchen einem Hauptworte und einem Zeitworte haben, moͤgen ſie auch noch ſo viel beſtimmt ſein, bleibt der Saz einfach 3). Die Verbindung der Saͤze unter einander kann eine an- reihende und eine organiſche ſein 4). Werden zwei Saͤze organiſch verbunden ſo daß Ein Ganzes entſteht und man bei dem einen gleich das Bewußtſein bekommt, daß er nur ein Theil des Ganzen iſt, ſo entſteht die Periode, deren Hauptform die 1) Alles bisherige von S. 91. an, iſt Erlaͤuterung der Saͤze von §. 10 an. S. 77 ff. 2) Von hier an vergl. §. 4 ff. S. 71 ff. 3) Vergl. §. 8. S. 76 ff. 4) Vergl. §. 4. S. 71 ff.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schleiermacher_hermeneutik_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schleiermacher_hermeneutik_1838/140
Zitationshilfe: Schleiermacher, Friedrich: Hermeneutik und Kritik. Berlin, 1838, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiermacher_hermeneutik_1838/140>, abgerufen am 26.04.2024.