Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schleiermacher, Friedrich: Hermeneutik und Kritik. Berlin, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

tung und scheiden mehreres aus. Auch die Verknüpfungen
durch Präpositionen sind noch nähere Bestimmungen des Verbi
wie man daraus sieht daß die Präposition von selbst auch Be-
standtheil des Verbi wird.

2. Jedoch ist dieß nicht hinreichend, sondern das recht po-
sitive Element kann nur gegeben werden dadurch daß man in
der Nachconstruction der ganzen Gedankenreihe begriffen ist.

12. Für das N. Testament ist die Aufgabe von großer
Wichtigkeit und Schwierigkeit wegen der neuen und einzigen
Begriffe.

13. Wenn die unmittelbare Bestimmung nicht aus-
reicht muß die mittelbare eintreten durch Identität und Ge-
gensaz. Ähnlichkeit und Unterschied sind hierauf zurückzuführen.

14. Gegensaz ist überall, aber in der dialektischen Com-
position am meisten.

In Beziehung auf das N. Testam. kommt hier besonders
Paulus in Betracht.

15. Die Regeln für die Auffindung sind dieselben für
das identische und entgegengesezte.

1. Denn es giebt kein Urtheil über das entgegengesezte als
in Bezug auf eine höhere Identität, und eben so erkennt man
die Identität nur an einem gemeinschaftlichen Gegensaz.

2. Gleichmäßig kommt es bei beiden an auf die Gewißheit
daß wir das Verhältniß zweier Säze so stellen wie der Ver-
fasser es selbst gestellt hat.

16. Ein Saz in welchem ohne Unterbrechung noch
dasselbe Subject herrscht oder dasselbe Prädicat ist noch als
zum unmittelbaren Zusammenhange gehörig zu betrachten
(Identität).

tung und ſcheiden mehreres aus. Auch die Verknuͤpfungen
durch Praͤpoſitionen ſind noch naͤhere Beſtimmungen des Verbi
wie man daraus ſieht daß die Praͤpoſition von ſelbſt auch Be-
ſtandtheil des Verbi wird.

2. Jedoch iſt dieß nicht hinreichend, ſondern das recht po-
ſitive Element kann nur gegeben werden dadurch daß man in
der Nachconſtruction der ganzen Gedankenreihe begriffen iſt.

12. Fuͤr das N. Teſtament iſt die Aufgabe von großer
Wichtigkeit und Schwierigkeit wegen der neuen und einzigen
Begriffe.

13. Wenn die unmittelbare Beſtimmung nicht aus-
reicht muß die mittelbare eintreten durch Identitaͤt und Ge-
genſaz. Ähnlichkeit und Unterſchied ſind hierauf zuruͤckzufuͤhren.

14. Gegenſaz iſt uͤberall, aber in der dialektiſchen Com-
poſition am meiſten.

In Beziehung auf das N. Teſtam. kommt hier beſonders
Paulus in Betracht.

15. Die Regeln fuͤr die Auffindung ſind dieſelben fuͤr
das identiſche und entgegengeſezte.

1. Denn es giebt kein Urtheil uͤber das entgegengeſezte als
in Bezug auf eine hoͤhere Identitaͤt, und eben ſo erkennt man
die Identitaͤt nur an einem gemeinſchaftlichen Gegenſaz.

2. Gleichmaͤßig kommt es bei beiden an auf die Gewißheit
daß wir das Verhaͤltniß zweier Saͤze ſo ſtellen wie der Ver-
faſſer es ſelbſt geſtellt hat.

16. Ein Saz in welchem ohne Unterbrechung noch
daſſelbe Subject herrſcht oder daſſelbe Praͤdicat iſt noch als
zum unmittelbaren Zuſammenhange gehoͤrig zu betrachten
(Identitaͤt).

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0102" n="78"/>
tung und &#x017F;cheiden mehreres aus. Auch die Verknu&#x0364;pfungen<lb/>
durch Pra&#x0364;po&#x017F;itionen &#x017F;ind noch na&#x0364;here Be&#x017F;timmungen des Verbi<lb/>
wie man daraus &#x017F;ieht daß die Pra&#x0364;po&#x017F;ition von &#x017F;elb&#x017F;t auch Be-<lb/>
&#x017F;tandtheil des Verbi wird.</p><lb/>
            <p>2. Jedoch i&#x017F;t dieß nicht hinreichend, &#x017F;ondern das recht po-<lb/>
&#x017F;itive Element kann nur gegeben werden dadurch daß man in<lb/>
der Nachcon&#x017F;truction der ganzen Gedankenreihe begriffen i&#x017F;t.</p><lb/>
            <p>12. Fu&#x0364;r das N. Te&#x017F;tament i&#x017F;t die Aufgabe von großer<lb/>
Wichtigkeit und Schwierigkeit wegen der neuen und einzigen<lb/>
Begriffe.</p><lb/>
            <p>13. Wenn die unmittelbare Be&#x017F;timmung nicht aus-<lb/>
reicht muß die mittelbare eintreten durch Identita&#x0364;t und Ge-<lb/>
gen&#x017F;az. Ähnlichkeit und Unter&#x017F;chied &#x017F;ind hierauf zuru&#x0364;ckzufu&#x0364;hren.</p><lb/>
            <p>14. Gegen&#x017F;az i&#x017F;t u&#x0364;berall, aber in der dialekti&#x017F;chen Com-<lb/>
po&#x017F;ition am mei&#x017F;ten.</p><lb/>
            <p>In Beziehung auf das N. Te&#x017F;tam. kommt hier be&#x017F;onders<lb/>
Paulus in Betracht.</p><lb/>
            <p>15. Die Regeln fu&#x0364;r die Auffindung &#x017F;ind die&#x017F;elben fu&#x0364;r<lb/>
das identi&#x017F;che und entgegenge&#x017F;ezte.</p><lb/>
            <p>1. Denn es giebt kein Urtheil u&#x0364;ber das entgegenge&#x017F;ezte als<lb/>
in Bezug auf eine ho&#x0364;here Identita&#x0364;t, und eben &#x017F;o erkennt man<lb/>
die Identita&#x0364;t nur an einem gemein&#x017F;chaftlichen Gegen&#x017F;az.</p><lb/>
            <p>2. Gleichma&#x0364;ßig kommt es bei beiden an auf die Gewißheit<lb/>
daß wir das Verha&#x0364;ltniß zweier Sa&#x0364;ze &#x017F;o &#x017F;tellen wie der Ver-<lb/>
fa&#x017F;&#x017F;er es &#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;tellt hat.</p><lb/>
            <p>16. Ein Saz in welchem ohne Unterbrechung noch<lb/>
da&#x017F;&#x017F;elbe Subject herr&#x017F;cht oder da&#x017F;&#x017F;elbe Pra&#x0364;dicat i&#x017F;t noch als<lb/>
zum unmittelbaren Zu&#x017F;ammenhange geho&#x0364;rig zu betrachten<lb/>
(Identita&#x0364;t).</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[78/0102] tung und ſcheiden mehreres aus. Auch die Verknuͤpfungen durch Praͤpoſitionen ſind noch naͤhere Beſtimmungen des Verbi wie man daraus ſieht daß die Praͤpoſition von ſelbſt auch Be- ſtandtheil des Verbi wird. 2. Jedoch iſt dieß nicht hinreichend, ſondern das recht po- ſitive Element kann nur gegeben werden dadurch daß man in der Nachconſtruction der ganzen Gedankenreihe begriffen iſt. 12. Fuͤr das N. Teſtament iſt die Aufgabe von großer Wichtigkeit und Schwierigkeit wegen der neuen und einzigen Begriffe. 13. Wenn die unmittelbare Beſtimmung nicht aus- reicht muß die mittelbare eintreten durch Identitaͤt und Ge- genſaz. Ähnlichkeit und Unterſchied ſind hierauf zuruͤckzufuͤhren. 14. Gegenſaz iſt uͤberall, aber in der dialektiſchen Com- poſition am meiſten. In Beziehung auf das N. Teſtam. kommt hier beſonders Paulus in Betracht. 15. Die Regeln fuͤr die Auffindung ſind dieſelben fuͤr das identiſche und entgegengeſezte. 1. Denn es giebt kein Urtheil uͤber das entgegengeſezte als in Bezug auf eine hoͤhere Identitaͤt, und eben ſo erkennt man die Identitaͤt nur an einem gemeinſchaftlichen Gegenſaz. 2. Gleichmaͤßig kommt es bei beiden an auf die Gewißheit daß wir das Verhaͤltniß zweier Saͤze ſo ſtellen wie der Ver- faſſer es ſelbſt geſtellt hat. 16. Ein Saz in welchem ohne Unterbrechung noch daſſelbe Subject herrſcht oder daſſelbe Praͤdicat iſt noch als zum unmittelbaren Zuſammenhange gehoͤrig zu betrachten (Identitaͤt).

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schleiermacher_hermeneutik_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schleiermacher_hermeneutik_1838/102
Zitationshilfe: Schleiermacher, Friedrich: Hermeneutik und Kritik. Berlin, 1838, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiermacher_hermeneutik_1838/102>, abgerufen am 26.04.2024.