Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 2. Weimar, 1862.

Bild:
<< vorherige Seite
II. Morphologie.
A. Wurzeln und stämme*).
Die form des indogermanischen wortes.
§. 205.

Die indogermanische sprache ist eine sprache der höchsten
morphologischen ordnung, indem sie außer der anfügung von
beziehungslauten auch noch die flexion, d. h. die regelmäßige
veränderung der wurzel selbst zum zwecke des beziehungsauß-
druckes kent; dise veränderung der wurzel besteht in der stei-
gerung des wurzelvocales (§. 2). Die anfügung von beziehungs-
lauten findet nur am außlaute der wurzel statt, niemals im
anlaute der selben (das augment ist ein ursprünglich selbstän-
diges wort und schmilzt nur ans verbum an, daher kann es
unbeschadet der integrität des wortes felen). Jedes in der
sprache wirklich vor kommende indogermanische wort hat einen
beziehungslaut nach der wurzel, die übrigens auch redupliciert
sein kann, z. b. da-da-mi (do); nakte wurzeln erscheinen im indo-
germanischen nicht als worte (späterer abfall von beziehungslau-
ten komt hier natürlich nicht in betracht). Die einzige auß-

*) Wärend des druckes erschien Pott, etymologische Forschungen
auf dem Gebiete der Indo-Germanischen Sprachen. Zweite Auflage in völ-
lig neuer Umarbeitung. Zweiten Theiles erste Abtheilung: Wurzeln; Ein-
leitung. Lemgo u. Detmold 1861. Dises werk konte ich nicht mer für meine
arbeit benutzen.
Schleicher, vergl. gramm. d. indog. spr. 19
II. Morphologie.
A. Wurzeln und stämme*).
Die form des indogermanischen wortes.
§. 205.

Die indogermanische sprache ist eine sprache der höchsten
morphologischen ordnung, indem sie außer der anfügung von
beziehungslauten auch noch die flexion, d. h. die regelmäßige
veränderung der wurzel selbst zum zwecke des beziehungsauß-
druckes kent; dise veränderung der wurzel besteht in der stei-
gerung des wurzelvocales (§. 2). Die anfügung von beziehungs-
lauten findet nur am außlaute der wurzel statt, niemals im
anlaute der selben (das augment ist ein ursprünglich selbstän-
diges wort und schmilzt nur ans verbum an, daher kann es
unbeschadet der integrität des wortes felen). Jedes in der
sprache wirklich vor kommende indogermanische wort hat einen
beziehungslaut nach der wurzel, die übrigens auch redupliciert
sein kann, z. b. da-dâ-mi (do); nakte wurzeln erscheinen im indo-
germanischen nicht als worte (späterer abfall von beziehungslau-
ten komt hier natürlich nicht in betracht). Die einzige auß-

*) Wärend des druckes erschien Pott, etymologische Forschungen
auf dem Gebiete der Indo-Germanischen Sprachen. Zweite Auflage in völ-
lig neuer Umarbeitung. Zweiten Theiles erste Abtheilung: Wurzeln; Ein-
leitung. Lemgo u. Detmold 1861. Dises werk konte ich nicht mer für meine
arbeit benutzen.
Schleicher, vergl. gramm. d. indog. spr. 19
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0011" n="[285]"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">II. <hi rendition="#g">Morphologie</hi>.</hi> </head><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#b">A. Wurzeln und stämme</hi><note place="foot" n="*)">Wärend des druckes erschien <hi rendition="#g">Pott</hi>, etymologische Forschungen<lb/>
auf dem Gebiete der Indo-Germanischen Sprachen. Zweite Auflage in völ-<lb/>
lig neuer Umarbeitung. Zweiten Theiles erste Abtheilung: Wurzeln; Ein-<lb/>
leitung. Lemgo u. Detmold 1861. Dises werk konte ich nicht mer für meine<lb/>
arbeit benutzen.</note>.<lb/>
Die form des indogermanischen wortes.</head>
          <note place="right">§. 205.</note><lb/>
          <p>Die indogermanische sprache ist eine sprache der höchsten<lb/>
morphologischen ordnung, indem sie außer der anfügung von<lb/>
beziehungslauten auch noch die flexion, d. h. die regelmäßige<lb/>
veränderung der wurzel selbst zum zwecke des beziehungsauß-<lb/>
druckes kent; dise veränderung der wurzel besteht in der stei-<lb/>
gerung des wurzelvocales (§. 2). Die anfügung von beziehungs-<lb/>
lauten findet nur am außlaute der wurzel statt, niemals im<lb/>
anlaute der selben (das augment ist ein ursprünglich selbstän-<lb/>
diges wort und schmilzt nur ans verbum an, daher kann es<lb/>
unbeschadet der integrität des wortes felen). Jedes in der<lb/>
sprache wirklich vor kommende indogermanische wort hat einen<lb/>
beziehungslaut nach der wurzel, die übrigens auch redupliciert<lb/>
sein kann, z. b. <hi rendition="#i">da-dâ-mi</hi> (do); nakte wurzeln erscheinen im indo-<lb/>
germanischen nicht als worte (späterer abfall von beziehungslau-<lb/>
ten komt hier natürlich nicht in betracht). Die einzige auß-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Schleicher</hi>, vergl. gramm. d. indog. spr. 19</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[285]/0011] II. Morphologie. A. Wurzeln und stämme *). Die form des indogermanischen wortes. Die indogermanische sprache ist eine sprache der höchsten morphologischen ordnung, indem sie außer der anfügung von beziehungslauten auch noch die flexion, d. h. die regelmäßige veränderung der wurzel selbst zum zwecke des beziehungsauß- druckes kent; dise veränderung der wurzel besteht in der stei- gerung des wurzelvocales (§. 2). Die anfügung von beziehungs- lauten findet nur am außlaute der wurzel statt, niemals im anlaute der selben (das augment ist ein ursprünglich selbstän- diges wort und schmilzt nur ans verbum an, daher kann es unbeschadet der integrität des wortes felen). Jedes in der sprache wirklich vor kommende indogermanische wort hat einen beziehungslaut nach der wurzel, die übrigens auch redupliciert sein kann, z. b. da-dâ-mi (do); nakte wurzeln erscheinen im indo- germanischen nicht als worte (späterer abfall von beziehungslau- ten komt hier natürlich nicht in betracht). Die einzige auß- *) Wärend des druckes erschien Pott, etymologische Forschungen auf dem Gebiete der Indo-Germanischen Sprachen. Zweite Auflage in völ- lig neuer Umarbeitung. Zweiten Theiles erste Abtheilung: Wurzeln; Ein- leitung. Lemgo u. Detmold 1861. Dises werk konte ich nicht mer für meine arbeit benutzen. Schleicher, vergl. gramm. d. indog. spr. 19

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische02_1862
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische02_1862/11
Zitationshilfe: Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 2. Weimar, 1862, S. [285]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische02_1862/11>, abgerufen am 22.12.2024.